Musik

Unser Mann im Weißen Haus Till Brönner genießt "The Good Life"

Er weiß, dass materieller Reichtum nicht alles ist, hach: Till Brönner.

Er weiß, dass materieller Reichtum nicht alles ist, hach: Till Brönner.

Mit Till Brönner kann man ins Plaudern geraten, nach wie vor ist der Mann einer der charmantesten Musiker, die man überhaupt treffen kann. Und so kommen wir vom Wetter über Fußball übers Essen zu seinem Auftritt im Weißen Haus. Dabei wollen wir eigentlich über sein neues Album sprechen. Es heißt "The Good Life" - und der Trompeter Brönner ist ganz weit weg davon, einfach nur "das gute Leben" zu konsumieren. Mit seinem neuen Album erzählt er eine Geschichte; die Geschichte, dass es am besten dann läuft, wenn aus einem geplanten Plot doch noch eine ganz andere Story wird. Man kann das Album natürlich genau als das nehmen, was es an und für sich ist: eine entspannte Neubewertung bewährter Songklassiker, bei denen der Künstler sowohl sein Instrument als auch seine Stimme erklingen lässt. Auf "The Good Life" gelingt Till Brönner aber das Kunststück, mit einer Reihe altbewährter Jazz- und Song-Standards eine ganz neue Geschichte zu erzählen. Dass ihm das so leicht, in manchen Augenblicken sogar erfrischend kaltschnäuzig von der Hand geht, liegt nicht zuletzt daran, dass er sich in seiner Beschäftigung mit der Tradition nicht die Bohne um die Tradition schert. Er hat sich selbst nicht allzu ernst genommen und schon gar nicht mit der Frage beschäftigt, mit wem er sich zu messen hätte.

n-tv.de: Herr Brönner, im Weißen Haus aufzutreten, vor dem Präsidenten und seiner Frau, stell' ich mir immer noch als etwas ganz Besonderes und auch als besonders aufregend vor.

Till Brönner: Stimmt, das ist es. Es war aufregender als jedes andere Konzert. Als deutscher Gast habe ich das auch ganz gut beobachten könne, denke ich. Meine amerikanischen Kollegen waren sehr, wie soll ich es nennen, angefasst, berührt, denn es ist schon ein bisschen so, als würde man verspätet in den Adelsstand erhoben werden (lacht). Ein Präsident, der so etwas veranstaltet, nämlich die einzige Kulturform, die - und so hat Barack Obama es selbst gesagt - dieses Land hervorgebracht hat, so zu zelebrieren, ist schon etwas Außergewöhnliches. Wenn der Präsident sagt: "And now we bring back Jazz to America", nachdem der Jazz um die Welt gegangen ist, das geht einem amerikanischen Musiker doch runter wie Öl. Und selbst bei so großen Musikern wie Herbie Hancock ist zu spüren, dass da eine Art Rechnung offen ist (lacht).

Warum ist das so, was glauben Sie?

Weil die meisten Länder ja mit ihren eigenen Musikern oftmals etwas nachlässiger umgehen (lächelt).

Was wäre denn eine ähnlich hochklassige Veranstaltung in Deutschland?

Wir müssen uns in Deutschland wahrlich nicht verstecken. Ich denke, es ist spürbar, welche Errungenschaften, auch musikalisch, wir hier vorzuweisen haben. Wir müssen eher aufpassen, dass wir das nicht zu selbstverständlich nehmen. Denken Sie mal an die großen Waldbühnen-Konzerte, Silvester-Konzerte am Brandenburger Tor, auf dem Gendarmenmarkt. Es gibt viele etablierte Veranstaltungen. Das sollten wir ausbauen und junge Künstler dort präsentieren, die wir danach in die Welt hinausschicken.

War im Weißen Haus schon etwas davon zu spüren, dass die Obamas dort nicht mehr lange weilen werden?

An dem Abend, als auch ich da aufgetreten bin, nicht so sehr. Aber am Abend danach, zu seinem Pressedinner, da hat Obama schon eine Marke gesetzt. Bei uns ging es um die Musik und auch darum, dass ein Friedensnobelpreisträger sich kurz vor Schluss nochmal der Musik, überhaupt, der Kultur annimmt und somit auch seine Zeit im Weißen Haus definiert.

Viele Künstler haben sicher Angst und Sorge vor dem, was kommen könnte, oder?

Ja, ich denke zu Recht.

Zu Ihnen: Über Sie kann man lesen, dass Sie der "Vorzeige-Könner und Pop-Star unter den Jazzern" sind. Lebt man gut mit so einem Etikett?

Manchmal denke ich, das ist eine Frage der Halbwertzeit. Also, was ist, wenn ein oder zwei Jahre vorbei sind, und man dann der "Vorzeige-Könner" war, was kommt dann? Wird man dann lächerlich? Ich bin ja schon eine ganze Weile dabei, ich bin auch etabliert, aber ganz sicher muss ich immer wieder zeigen, dass ich es auch verdient habe, etabliert zu sein. Oder ist man sich selbst und seines Establishments eigentlich schon überdrüssig, möchte man vielleicht auch mal andere Wege gehen? Dennoch: Es gibt immer noch genug Menschen, die den Namen Till Brönner noch nie gehört haben …

… das glaub' ich nicht …

… doch, doch, aber wir bemühen uns weiterhin sehr, dass das nicht so bleibt (lacht).

Das wird mit dem neuen Album doch sicher ein ganzes Stück nach vorne gehen. Sie singen ja auch wieder. Wie entschieden Sie eigentlich, welche Stücke Sie singen und welche instrumental präsentiert werden?

Er singt auch wieder!

Er singt auch wieder!

Da gibt es eine ganz klare Richtlinie: Die Texte, die etwas über mich als Mensch aussagen könnten, die liegen mir besser im Gesang. Aber auch viele der Stücke, die ich instrumental bringe, haben natürlich einen Text, und da läuft es für mich auch leichter, wenn ich den Text gut finde. Wenn der Inhalt also etwas über mich aussagt, dann passt das für mich besser. Das ist auch bei Filmen so, die müssen eine gewisse Temperatur haben, eine Atmosphäre. Die ist genauso wichtig, wie das, was nachweislich und vordergründig passiert.

"The Good Life" heißt das Album - wann ist das Leben denn gut?

Eigentlich geht es gar nicht darum, was das Leben alles Schönes zu bieten hat. Auf "The Good Life" geht es darum, was man bereit wäre, davon zu opfern. Um am Ende etwas Echtes, etwas Bleibendes zu behalten. Das klingt ein bisschen fromm, aber faktisch ist das mal genauso von Frank Sinatra gesungen worden, der einer Frau hinterherweint und ihr sagen will, dass alle Diamanten der Welt und die größte Schönheit ihr nichts nützen werden, wenn sie keine wahre Liebe spürt. Und er wäre nicht abgeneigt, ihr das mal zu demonstrieren (lacht).

Und Sie?

Ich selbst empfinde das als schönen Ansatz, egal, ob es um Beziehungen geht oder etwas anderes. Gerade als Künstler, muss man sich immer wieder hinterfragen. Auch, wie man sich von wirtschaftlichen Aspekten frei bewegt, zum Beispiel.  Was ich festgestellt habe ist: keine Segelyacht und kein anderes Statussymbol können in mir Ruhe, Entspanntheit oder Zufriedenheit auslösen. Das ist alles wunderschön, aber das Glück kommt doch aus etwas anderem. Das auszulösen, dieses Glück, ist allerdings viel schwieriger. Das erfordert Haltung, vielleicht den einen oder anderen Schicksalsschlag, um Dinge zu erkennen und zu schätzen.

Materieller Reichtum ist es also nicht. In ihrem Fall, die Musik? Und Musik machen zu können?

In Krisenzeiten, und die gibt es bei jedem Menschen, ist die Musik etwas, was ungemein viel Trost spenden kann. Dazu zählt Musik konsumieren genauso wie Musik selbst zu machen. Mich hat Musik noch nie enttäuscht. Und es gab Momente, da dachte ich, ich wäre nicht in der Lage, mich der Musik auf irgendeine Art und Weise zu nähern, weil ich zu traurig oder zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt bin. Aber am Ende kam über die Musik immer die Linderung. Wenn nicht gar die Hoffnung und auch ein Wohlbefinden.

Eher die eigene oder andere Musik?

Natürlich auch andere. Aber für einen Musiker ist es doch das Tollste, dass man sein Instrument, ich nenne es mal "diese Therapieform", ständig zur Verfügung hat. Nichts hilft mir besser, als wenn ich mich mit meinem Instrument ein paar Minuten zurückziehen kann. Dann bin ich wieder ansprechbar (lacht), das ist schon seit über dreißig Jahren so.

Sie werden als "glamouröser Typ", als "fotogener Mann" bezeichnet …

… jetzt wird’s sicher spannend....

… stehen Männer darauf, so bezeichnet zu werden?

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Ach, ich kenne eigentlich wenige Männer, die nicht gerne so genannt werden würden, oder? Aber ganz ehrlich – darum geht's nicht. Es geht am Ende des Tages darum: Habe ich irgendwas beigetragen, habe ich etwas zu erzählen? Und sich von gut geschnittenen Anzügen abhängig zu machen kann ich nicht empfehlen (lacht). Man darf schon was können. Wir haben ja vorhin über Cristiano Ronaldo gesprochen: Wenn der Typ nicht so unglaublich gut Fußball spielen könnte, dann würde man ihm seine ganzen Kapriolen viel übler nehmen.

Sie interpretieren auch Stücke von Gershwin auf Ihrem neuen Album. Gibt es solche Komponisten heute noch wie die Gershwins?

Ich denke immer nein, aber dann lerne ich Menschen kennen, denen ich das zutraue. Um in Gershwin-Sphären zu kommen, kommt es aber immer noch auf mehr an: Es gehören Glück, der Interpret, Können und das richtige Timing dazu.

In dem Stück "Sweet Lorraine" geht es um Heiraten - ein Thema, das Ihnen anscheinend noch niemals Kopfzerbrechen bereitet hat, oder?

Das stimmt, ich war noch nie verheiratet.

Noch nie dran gedacht?

Oh doch, natürlich, vor allem, weil man damit ja aufwächst und das die ultimative Vorstellung einer perfekten Lebensform sein kann. Dieses Ideal wird uns ja ganz schön oft nahegelegt. Das ist bestimmt eine tolle Sache (lacht), ich kenne Menschen, die das schon mehrmals gemacht haben. Und immer wieder von dem Gefühl getragen sind: "Bis dass der Tod uns scheidet". Ich glaube, der Weg ist das Ziel. Man muss das schon sehr wollen, und der Rest ist in Gottes Hand (lacht).

Ist Erfahrung etwas, was einen von vielen Dingen eher abhält, oder stürzt man sich trotzdem immer wieder, als hätte man es nicht besser gelernt, kopfüber ins Abenteuer? Nicht nur im Bezug aufs Heiraten …

Naja, ich vertrete die These, dass man nicht jeden Fehler im Leben selbst machen muss, bloß damit man weiß, wie es sich anfühlt.

Tanzen Sie?

Ich bin der schlechteste Tänzer dieser Welt …

… deswegen könnten Sie es ja trotzdem tun …

… auf keinen Fall öffentlich, das braucht die Welt wirklich nicht.

Mit Till Brönner hat mal wieder Sabine Oelmann gesprochen, weil sie niemand anderen zu dem Termin gehen lassen würde.

Das Album "The Good Life" erscheint am 2. September, hier bestellen

Quelle: ntv.de

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