
Offen lesbisch und offen völkisch gesinnt: Für Sophie Behrens (Jenny Schily, r.) offensichtlich kein Widerspruch.
(Foto: NDR/Frizzi Kurkhaus)
"National feminin" heißt der Videoblog der rechten Influencerin, die in diesem "Tatort" zum Mordopfer wird. Wie völkische Ideologie und ein feministischer Anstrich zusammenpassen, bleibt nicht die einzige Erkenntnis dieses Sonntagskrimis.
Das Szenario
Erst bewahrt die Studentin Marie Jäger (Emilia Schüle) ihre rechtsgerichtete Professorin Sophie Behrens (Jenny Schily) bei einer Podiumsdiskussion vor einem Farbbeutelanschlag, wenige Stunden später liegt die attraktive junge Frau mit durchgeschnittener Kehle im Wald. Nur wenige Wochen vor dem Mord erstattete Jäger Anzeige gegen Unbekannt wegen Stalkings, allerdings mit einer denkbar vagen Personenbeschreibung. Die Göttinger Ermittlerinnen Schmitz (Florence Kasumba) und Lindholm (Maria Furtwängler) nehmen die Spur des Stalkers auf und stoßen dabei in ein rechtsextremes Wespennest mit hipper Fassade.

Rutschen gerade in eine ungesunde Dreiecksbeziehung: die beiden Kommissarinnen und Schmitz' Ehemann.
(Foto: NDR/Frizzi Kurkhaus)
Die ermordete Studentin war Teil der "Jungen Bewegung", einer rechtsgerichteten Studentenorganisation, die glattgebügelt, stylisch und absolut instagramtauglich daherkommt - im Inneren aber die gleiche völkisch-nationale Ideologie lebt, die man früher vor allem mit Bomberjacken und Springerstiefeln assoziierte. Auf ihrem Videoblog "National feminin" propagierte Jäger eine krude Mischung aus pseudo-feministischen Ansätzen und einem nationalsozialistischen Frauenbild, führte aber gleichzeitig klammheimlich eine Affäre mit ihrer lesbischen Professorin. Und auch die Sache mit dem Stalker stellt sich am Ende als etwas gänzlich anderes heraus als zunächst vermutet.
Die eigentliche Botschaft
Da gibt es gleich mehrere: Braune Propaganda bleibt braune Propaganda, auch wenn man sie in ein hippes Gewand kleidet. Aber auch: Wer miteinander redet, findet irgendwann eigentlich immer eine Gemeinsamkeit - und ab dann wird es schwer, weiter so zu hassen wie gewohnt.
Darüber wird in der Mittagspause geredet
Die Szene, in der Professorin Behrens im Kimono alleine durch ihr schickes Haus tanzt. Ob Alice Weidel, an die Behrens' Figur offensichtlich angelehnt ist, das auch macht, wenn sie sich unbeobachtet fühlt?
Der Plausibilitätsfaktor
Hoch. Die "Junge Bewegung" hat nicht nur in Name, Stil und Sprache die "Identitäre Bewegung" zum Vorbild, auch die Aktionen sind teilweise dem realen Vorbild nachempfunden: 2016 etwa entrollten Identitäre Anti-Flüchtlings-Plakate auf dem Brandenburger Tor. Und der Kopf der Bande im Film sieht aus wie Identitären-Galionsfigur Martin Sellner, nur eben mit Brille.
Die Bewertung
8 von 10 Punkten. "National feminin" ist ein gut gemachter Krimi, der die Zuschauer tief in die Köpfe und Gefühlswelt der neuen Rechten eintauchen lässt.
Quelle: ntv.de