Pressestimmen

Asyldebatte in Deutschland "Rassismusvorwürfe sind völlig fehl am Platz"

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Die Flüchtlingsdebatte ist wieder in vollem Gange. Auslöser ist die Diskussion um Asylsuchende aus den Balkanstaaten, die in Deutschland kaum Chancen auf ein Aufenthaltsrecht haben. So kündigt die Bundesregierung zunächst an, diese Gruppe schneller abschieben zu wollen, dann bringt die CSU Sonderlager in Grenznähe ins Spiel und kündigt "rigorose Maßnahmen" an. Grund genug, die Lage aller Flüchtlinge in Deutschland näher zu beleuchten. Die Presse diskutiert.

"Die ersten Flüchtlingsheime brennen. Das Land, das gerade wieder inbrünstig über das milliardenschwere Betreuungsgeld stritt, so als gäbe es keine anderen Probleme auf der Welt, sollte endlich zeigen, dass es mehr auf dem Kasten hat", fordert Die Welt und kommentiert weiter: "Im Falle des Umgangs mit Flüchtlingen und Asylsuchenden ist die Beschränkung des Diskurses auf Verwaltungskosten, Logistik und schnelle Abschieberegeln besonders brisant, weil man so nur Unmut und Unwillen in der Bevölkerung schüren kann. Aber die Politik darf nicht in die Steuer flüchten. Sie muss die Verwerfungen der Realität intelligent aufgreifen und kann nicht den Kirchen das Jammern und Erbarmen überlassen. Wie aber sieht das neue, das kosmopolitische Deutschland aus? Ist es nur eine Schönwetterdemokratie?"

Beim Straubinger Tagblatt ist man unterdessen skeptischer: "Ja, es ist richtig: Gerade zu Wahlkampfzeiten, aber auch zu besonderen Gelegenheiten wie dem Politischen Aschermittwoch ist die CSU immer versucht, die ausländerfeindliche Karte zu spielen. Auf der anderen Seite vermitteln SPD und Grüne den Eindruck, die ankommenden Flüchtlinge seien allesamt durch und durch von lauteren Motiven durchdrungen, grundsätzlich gut und unverzichtbar für die deutsche Gesellschaft. Das ist ebenfalls eine verzerrte Wahrnehmung und fordert die Trotzreaktion der für dumm verkauft fühlenden Bürger heraus."

Und auch bei der Pforzheimer Zeitung hat man schnell einen ganz anderen Verantwortlichen gefunden: "Es kommen zu viele Menschen auf einmal - die Kapazitäten zur Unterbringung der Flüchtlinge in Deutschland sind schon lange erschöpft. (...) Wirtschaftsflüchtlinge, Verwaltung und Bearbeitung von Asylanträgen, Unterbringung der Menschen - diese Themen müssen abgearbeitet werden. Und zwar nicht nur national, sondern EU-weit. Der Egoismus einzelner Staaten muss ein Ende haben und ein Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge her. Das Flüchtlingsproblem ist eine gesamteuropäische Aufgabe, bei dem jeder EU-Mitgliedstaat Verantwortung zu tragen hat. Und zwar schnell."

"In Deutschland tendiert die Anerkennungsquote für Asylsuchende aus dem Westbalkan gegen null. Diese Zahl darf eines nicht bedeuten: Menschen aus diesen Ländern von vornherein als 'schlechte' Flüchtlinge, deren Antrag per se nicht gerechtfertigt ist, abzustempeln", schreiben die Journalisten der Nürnberger Nachrichten und mahnen: "Auch Asylbewerber vom Balkan haben ein Recht - das ist im Grundgesetz verbrieft -, dass ihr Antrag mit aller Sorgfalt geprüft wird. Und dass sie selber mit Respekt behandelt werden. Mit Sonderlagern lässt sich das nicht vereinbaren."

Anders sieht man das bei der Rhein-Neckar-Zeitung: "Horst Seehofer ist im Gleichklang mit Angela Merkel und Innenminister Thomas de Maizière fündig geworden: Wenn 40 Prozent aller Asylanträge von Menschen aus den Balkanstaaten gestellt werden, und die Anerkennungsquote bei dieser Gruppe bei nahezu Null liegt, bietet es sich an, deren Anträge bevorzugt zu behandeln. Rassismusvorwürfe sind da völlig fehl am Platz. Im Gegenteil: Je höher der Anteil der wirklich Asylbedürftigen unter den Flüchtlingen ist, desto größer die Akzeptanz."

Zusammengestellt von Annika Thöt

Quelle: ntv.de

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