Recht verständlich Geschmiert werden lohnt sich nicht
29.01.2019, 07:06 Uhr
Schmiergeldvereinbarungen verstoßen gegen die guten Sitten und sind nicht erlaubt.
(Foto: imago/blickwinkel)
Nach einem Urteil des Landesarbeitsgericht Köln (LAG , Az.: 6 Sa 652/18) kann ein Arbeitgeber von einem Mitarbeiter in voller Höhe die Herausgabe von Schmiergeldern verlangen, wenn sie wie hier als Kick-back-Zahlungen, also unerlaubten Provisionen an den Arbeitnehmer fließen und in höhere Rechnungen an den Arbeitgeber eingepreist wurden. Auf Belehrung des Gerichts nahm der Projektleiter seine Berufung gegen die Verurteilung zur Herausgabe der rund 480.000 Euro zurück. Außerdem stellte das LAG fest, dass ein Arbeitgeber in solchen Fällen auch einen Auskunftsanspruch über das Ob und die Höhe möglicher weiterer Schmiergeldzahlungen hat, und zwar aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Fremdgeschäftsführung. Zugleich kann natürlich eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht kommen, die der Arbeitgeber hier auch ausgesprochen hatte - eine Kündigungsschutzklage wurde bezeichnenderweise nicht eingelegt.
Wie war der Fall genau?
Der Arbeitnehmer, ausgebildeter Architekt, war als Vollzeit-Projektleiter angestellt und konnte unter anderem für Solaranlagenbau auch selbständig Aufträge vergeben. Mit Briefkopf von zwei eigenen Firmen stellte er - nach Überzeugung des Gerichts - fingierte Rechnungen über nur sehr unkonkret bezeichnete "Dienstleistungen und Planungsleistungen diverse Projekte pauschal" an eine Vielzahl von Firmen, die von ihm im Namen seiner Arbeitgeberfirma mit Aufträgen bedacht worden waren. Schriftliche Verträge gab es nicht und die Zahlungen erfolgten auch immer unmittelbar nach Erhalt der Vergütung durch die Arbeitgeberfirmen. Im Rahmen des Prozesses stand letztlich zur Überzeugung des Gerichts fest, dass es sogenannte Kick-Back-Vereinbarungen gab. Der Projektleiter ließ sich für die Vergabe der Aufträge schmieren, die beauftragten Firmen preisten diesen Betrag mit in ihre Honorarforderungen ein, so dass letztlich also der Arbeitgeber die Schmiergelder selbst bezahlt hatte.
Der Arbeitnehmer wurde von der ersten Instanz zur Zahlung in Höhe von rund 480.000 Euro an den Arbeitgeber verurteilt, aus dem Gesichtspunkt Schadensersatz wegen Untreue. Die Zahlungspflicht sah das LAG genauso. Offen blieb nur, ob das LAG auch dieselbe oder eine andere juristische Anspruchsgrundlage sieht. Bezüglich weiterer 32 Auftragnehmerfirmen war zuletzt noch streitig, ob und in welchem Umfang es hier auch vergleichbare Zahlungen an die Arbeitnehmerfirmen auf etwa gleich gelagerte fingierte Rechnungen gegeben hat. Der Arbeitgeber verlangte hier Auskunft.
Das Urteil
Zu Recht, urteilte das LAG. Der angestellte Projektleiter sei hier wie ein Beauftragter zu behandeln, der auf Verlangen seines Auftraggebers über den Stand des Geschäfts Auskunft erteilen muss und nach der Auftragsausführung Rechenschaft ablegen muss (Paragrafen 666, 687 II, 681 Seite 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Außerdem muss er das Erlangte herausgeben. Er habe hier unerlaubt ein fremdes Geschäft als sein eigenes behandelt. Soweit er mit den Vertragspartnern des Arbeitgebers eine ihn begünstigende Sondervereinbarung (Provision beziehungsweise Schmiergeld) getroffen hat, habe er in den Interessensbereich seines Arbeitgebers eingegriffen und behandelte gleichzeitig das fremde Geschäft durch das Kassieren der Früchte aus der Sondervereinbarung teilweise als sein eigenes. Dann muss er auch wie ein Fremdgeschäftsführer Rechenschaft ablegen.

Rechtsanwältin Dr. Alexandra Henkel ist Fachanwältin für Arbeitsrecht, Wirtschaftsmediatorin und Business Coach.
Schmiergeldvereinbarungen verstoßen gegen die guten Sitten und sind deshalb unerlaubt. Die Schmiergeldvereinbarung sah das Gericht als erwiesen an. Es bestehe ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Arbeitgeber ohne Bestechung und "Provisionszahlung" an den angestellten Projektleiter mehr Gegenleistung von den Vertragspartnern erhalten beziehungsweise weniger ausgegeben hätte. Ebenso spreche ein Erfahrungssatz dafür, dass dem Arbeitgeber die Schmiergeldzahlung unbekannt blieb. Etwas anderes hätte der Projektleiter darlegen und beweisen müssen, was er in diesem Fall nicht getan hat. Sein Vorbringen war widersprüchlich, zum Teil hatte er anerkannt, dann aber doch wieder das Anerkenntnis widerrufen.
Er konnte beispielsweise nicht erklären, wie er denn eine angebliche selbständige Tätigkeit für die Vertragspartner, die bei den großen Rechnungsbeträgen circa 6 bis 8 Stunden täglich bedeutet hätte, neben seiner Vollzeittätigkeit bei dem Arbeitgeber sowie neben seinem Privatleben und dem körperlichen Bedürfnis nach Schlaf bewältigt haben will. Auch hat er die Rechnungsbeträge noch nicht einmal dem Finanzamt gemeldet, also auch Steuerbetrug begangen, was auch für Schmiergelder spricht.
Rechtsanwältin Dr. Alexandra Henkel ist Fachanwältin für Arbeitsrecht, Wirtschaftsmediatorin und Business Coach.
Quelle: ntv.de