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Die 25.000-Euro-Frage Goldlöckchen-Szenario mit Rückschlagpotenzial

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Die Rahmenbedingungen für die Finanzmärkte sehen nicht schlecht aus.

Die Rahmenbedingungen für die Finanzmärkte sehen nicht schlecht aus.

(Foto: picture alliance / dpa-tmn)

Die Finanzmärkte sind für 2024 optimistisch. Dennoch lauern wie immer auch Gefahren an den Börsen dieser Welt. Dabei stellen die Themen Zinsen und Inflation nicht die einzigen Risiken dar. Wie sich Anleger positionieren sollten, lesen Sie hier.

Der November und Dezember 2023 haben an den Aktienmärkten für eine Jahresendrally gesorgt, die diesen Namen wirklich verdient. Dementsprechend gut ist die Stimmung der Anleger zum Beginn des neuen Jahres. Das Gros der Marktteilnehmer geht von einem sogenannten Goldilocks-Szenario aus. Der Name geht auf ein altes Märchen zurück, in dem ein kleines Mädchen namens Goldlöckchen von drei Schüsseln Brei probiert. Eine ist ihr zu heiß, eine zu kalt und eine genau richtig.

Andreas Enke zählt zu den Inhabern und Vorständen der Vermögensverwaltung Geneon Vermögensmanagement.

Andreas Enke zählt zu den Inhabern und Vorständen der Vermögensverwaltung Geneon Vermögensmanagement.

Auf die Finanzmärkte übertragen heißt das, es herrscht eine moderate Inflation bei einem robusten Wirtschaftswachstum, was unterm Strich ein ideales Umfeld für die Geldanlage darstellt. Tatsächlich sah es vor allem in den USA gegen Ende 2023 nach diesem Goldilocks-Szenario aus. Die Inflation bildete sich zurück und die Wirtschaft wuchs weiter, ohne heiß zu laufen oder in eine Rezession abzugleiten. Und die Vereinigten Staaten sind an den Finanzmärkten weiter das Maß aller Dinge.

Zum Beginn des neuen Jahres gingen die Marktteilnehmer davon aus, dass in den USA die Teuerungsrate schon bald die Drei-Prozent-Marke unterschreitet. Dann könnte das Zwei-Prozent-Ziel der US-amerikanischen Notenbank Fed in greifbare Nähe rücken. Vor diesem Hintergrund hielten die Börsianer zum Jahresanfang drei bis fünf Leitzinssenkungen für denkbar, wodurch die Fed das sich abschwächende Wirtschaftswachstum in den USA unterstützen könnte. Niedrigere Zinsen bedeuten für die Unternehmen geringere Kosten bei der Kreditaufnahme. Für private Häuslebauer- oder -käufer gilt das analog.

Erholung auch außerhalb der USA

Gleichzeitig scheint sich das Wachstum in China, der nach den USA zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, zu stabilisieren - wenn auch auf einem für dortige Verhältnisse niedrigen Niveau. Selbst in Europa ist ein gewisser Aufschwung in diesem Jahr denkbar. Seit dem Frühjahr 2023 steigen hier die Reallöhne, was die Verbraucher ermutigen könnte, wieder etwas mehr Geld auszugeben.

Das alles zusammen und die nicht mehr ganz so hohen Energiepreise sprechen eigentlich für eine Erholung der Weltkonjunktur. Wenn dann gleichzeitig tatsächlich die Inflation weiter sinkt, sind die Rahmenbedingungen für die Finanzmärkte nahezu perfekt.

Heile Welt nicht unwahrscheinlich

Zwar heißt es an den Börsen, dass es meistens anders kommt als von der Mehrheit der Anleger erwartet. Das ist zwar häufig der Fall, aber eben nicht immer. Es ist also durchaus denkbar, dass an den Finanzmärkten dieses Jahr ein Goldilocks-Szenario herrscht. Sicher ist das aber nicht. Anleger sollten also äußerst sensibel auf mögliche Störungen dieser "heilen Welt" achten.

Einen ersten Vorgeschmack lieferte der 11. Januar. An diesem Tag veröffentlichte das US-amerikanische Arbeitsministerium für Dezember 2023 eine Inflationsrate von 3,4 Prozent. Im November belief sich die Teuerungsrate noch auf 3,1 Prozent. Außerdem hatten die von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Volkswirte für den Schlussmonat des Jahres mit einer Geldentwertung von 3,2 Prozent gerechnet.

Zwar spielten sich die Differenzen gerade einmal im Nachkommabereich ab. Die Anleger reagierten aber dennoch nervös. Der amerikanische Aktienindex S&P 500, der die 500 größten in den USA börsennotierten Unternehmen umfasst, verlor am Tag der Bekanntmachung bis zu einem Prozent an Wert, konnte sich gegen Ende des Handels aber wieder erholen. Dennoch zeigt der Handelsverlauf, wie schnell das Goldilocks-Szenario aus den Fugen geraten kann.

Zinsen und Inflation nicht einzige Risiken

Dass die Wette der Anleger auf weiter sinkende Inflationsraten und mehrere Leitzinssenkungen der großen Notenbanken nicht aufgeht, stellt sicherlich für die Finanzmärkte die größten, beileibe aber nicht die einzigen Risiken dar. Eine Eskalation des Gaza-Kriegs könnte den Ölpreis wieder durch die Decke gehen lassen. Schlimmer noch wäre ein militärischer Konflikt zwischen China und Taiwan, von wo ein Großteil der weltweit benötigten Halbleiter kommt.

Auch die Präsidentschaftswahlen in den USA sind nicht ohne. So dürften die Republikaner bis zum Urnengang am 5. November kaum an einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung in den USA interessiert sein. Damit ist ein Streit über notwendige Heraufsetzung der Schuldenobergrenze des Staates vorprogrammiert. Auch hinter weiteren Konjunkturprogrammen steht wohl ein dickes Fragezeichen.

Und dann gibt es ja noch die sogenannten schwarzen Schwäne, also negative Ereignisse, die die Anleger bislang nicht auf dem Radar haben, wie 2023 der blutige Terrorangriff der Hamas auf Israel. Das alles ist kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken und schwarzzumalen. Anleger sollten aber permanent vor Störungen des Goldilocks-Szenarios auf der Hut sein.

Die 25.000-Euro-Frage

Vor diesem Hintergrund könnten Anleger beispielsweise 25.000 Euro wie folgt investieren. Je nach Risikotoleranz, Anlagehorizont und Kenntnissen scheint eine ausgewogene Gewichtung mit 50 Prozent Anleihen und 50 Prozent Aktien aktuell eine sinnvolle Struktur darzustellen. Auf beiden Seiten sind Gewinne in diesem Jahr gut möglich: vielleicht im Rentenbereich sogar eher als bei den Aktien.

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Je nach Entwicklung der verschiedenen Risiken kann dann bei aktiven Anlegern die Gewichtung leicht auf eine Aktien- oder Rentenübergewichtung gewechselt werden.

Andreas Enke zählt zu den Inhabern und Vorständen der Vermögensverwaltung Geneon Vermögensmanagement. Der Diplom-Kaufmann verfügt über mehr als 25 Jahre Berufserfahrung in der Beratung vermögender Privat- und Geschäftskunden bei verschiedenen Großbanken.

Quelle: ntv.de

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