Ratgeber

Die 25.000-Euro-FrageMehr Wirtschaftswachstum, aber kaum höhere Aktienkurse

15.12.2025, 15:53 Uhr
imageEin Gastbeitrag von Reinhard Pfingsten
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An der Wall Street spielt die Musik. (Foto: picture alliance/dpa/AP)

Das Wachstum der Weltwirtschaft könnte sich im kommenden Jahr leicht beschleunigen. Die hohen Bewertungen und die Zweifel an den enorm hohen Investitionen in Künstliche Intelligenz werden jedoch den Spielraum für höhere Aktienkurse begrenzen.

Die gute Nachricht lautet: Nach einem Wachstum von 2,7 Prozent in diesem Jahr wird die Weltwirtschaft 2026 voraussichtlich um 2,8 Prozent weiterwachsen. Das Wachstum in den Industrieländern wird sich voraussichtlich um 0,1 Prozentpunkte erhöhen, in den Schwellenländern sogar um 1,8 Prozentpunkte. Bei dieser Prognose spielen die beiden größten Volkswirtschaften der Welt, die USA und China, eine zentrale Rolle.

In den Vereinigten Staaten unterstützt eine günstige Wirtschaftspolitik das Wachstum. Dies beginnt mit der Geldpolitik der amerikanischen Notenbank Fed. Diese hat in diesem Jahr bereits dreimal die Leitzinsen gesenkt. Zwar hat Fed-Chef Jerome Powell bei der Leitzinssenkung im Dezember deutlich gemacht, dass zunächst nicht mit einer weiteren Senkung zu rechnen sei. Doch spätestens, wenn seine Amtszeit im Mai endet und er durch einen Trump-treuen Nachfolger ersetzt wird, ist mit einer weiteren geldpolitischen Lockerung zu rechnen. US-Präsident Donald Trump setzt die Fed schon seit geraumer Zeit unter Druck, die Zinsen zu senken. Das würde einerseits die Konjunktur ankurbeln, da sich Unternehmen und Haushalte günstiger verschulden könnten. Andererseits würden die Zinszahlungen des Staates etwas entlastet.

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Reinhard Pfingsten ist Chief Investment Officer bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank.

Gleichzeitig treten ab 2026 die dauerhaften Steuersenkungen und verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen in Kraft, die Trump in seiner ersten Amtszeit beschlossen hat und die ursprünglich auslaufen sollten. Zudem werden die negativen Effekte der amerikanischen Strafzölle nachlassen. Ein wesentlicher Wachstumsmotor ist der KI-Boom. Allein die großen amerikanischen Techkonzerne - auch Magnificent 7 genannt - also Amazon, Alphabet, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla, werden im kommenden Jahr voraussichtlich 530 Milliarden Dollar in Rechenzentren und sonstige KI-Infrastruktur investieren. Schon in diesem Jahr haben sie mit Investitionen von 420 Milliarden Dollar maßgeblich zum amerikanischen Wirtschaftswachstum beigetragen.

Hinzu kommt ein Sondereffekt. Im vierten Quartal gab es den längsten Shutdown in der Geschichte der USA, der das Wirtschaftswachstum spürbar gebremst hat. Nach der Wiedereröffnung der Bundesbehörden Mitte November kommt es nun zu Nachholeffekten, die bis ins erste Quartal 2026 reichen werden. Diese positiven Entwicklungen werden den sich abschwächenden Arbeitsmarkt überkompensieren.

China stemmt sich gegen den Abschwung

Die Wirtschaft der Volksrepublik China hat mit mehreren Problemen zu kämpfen: Die Bevölkerung altert, der für die Wirtschaft immens wichtige Immobilienmarkt ist weiterhin schwer angeschlagen, in der Industrie gibt es Überkapazitäten, was zu Preiskämpfen führt, die die Unternehmensgewinne belasten, und die Provinzen sind hoch verschuldet.

Trotzdem wird sich das chinesische Wirtschaftswachstum kaum abschwächen. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe. Erstens haben sich Trump und der chinesische Präsident Xi Jinping auf eine Annäherung im andauernden Handelskonflikt geeinigt. Zweitens wird Peking die Wirtschaft aller Voraussicht nach durch verschiedene Konjunkturmaßnahmen ankurbeln, um das Wachstumsziel von wahrscheinlich erneut fünf Prozent zumindest halbwegs zu erreichen.

Sonderkonjunktur in Deutschland

Auch in der Bundesrepublik wird vor allem der Staat im Jahr 2026 für Wirtschaftswachstum sorgen. Dann wird das eine Billion Euro schwere Schuldenpaket für Verteidigung und Infrastruktur seine Wirkung entfalten. Das dürfte die deutsche Wachstumsflaute der vergangenen Jahre zumindest 2026 und 2027 überwinden. Allerdings wird nur ein kleiner Teil der Wirtschaft im Euroraum davon profitieren, denn die Investitionen in die Infrastruktur werden vor allem binnenwirtschaftliche Impulse liefern. Zudem dürfte die Wachstumsdynamik in Spanien nachlassen. In Japan leidet der private Konsum schließlich unter der höheren Inflation und den steigenden Zinsen.

Von dem robusten Wachstum der Weltwirtschaft werden die Aktienmärkte jedoch kaum profitieren. Vor allem in den USA sind die Bewertungen mittlerweile sehr hoch und liegen deutlich über dem historischen Durchschnitt. Das gilt auch - wenn auch in geringerem Ausmaß - für europäische Aktien.

Die 25.000 Euro-Frage

Vor diesem Hintergrund sollten Anleger, die beispielsweise 25.000 Euro anlegen möchten, nur etwa 45 Prozent in Aktien und Gold investieren. Dabei sollte gut die Hälfte auf den mit Abstand größten Aktienmarkt der Welt, die USA, entfallen. An der Wall Street spielt einfach die Musik. Ein ähnlicher Betrag sollte für Staats- und Unternehmensanleihen zur Verfügung stehen, die vor allem in den USA von sinkenden Leitzinsen profitieren sollten. Schließlich ist ein Cashanteil von zehn Prozent zu empfehlen, um bei günstigen Gelegenheiten einsteigen zu können.

Reinhard Pfingsten arbeitet seit September 2023 als Chief Investment Officer bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank. Diese Funktion übte der studierte Mathematiker bereits zuvor bei der Bethmann Bank und Hauck & Aufhäuser Privatbankiers aus.

Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken und zur Nutzung durch den Empfänger. Sie stellt weder ein Angebot noch eine Aufforderung seitens oder im Auftrag der Deutschen Apotheker- und Ärztebank dar.

Quelle: ntv.de

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