Warten auf die Zinswende Nicht hoffen – handeln!
26.06.2015, 11:40 UhrHypothekenzinsen und Anleihe-Renditen steigen. Sparer hingegen werden weiterhin mit kümmerlichen Erträgen abgespeist. Mit der richtigen Strategie lässt sich die Zeit bis zur echten Zinswende aber gut überbrücken.
E s geht wieder aufwärts. Nach Jahren stetig neuer Tiefststände haben sich die Hypothekenzinsen im Mai erstmals wieder verteuert. Zuvor haben die Bundesanleihen auf die Marktveränderungen reagiert. Ihre Renditen sind um fast ein Prozent gestiegen. Bis auch der Otto-Normal-Sparer von den Veränderungen profitiert, wird es aber wohl noch dauern: Solange die Europäische Zentralbank (EZB) Monat für Monat Anleihen im Wert von 60 Milliarden Euro kauft, um die Kreditvergabe der Banken zu erleichtern, ist kaum damit zu rechnen, dass sie gleichzeitig die Leitzinsen erhöht. Und so lange die Leitzinsen so niedrig sind, werden auch die Tagesgeldzinsen nicht im großen Stil steigen.
Diese Vermutung wird durch unsere Analysen bestätigt. Die FMH-Finanzberatung hat die Zinsnennungen von Anfang April bis Mitte Juni untersucht. Ergebnis: Von flächendeckenden Zinserhöhungen können Sparer derzeit nur träumen. Das ist schon fast verständlich, da die Banken in unendlich vielen Kundengeldern schwimmen und gar nicht wissen, was sie damit machen sollen.
Die Sberbank etwa hat Ende Mai mitgeteilt, dass sie von den deutschen Anlegern so viel Geld eingesammelt hat, dass sie damit ihre Kreditverbindlichkeit gegenüber dem Mutterkonzern tilgen konnte. Schön für sie. Die Kunden hingegen werden nicht groß davon profitieren. Im Gegenteil. Wenn eine Bank schon groß verkündet, dass sie genug Geld eingesammelt hat, kann man fast darauf warten, dass sie die Zinsen aufs Tagesgeld senkt, anstatt sie zu erhöhen. Genauso ist es dann auch gekommen: Etwa vier Wochen nach ihrer Mitteilung hat das Institut die Tagesgeldzinsen um 0,2 Prozent auf 0,9 Prozent gesenkt.
Lieber den Spatz in der Hand ...
Unsere Empfehlung an Sparer lautet daher: Setzen Sie statt auf Tagesgeld lieber auf ausgesuchtes Festgeld. Wer sich jetzt für den Großteil seines Anlagekapitals ein gutes Festgeld für zwei Jahre aussucht, kann in Ruhe abwarten und ab dem ersten Tag von den höheren Zinsen profitieren. Wer hingegen beim Tagesgeld bleibt und auf die große Zinswende hofft, verzichtet tagtäglich auf Zinserträge.

Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.
Dieser Befund ändert sich durch Aktionsangebote der Banken nicht. Sie dienen meist nur dazu, Neukunden anzulocken – ohne hingegen ein echtes Zinsangebot abzugeben.
Augenwischerei beim Tagesgeld
Die Wüstenrot Bank beispielsweise zahlt Kunden für die ersten vier Monate Tagesgeldanlage einen Zinssatz von 1,05 Prozent. Die Offerte gilt aber leider nur für 20.000 Euro. Wer mehr Geld dort anlegt wird, muss mit 0,2 Prozent zufrieden sein.
Die Consorsbank garantiert immerhin noch für 50.000 Euro ein Prozent Zinsen aufs Tagesgeld. Und das ein ganzes Jahr lang. Den Folgezins beziehungsweise den Zinssatz für Bestandskunden hat das Institut jedoch auf 0,4 Prozent gesenkt. Ab 500.000 Euro gibt es sogar nur noch 0,3 Prozent.
Auch die ING-DiBa zahlt bei größeren Anlagesummen nur einen reduzierten Zinssatz – und zwar 0,25 Prozent. Bis Ende Mai lag die Grenze bei 250.000 Euro. Inzwischen hat sie den Betrag auf 100.000 Euro gesenkt. Immerhin: Neukunden erhalten hier weiterhin ein Prozent für die ersten 4 Monate und anschließend 0,6 Prozent – bis die 100 000 Euro-Marke gerissen ist.
Kühl kalkulieren
Die Vorteile des Festgelds gegenüber dem Tagesgeld zeigen sich besonders klar, wenn man mit unserem Anlageentscheidungsrechner verschiedene Szenarien durchspielt.
Unterstellt man beispielsweise, dass ein Anleger auf einem Tagesgeldkonto den Durchschnittszins von 0,42 Prozent erzielt und stellt diesem einen Festgeldzins für zwei Jahre von 1,5 Prozent gegenüber, etwa bei der Renault Bank direkt oder der VTB Bank, dann zeigt sich: Um eine identische Rendite zu erzielen, müsste der Tagesgeldzins spätestens nach 6 Monaten auf 1,62 Prozent steigen.
Noch dramatischer müsste der Zinssprung sein, wenn der Ausgangszins im ersten Jahr bei 0,42 Prozent verharrte. In diesem Fall müsste die Bank ab Monat 13 sogar 2,61 Zinsen zahlen, um mit dem Festgeldkonto gleichzuziehen.
Tipp: Rendite ist nicht alles. Auch die Anlagesicherheit muss stimmen. Dennoch muss sich niemand mit Minizinsen von 0,1 Prozent und weniger zufrieden geben, wie sie etwa die Sparkasse oder Volksbanken zahlen. Auch andere deutschen Banken bieten exzellente Sicherheiten. Und selbst in Euro-Staaten wie Frankreich, Österreich, Niederlande oder auch Estland kann man der Einlagensicherung zumindest bis zur Summe von 100.000 Euro vertrauen.
Quelle: ntv.de