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Wer profitiert, wer nicht? So funktioniert die Mietpreisbremse

Nach langem Ringen um Details soll die umstrittene Mietpreisbremse im Bundestag beschlossen werden. Ab Jahresmitte sollen Wohnungssuchende vor happigen Mieten und Maklergebühren geschützt werden. Wie soll das funktionieren?

In vielen deutschen Großstädten ist die Wohnungssuche kein Spaß. Mieten schnellen nach oben, bei Besichtigungen stehen Dutzende Interessenten Schlange - und wer die Wohnung bekommt, muss oft noch eine saftige Maklerprovision oben drauf zahlen. Auf solche Auswüchse zielt die umstrittene Mietpreisbremse von Justizminister Heiko Maas (SPD), die der Bundestag nun beschließt.

Wo gibt es Probleme auf dem Wohnungsmarkt?

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Die Preisbremse gilt nur für Neuvermietungen. Für Mieterhöhungen können die Länder Kappungsgrenzen einführen.

(Foto: imago/Christian Ohde)

Nicht überall explodieren die Mieten. In kleineren Gemeinden ist die Lage meist relativ entspannt. Und im bundesweiten Schnitt stiegen die Nettokaltmieten im vergangenen Jahr laut Statistischem Bundesamt um überschaubare 1,5 Prozent. In begehrten Vierteln vieler Metropolen und Unistädte werden erschwingliche Wohnungen aber knapp. Laut Justizministerium lagen neu geforderte Mieten zum Beispiel in Hamburg und München um 25 Prozent über bestehenden Mieten, in Münster um 30 Prozent. Schwierig ist die Suche vor allem für Einkommensschwache und Familien. Das Ministerium geht davon aus, dass gut 4,2 Millionen der 21 Millionen Mietwohnungen in Deutschland in "angespannten" Märkten liegen.

Wie genau funktioniert die Mietpreisbremse?

Wenn eine Wohnung frei wird, kann der Eigentümer die Miete nicht nach Belieben festsetzen.  Die künftige Miete darf maximal zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegen. Was das heißt, ist im Mietspiegel einer Stadt nachzulesen. Kostet eine Wohnung bisher zum Beispiel 5,50 Euro pro Quadratmeter und die ortsübliche Vergleichsmiete liegt bei 6,00 Euro, darf der Vermieter nur bis auf 6,60 Euro heraufgehen - auch wenn im Viertel schon viele Wohnungen für bis zu 9,00 Euro pro Quadratmeter einen neuen Mieter fanden. War die Wohnung bisher schon teuer vermietet, muss er den Preis aber nicht absenken. In welchen Gebieten die Bremse kommt, sollen die Länder festlegen können - für jeweils höchstens fünf Jahre.

Welche Ausnahmen von der Bremse gibt es?

Das neue Instrument soll Preissprünge abmildern, den dringend nötigen Bau neuer Wohnungen aber auch nicht abwürgen. Die Beschränkung gilt deswegen nicht, wenn neu gebaute Wohnungen erstmals vermietet werden. Neu meint: ab dem 1. Oktober 2014 - also dem Tag, an dem das Bundeskabinett die Pläne beschlossen hat.

Eine weitere wichtige Einschränkung: Bei der ersten Vermietung nach einer Rundum-Modernisierung gibt es ebenfalls kein Limit. Als umfassend gilt eine Modernisierung,  wenn sie etwa ein Drittel so teuer war wie ein vergleichbarer Neubau. Auch weniger aufwendige Sanierungen können berücksichtigt werden. Hier gelten die gleichen Regeln für Neuvermietungen wie für bestehende Mietverhältnisse: Jährlich können elf Prozent der aufgewendeten Kosten auf die Miete umgelegt werden – auch wenn damit der laut Mietpreisbremse zulässige Wert übertroffen wird.

Was soll sich bei den Maklergebühren ändern?

Bislang schalten Vermieter gerade in Großstädten oft einen Makler ein, um ihre Wohnungen neu zu vergeben - und reichen die Kosten dafür gern an den neuen Mieter weiter. Künftig gilt das Prinzip: "Wer bestellt, bezahlt." Derjenige, der den Makler beauftragt hat, muss also auch für die Kosten aufkommen.

Was sagen Mietervertreter, Hauseigentümer und Makler?

Der Mieterbund hofft, dass die neuen Regeln schnell greifen - auch wenn Ausnahmen die Bremswirkung abschwächten. Nötig wären nach Ansicht des Verbandes auch gesetzlich verankerte Sanktionen, wenn Vermieter trotzdem zu hohe Summen kassieren. Der Eigentümerverband Haus & Grund befürchtet eine Abschreckung von Investoren, dabei sollten Bauwillige doch ermuntert werden. Beliebte Stadtteile würden durch das Mieten-Limit auch nur noch attraktiver, ohne dass sich das Wohnungsangebot vergrößere. Der Immobilienverband Deutschland als Vertretung von Maklern beklagt, Mieter fielen als Auftraggeber künftig wohl komplett weg. Hintergrund: Sucht ein Makler einem Mieter eine Wohnung, die dieser dann nicht nimmt, darf er die Wohnung keinem anderen Interessenten anbieten – es sei denn, der Vermieter übernimmt die Courtage.

Was sagen Regierung und Opposition?

Das Gesetz sei ausgehöhlt wie ein Schweizer Käse und werde am Ende kaum Wirkung entfalten, so Linksfraktionsvize Caren Lay. Sie bemängelte, dass die Mietpreisbremse nur zeitlich befristet und begrenzt auf bestimmte Regionen eingeführt werde. Außerdem gebe es zu viele Ausnahmen. Auch die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne), glaubt nicht an die Wirkung der "sogenannten Bremse". Das Gesetz sei eine Mogelpackung, habe zu viele Ausnahmen und komme viel zu spät. Viele Vermieter hätten in der Zwischenzeit noch die Preise erhöht.

Bundesjustizminister Heiko Maas gibt sich indes zuversichtlich: "Wir gehen davon aus, dass die Mietpreisbremse in Deutschland für fünf Millionen Wohnungen greifen kann und über 400.000 Mieterinnen und Mieter pro Jahr auch in den Genuss der Mietpreisbremse kommen können". Den Einwand, die Mietpreisbremse lasse sich umgehen, bezeichnete er als schräg. "Wenn ich das Argument so in Gänze gelten lasse, dann kann ich auch das komplette Steuerrecht abschaffen oder auch das Strafrecht. Denn geklaut wird immer."

Ab wann gilt die Mietpreisbremse?

Nachdem Union und SPD monatelang über Details stritten, soll es nun schnell gehen: Am 27. März soll das Gesetz den Bundesrat passieren. In Kraft treten soll es voraussichtlich zum 1. Juni. Bereits ab April sollen die Länder aber die rechtlichen Voraussetzungen schaffen können, um die entsprechenden Gebiete auszuweisen - damit die Bremse bei Bedarf direkt ab 1. Juni greifen kann.

In Berlin soll die Mietpreisbremse vom ersten möglichen Tag an für die gesamte Stadt gelten. "Die Vorlage liegt schon in der Schublade", sagte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD). Andere Länder müssen erst noch festlegen, welche Städte oder Stadtteile einbezogen werden sollen. Bayern will sobald wie möglich von der Ermächtigung Gebrauch machen, aktuell laufen statistische Untersuchungen um zu prüfen, welche Städte und Gemeinden infrage kommen.

Auch Baden-Württemberg will die Bremse umsetzen, sobald das Bundesgesetz als Grundlage in Kraft ist, einen konkreten Termin gibt es aber noch nicht. Hessen begrüßt die Pläne ausdrücklich und will sie noch in diesem Jahr anwenden. Dafür seien nur noch ergänzende Untersuchungen zur Situation in den Kommunen nötig, hieß es im Umweltministerium. Auch Nordrhein-Westfalen will auf die Mietpreisbremse drücken, wenn die statistischen Daten vorliegen. Hamburg will die Bremse umsetzen, sobald das Verfahren auf Bundesebene fertig ist.

Quelle: ntv.de, ino/dpa

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