Tenhagens Tipps Wann man Verwandten Geld leihen sollte
03.06.2015, 12:10 Uhr
Banken verkaufen meist Standardkredite. Bei privaten Geldgebern hat man Verhandlungsspielraum.
(Foto: imago/Westend61)
Der Sohn braucht Geld, die Mutter sucht eine Anlagemöglichkeit. Klingt ganz nach einer Win-win-Situation. Wer Freunden oder Verwandten Kredit gibt, sollte aber nicht zu blauäugig vorgehen, warnt Finanztip-Chefredakteur Tenhagen.
n-tv.de: Banken locken aktuell mit Kreditzinsen ab drei Prozent. Warum sollte man sich lieber beim reichen Onkel verschulden als bei der Bank?
Hermann-Josef Tenhagen: Wenn der Onkel zur Bank geht, bekommt er für sein Festgeld 1,5 Prozent für drei Jahre. Wenn Sie sich mit Ihrem Onkel gut verstehen und er glaubt, dass Sie das Geld zurückbezahlen, dann einigen Sie sich vielleicht bei 2,5 Prozent und beiden Seiten ist damit geholfen. Wenn der Onkel Ihnen das Geld zinsfrei geben würde – umso besser.
Es lässt sich auf jeden Fall feststellen, dass die private Kreditvergabe populärer geworden ist, weil die Zinsen so niedrig sind und die Leute nicht so richtig wissen, wohin mit ihrem Geld. Wem 1,1 Prozent für das Tagesgeld nicht ausreichen und wer von seiner Banken nichts anderes Vernünftiges angeboten bekommt, findet den Privatkredit attraktiv. Und statt das Geld einem Unternehmen zu leihen, das damit vielleicht die 17. Spielhalle eröffnet, geben sie es lieber einem Verwandten, der damit vielleicht seine Schreinerei erweitert oder im Ausland studieren kann.
Gerade bei älteren Leuten kommt dann noch das Motiv dazu, lieber mit warmen als mit kalten Händen zu geben. Wenn das Geld nicht zurückkommt, finden sie das womöglich nicht so schlimm. Einen Vertrag sollte man aber trotzdem unbedingt machen, egal ob mit oder ohne Zinsen. Also nicht denken "der Oma muss ich das Geld nicht zurückgeben, die stirbt ja irgendwann und dann weiß das keiner".
Den Vertrag sollte man auf jeden Fall schriftlich festhalten, um Ärger zu vermeiden. Außerdem muss sich der Geldgeber darüber im Klaren sein, dass er die Zinseinnahmen gegebenenfalls versteuern muss. Das Finanzamt behandelt den Kredit nämlich wie ein Geschäft unter Fremden.
Was spricht dagegen?
Zunächst einmal das Risiko. Die Bonität prüft man unter Freunden oder Verwandten vielleicht nicht so intensiv wie eine Bank. Auf jeden Fall sollte man das Motiv des Schuldners beachten. Wenn jemand nur deshalb einen privaten Kredit möchte, weil ihm die Bank kein Geld leiht, sollte man skeptisch werden. Denn bei entsprechender Bonität ist es im Moment eigentlich kein Problem, bei Banken Kredit zu kriegen.
Zahlt der Schuldner später tatsächlich nicht, wird man ihm wahrscheinlich auch nicht so schnell den Gerichtsvollzieher auf den Hals hetzen, wenn er zur Familie oder zum Freundeskreis gehört. Im schlechtesten Fall hat man am Ende nicht nur Geld verloren, sondern auch einen Freund. Verwandte wird man zwar nicht los, aber es soll ja vorkommen, dass Familien wegen Geldstreitigkeiten auseinanderbrechen. Anders als bei Bankenärger hilft hier auch kein Ombudsmann weiter.
Ein sauberer Vertrag kann hoffentlich das Schlimmste verhindern.
In Deutschland gilt ja der Grundsatz "Verträge sind einzuhalten", das greift für Bank und Kunde genauso wir für Onkel und Neffe. Und wenn der Neffe nicht zahlt, kann der Onkel mit dem Vertrag in der Hand auch einen Titel gegen ihn erwirken.
Man kann viel Ärger vermeiden, wenn die beiden Vertragspartner klare Bedingungen festhalten. Im Vertrag muss zumindest stehen, um welchen Betrag es geht, bis wann das Geld zurückgezahlt wird und in welchen Raten. Die monatliche Zahlweise ist zwar Standard, es wäre aber beispielsweise auch denkbar, dass der Kredit am Ende der Laufzeit auf einen Schlag getilgt wird.
Kein Muss, aber sehr sinnvoll sind Regelungen zum Verzug und zu Verzugszinsen. So kann man verhindern, dass der Schuldner sich einfach auf die Geduld des Gläubigers verlässt. Bei hohen Darlehenssummen ist es üblich, dass der Kreditnehmer Sicherheiten stellt. Bei Finanztip kann man sich einen Mustervertrag herunterladen, in dem alle wichtigen Punkte enthalten sind.
Sie haben es schon angesprochen: Der Gläubiger muss seine Zinseinnahmen versteuern?
Ja. Jedenfalls dann, wenn der Sparerfreibetrag von 801 Euro schon ausgeschöpft ist. Wenn man zum Beispiel mit Dividenden, Aktienverkäufen oder anderweitigen Geldanlagen über diesen Betrag hinauskommt, muss man die Kreditzinsen in der Anlage KAP angeben. Dann werden 25 Prozent Abgeltungssteuer fällig.
Wenn der Schuldner das Darlehen aus beruflichen Gründen aufgenommen hat, kann er die Kosten von der Steuer absetzen. In dem Fall gilt für die Zinseinnahmen der persönliche Steuersatz, der oft höher liegt als die Abgeltungssteuer. Das gilt aber nur bei Darlehen im engen Familienkreis.
Mit Hermann-Josef Tenhagen sprach Isabell Noé
Quelle: ntv.de