So läuft der 24. Spieltag Wenn der FC Bayern wie der Zahnarzt ist
10.03.2017, 13:48 Uhr
Hier jubeln die Ärzte in London: Arturo Vidal und Robert Lewandowski.
(Foto: imago/Jan Huebner)
Nico Kovac hat ein mulmiges Gefühl: Er muss mit Frankfurt am 24. Spieltag der Fußball-Bundeslig zum FC Bayern. Bei der Dortmunder Borussia trinken sie Schampus, die Rasenballsportler aus Leipzig drehen am Rad.
FC Bayern trotzt dem Klopapier
Am Anfang war das Klopapier. Nun ist uns jegliche Schadenfreude fremd, aber es entbehrte nicht einer gewissen Komik, wie die Ordner und vor allem Feuerwehrmänner mit ihren gelben Helmen am Dienstagabend zunehmend verzweifelt versuchten, die wahrlich vielen Rollen vom Rasen des Emirates Stadiums zu räumen. Der Schiedsrichter unterbrach sogar die Partie des FC Bayern beim Arsenal Football Club für einige Minuten. Und immer wieder legten einige der 3200 Fans aus München nach, sodass sich das Schauspiel in die Länge zog. Die Aktion wandte sich gegen die arg hohen Preise für den Eintritt: "Ohne Fans ist Fußball keinen Penny wert" und "Gier kennt keine Grenzen" stand auf den Plakaten. Die Spieler der Bayern ließen sich davon letztlich nicht beeindrucken, gewannen wieder mit 5:1, hatten viel Spaß und erreichten das Viertelfinale der Champions League. Nur die Uefa fand's nicht witzig. Sie ermittelt jetzt gegen den FC Bayern wegen des "Werfens von Objekten".
Gegen die Frankfurter Eintracht nun zahlt der geneigte Anhänger statt gut 73 Euro für ein Ticket im besten Fall nur 15 für einen Stehplatz. Und die Gefahr, dass die Bayern am Samstag in dieser Partie des 24. Spieltags der Fußball-Bundesliga ausrutschen, ist auch gering. Niko Kovac, der Trainer der Gäste, die zwar immer noch auf Platz sechs der Tabelle stehen, aber zuletzt vier Mal hintereinander verloren haben, hat ein mulmiges Gefühl: "Einmal im Jahr muss man auch nach München."
Sein Kollege Carlo Ancelotti darf sich derweil mit einem Luxusproblem arrangieren: Abwehrchef Jérôme Boateng ist nach seiner Schulterverletzung wieder bereit. Das heißt: Alle Spieler im Kader sind fit. Darüber durfte sich Ancelottis Vorgänger Josep Guardiola in seinen drei Münchner Jahren kein einziges Mal freuen. "Ich habe keine Ahnung, wann das zuletzt mal der Fall war", sagte Rechtsverteidiger Rafinha. Und Mats Hummels, der nun gespannt sein darf, ob er in der Innenverteidigung wieder neben Javier Martínez oder doch neben Boateng spielt, konstatierte: "Toi, toi, toi, dass es so bleibt. Ich drücke die Daumen, dass bis Anfang Juni alle fit bleiben." Darauf eine Rolle Klopapier. Unser Tipp: 3:0.
BVB trinkt Schampus, RB Leipzig dreht am Rad
"Es ist erstaunlich, wie viel Konstanz, Klasse und Überzeugung die Dortmunder nach dem in jeder Hinsicht holprigen Start nach der Winterpause inzwischen in ihre Darbietung gebracht haben." Das befand der Kollege Felix Meininghaus, nachdem er sich am Mittwoch Gala des BVB in der europäischen Königsklasse gegen Benfica Lissabon angesehen hatte. Und Trainer Thomas Tuchel war sogar so begeistert, dass er ankündigte, sich zur Feier des Tages ein Glas Champagner gönnen zu wollen. Und doch schwankten die Dortmunder in dieser Saison zu sehr, als dass am Samstagnachmittag fest von einem Sieg bei der Hertha vor mehr als 74.000 Zuschauern im ausverkauften Olympiastadion auszugehen wäre.
Das liegt auch daran, dass die Berliner die beste Heimmannschaft der Liga stellen. Neun von elf Partien gewannen sie, das Remis gegen den FC Bayern vor drei Wochen war ein wenig unglücklich, und nur gegen den SV Werder gab's am 14. Spieltag eine Niederlage. Und apropos BVB-Gala: Herthas Trainer Pal Dardai hat sie nicht gesehen - zumindest nicht live. "Ich entschuldige mich bei allen Herthanern. Es war ein schöner Fußballabend." Aber seine Familie wollte sich partout lieber das Spiel des FC Barcelona gegen Paris St. Germain anschauen. "Der Fernseher im Wohnzimmer war auf Dortmund eingestellt. Alle Kinder waren da. Die ganze Familie war sehr traurig. Aber ich habe gesagt: Das ist für Papa sehr wichtig." Doch auf einem Tablet lief Barça: "Ich bin ganz ehrlich, wir haben ganz schnell umgeschaltet. Jeder, der das Spiel gesehen hat, kann tausend Dinge lernen davon." Mittlerweile habe er sich vom Spiel der Dortmunder das angesehen, "was wichtig ist". Tipp: 1:2.
Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl hat für die Begegnung mit dem VfL Wolfsburg einen Plan: "Wir wollen wieder so sehr am Rad drehen, den Gegner so sehr stressen, dass er sich das Ding so wie Köln am besten selbst reinlegt." Beim 3:1 gegen den Effzeh am 22. Spieltag hatte erst nach fünf Minuten Torhüter Thomas Kessler gepatzt, dann Dominic Maroh nach einer guten halben Stunde den Ball ins eigene Tor befördert. Hasenhüttl ahnt aber auch: "Wenn man Zweiter in der Bundesliga ist, kommt halt nicht jede Mannschaft und spielt flott nach vorn." Da brauche es "Geduld und Präzision auf engstem Raum, das muss unser nächster Schritt sein." Sein Kollege Andries Jonker will in seinem zweiten Spiel auf der Wolfsburger Bank nach dem Remis in Mainz den zarten Aufwärtstrend bestätigen: "Wir haben Respekt vor diesem Gegner, aber keine Angst." Tipp: 2:0.
War sonst noch was?
SV Darmstadt 98 - FSV Mainz 05: Große Emotionen im kleinen Jonathan-Heimes-Stadion am Böllenfalltor: Vor fast genau einem Jahr, am 8. März 2016, starb der große Lilien-Fan Heimes an Krebs. Er wurde 26 Jahre alt. Sein Leben und sein Motto "Du musst kämpfen!" sind eng verbunden mit dem sensationellen Aufstieg des Vereins. Die Mannschaft läuft ihm zu Ehren in ganz besonderen Trikots auf. Tipp: 1:0.
SC Freiburg - TSG Hoffenheim (beide Samstag, 15.30 Uhr): Europapokal? Och, nö. Schon vor dem 20. Spieltag witzelte Freiburgs Trainer Christian Streich: "Das ist für uns die absolut letzte Chance. Und wenn es jetzt nicht funktioniert, dass wir Köln ganz klar besiegen, weiß ich nicht, wie es weitergehen soll hier. Dann machen wir den Laden zu." Der SC gewann mit 2:1. Und gegen Hoffenheim? Wird's bestimmt ein schönes Fußballspiel. Tipp: 2:2.
FC Ingolstadt . 1. FC Köln (Samstag, 18.30 Uhr): Beim Tabellenvorletzten geben sie sich kämpferisch. Allen voran Kapitän Marvin Matip: "Wir wissen, dass Köln in der aktuellen Verfassung zu schlagen ist. Wir werden alles dafür tun, die drei Punkte hier zu behalten." Der Effzeh hat Anfang Februar gegen Wolfsburg seinen bisher letzten Sieg gefeiert. Tipp: 1:1.
FC Schalke - FC Augsburg (Sonntag, 15.30 Uhr): Im Europaliga-Duell gegen Gladbach gerieten die Krisen-Schalker am Donnerstag früh in Rückstand - und zeigen Moral. Das reicht zwar nicht zum Sieg, aber darauf "kann man aufbauen", findet S04-Trainer Markus Weinzierl vorm Duell mit seinem Ex-Klub. Zu Recht. Tipp: 2:1.
Hamburger SV - Borussia Mönchengladbach (Sonntag, 17.30 Uhr): Auch die Gladbacher sind nach dem deutschen Europapokalabend guter Dinge. Vor dem Rückspiel gegen Schalke am Donnerstag sagt Trainer Dieter Hecking: "Da wir zu Hause spielen, stehen die Chancen 51:49 für uns." Wie es am Sonntag im Volkspark ausgeht, weiß Verteidiger Tony Jantschke: "Die Chancen stehen wie in jedem Spiel, außer gegen Bayern München, 50:50." Tipp: 1:2.
Der n-tv.de Geheimtipp
Ach, früher war doch alles besser. Da war die Partie Leverkusen gegen Bremen noch ein Spitzenspiel. In diesem Jahr freuen sich die Gastgeber, wenn sie irgendwie die Europacup-Ränge erreichen, der SV Werder kämpft gegen den Abstieg. Doch jetzt soll bei Bayer alles besser werden. Rudi Völler jedenfalls fordert nicht weniger als einen Sieg heute (ab 20.30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de). "Jetzt zählt's!". Der Sportchef hätte gerne weiter mit Trainer Roger Schmidt gearbeitet, aber das sei "wegen der Entwicklung der letzten Wochen" nicht möglich gewesen. "Wir mussten handeln." Richten soll es, erst einmal bis zum Ende der Saison, Tayfun Korkut. Der will es also am liebsten so machen wie die Bremer, die die jüngsten drei Spiele gewannen, ohne das jemand weiß, warum: "Über allem steht das Ergebnis." Nun hat sich auch noch Serge Gnabry verletzt, ihr bester Spieler. Und das Team muss verdauen, dass für Kapitän Clemens Fritz nach seinem Riss des Syndesmosebands im Sprunggelenk die Saison beendet ist. Trainer Alexander Nouri sagte es so: "Er hat den Spielern mit seiner Erfahrung Halt gegeben. Für uns alle ist das eine bittere Sache." Tipp: 3:1.
Wer spielt das beste Phrasenschach?
"Das ist wie mit dem berühmt-berüchtigten Zahnarzt-Besuch. Einmal im Jahr muss man da hin. Manchmal tut es nicht weh, meistens aber schon." Niko Kovac, Trainer der Frankfurter Eintracht ist vor der Partie beim FC Bayern minder gut gelaunt. Und der Vergleich ist auch nicht von ihm. Er stammt von Sebastian Prödl, einst beim SV Werder unter Vertrag. Er hatte gesagt: "München ist wie ein Zahnarztbesuch. Muss jeder mal hin. Kann ziemlich wehtun. Kann aber auch glimpflich ausgehen." Die Akademie für Fußballkultur verlieh ihm dafür im Jahr 2015 den Preis für den besten Fußballspruch des Jahres.
Quelle: ntv.de