Comeback des Text-Adventures Lifeline ist die Nummer 1 im App Store
08.07.2015, 20:36 Uhr
Nur am Anfang sieht der Spieler bei "Lifeline" ein Bild.
(Foto: Screenshots)
Mit "Lifeline" feiert das Text-Adventure der 80er Jahre ein fulminantes mobiles Comeback. Im App Store erobert das Spiel sogar Platz 1 der Top-Charts, obwohl es weder hochauflösende Bilder noch spektakuläre Animationen zeigt. Wie geht das denn?
Wer in den 80er Jahren aufgewachsen ist, kann sich vielleicht noch an Text-Adventures erinnern, die man stundenlang am Commodore 64 oder anderen Heimcomputern spielte: keine Bilder oder Animationen und oft auch völlig lautlos. Eine spannende Story, Rätsel und die Suche nach den richtigen Worten reichten völlig aus. Mit Nintendos Game Boy, rechenstärkeren PCs und Spielekonsolen gerieten Text-Adventures aber schnell in Vergessenheit. Ganz tot war das allerdings Genre nie, eingefleischte Fans hielten es am Leben. In jüngster Zeit werden Text-Adventures sogar wieder populärer, auf diversen Webseiten gibt es unter anderem immer mehr neu geschriebene Spiele. Werkzeuge wie die Open-Source-Software Twine machen dies auch ohne Programmier-Kenntnisse möglich, wer möchte, kann auch Multimedia-Inhalte einbinden. Wie Text-Adventures früher aussahen, zeigt eine Webseite der BBC, wo man den Klassiker "The Hitchhiker's Guide to the Galaxy" ("Per Anhalter durch die Galaxy") spielen kann.
Das Genre wird nicht nur auf traditionelle Weise am PC wiederbelebt. Text-Adventures haben inzwischen auch den Weg auf Smartphones und Tablets gefunden. Bisher führten sie dort aber eher ein Nischendasein. Mit "Lifeline" von 3 Minutes Games hat sich das jetzt geändert. Das iOS-Spiel (99 Cent) steht in Apples Top-Charts der umsatzstärksten Apps auf Platz 1, in Googles Play Store belegt die Android-App (1,06 Euro) Platz 6.
Entweder oder
In gewisser Weise ist "Lifeline" dabei ein sehr klassisches Text-Adventure, das komplett auf Bilder verzichtet. Es gibt allerdings auch keine erzählten Passagen und eigene Fragen, Antworten oder Anweisungen kann der Spieler nicht eintippen. "Lifeline" ist im Prinzip ein Chat zwischen dem Spieler und dem Helden des Adventures. Taylor ist ein Labor-Student an Bord eines Raumschiffs, das eine Bruchlandung auf einem unbekannten Planeten machte. Er ist völlig auf sich alleine gestellt, konnte aber über seinen Kommunikator eine Verbindung zur Erde herstellen - zum Smartphone des Spielers. Dessen Aufgabe ist es, Taylor aus dem Schlamassel zu helfen. Es gibt immer zwei mögliche Handlungsanweisungen oder Fragen an Taylor, der Spieler entscheidet. Er muss nicht immer richtig liegen, verschiedene Wege führen ans Ziel. Aber trifft er in entscheidenden Situationen die falschen Entscheidungen, war's das für Taylor.
Das Spielprinzip ist äußerst simpel, aber da es nahezu in Echtzeit abläuft, hat man ein bisschen das Gefühl, tatsächlich mit einem gestrandeten Astronauten zu kommunizieren. Muss Taylor beispielsweise eine längere Strecke zurücklegen, meldet er sich auch längere Zeit nicht. Gelegentlich wird man stundenlang auf die Folter gespannt, bevor man erfährt, ob es der für solche Situationen überhaupt nicht ausgebildete Studenten-Astronaut geschafft hat. Lässt man ihn länger alleine, hat man fast ein schlechtes Gewissen, wenn die Benachrichtigung auf dem Display erscheint, dass Taylor wartet. Geht die Mission schief, kann der Spieler im Chat nach hinten springen und es erneut versuchen. Wenn er möchte, kann er zuvor gemeisterte Passagen im Schnelldurchlauf überspringen.
"Lifeline" ist das perfekte Spiel für nebenher. Es begleitet den Spieler ein paar Tage, ohne viel Zeit zu beanspruchen, unterhält aber vorzüglich. Der Spaß ist allerdings etwas zu schnell vorbei und "Lifeline" könnte mehr Situationen vertragen, in denen der Spieler für die richtige Entscheidung erst recherchieren muss. Bisher kommen auch nur iPhone- und iPad-Nutzer in den Genuss einer deutschen Übersetzung des englischen Originals.
Quelle: ntv.de