CeBIT

Umstrittenes Cebit-Partnerland China will Unternehmen stärker überwachen

China will ausländische Unternehmen zunehmend überwachen.

China will ausländische Unternehmen zunehmend überwachen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Cebit Partnerland China ist nicht gerade für sein freies Internet bekannt. Überwachung der Nutzer ist alltäglich. Jetzt sollen Unternehmen sogar Programmcodes offenlegen. Einige Firmen könnten dann auf dem Weltmarkt einpacken.

In China ist die Internetnutzung reglementiert, nicht alle Inhalte werden gezeigt. Es herrscht Zensur. Innerhalb dieses Systems ist es auch für ausländische Unternehmen schwierig, unternehmerisch aktiv zu sein. Denn: Zwar lockt der Wachstumsmarkt, doch will Pekings kommunistische Führung der Industrie neue Spielregeln diktieren. Amerikanische und europäische Firmen in China laufen Sturm gegen Pläne, Verschlüsselungscodes herausgeben oder Hintertüren einbauen zu müssen, damit der Datenverkehr besser überwacht werden kann. Während Chinas Behörden mit Cybersicherheit argumentieren, ist von Geschäftsleuten und Diplomaten in Peking immer lauter der Vorwurf des Protektionismus und ökonomischen Nationalismus zu hören.

"In Chinas Wirtschaft hat sich der regulatorische Druck auf ausländische Großunternehmen sprunghaft verstärkt", sagt Sebastian Heilmann, Direktor des China-Instituts Merics in Berlin. Besonders in der Informationstechnologie betreibe China eine "ausgefeilte Industriepolitik, die auf Diskriminierung und Verdrängung ausländischer Anbieter und den Schutz chinesischer Unternehmen zielt". Chinas Programme für Vernetzung und Digitalisierung der Industrie  würden viele deutsche Firmen das Fürchten lehren, so Heilmann. 

China rechtfertigt Überwachung mit Cybersicherheit

Erste Vorschriften für sichere und kontrollierbare Waren und Dienste und den Einsatz chinesischer Technologie zielen auf Banken. Bis 2019 sollen 75 Prozent ihrer Systeme und Netzwerke den neuen Anforderungen entsprechen. In einem Schreiben an die Führungsgruppe für Cybersicherheit unter Leitung von Staats- und Parteichef Xi Jinping warnt die US-Handelskammer vor einem "übermäßig weitgehenden, undurchsichtigen und diskriminierenden Ansatz". Europäische Unternehmen bitten die EU-Kommission um Hilfe, weil ihre Fähigkeit, auf dem chinesischen Markt zu agieren, "untergraben" werde.

Einige Firmen könnten auf dem Weltmarkt einpacken, wenn sie ihre Programmcodes herausrücken und die Chinesen mitlesen könnten, heißt es. Die EU-Handelskammer beobachtet diese Entwicklung mit großer Sorge: "Die EU-Handelskammer ist zutiefst besorgt über die Bankenrichtlinien und ihre Auswirkungen", sagt ihr Präsident Jörg Wuttke. Beunruhigt sind europäische Unternehmen ohnehin über die Große Firewall, mit der China sein zensiertes Internet vom freien globalen Netz abspaltet. 86 Prozent sehen ihre Geschäfte in China durch die Blockaden von Google, sozialen Netzwerken und Websites wie die der New York Times beeinträchtigt, auch die Störung von Tunneldiensten zur Umgehung von Sperren ist hinderlich.

Mit Sorge wird auch ein geplantes Anti-Terror-Gesetz verfolgt, das Schlupflöcher verlangen könnte, um Kommunikation zu überwachen. "Ich glaube nicht, dass es etwas mit Kampf gegen Terrorismus zu tun hat", sagt ein nicht genannter Spitzenmanager. "Das Ganze riecht schon sehr nach Protektionismus." Das ist die Situation, in der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Cebit-Eröffnung ein deutliches Signal an Peking sendete. "Unternehmen und Investoren haben ein natürliches Interesse daran, dass sie wissen, in welchen Rahmenbedingungen sie arbeiten: Berechenbarkeit, Verlässlichkeit, Gleichbehandlung der verschiedenen Unternehmen in unseren Ländern", sagte sie in Hannover.

Sorge um Handeslhemnisse wächst

China sei bereit, Handelshemmnisse und Hindernisse jedweder Art zu beseitigen, um einen globalen Markt aufzubauen, versicherte Vize-Ministerpräsident Ma Kai. Deutschland und China hatten verabredet, bei der Entwicklung der vernetzten Produktion - auch bekannt als Industrie 4.0 - stärker zusammenzuarbeiten. Dabei soll es etwa um Hochschulforschung und Standardisierungsfragen gehen. Marktbarrieren und wachsende Probleme führen "mitunter zu der Frage, ob ausländischen Firmen in China eigentlich weiterhin so willkommen sind wie in der Vergangenheit", zitieren chinesische Medien den deutschen Botschafter Michael Clauß.

Die Sicherheitsauflagen bei Banken seien für chinesische Anbieter einfacher zu erfüllen. "Dies hat die Sorge hervorgerufen, dass die neue Cybersicherheitspolitik - nicht nur begrenzt auf den Bankensektor - de facto ausländischen Anbietern den Marktzugang in China erheblich erschweren kann", so der Botschafter.

Es scheint unklar, ob sich die Parteiführung der Auswirkungen bewusst war. In einer Zeit, da das Wachstum heruntergeht, aber Löhne steigen und die Attraktivität des chinesischen Marktes nachlässt, ist die Gefahr groß, dass Investoren abgeschreckt werden. Ein europäischer Diplomat kritisiert: "Sie haben haben dabei ausgeblendet, dass sie die Reform und Öffnung Chinas konterkarieren und die technische Modernisierung auf die digitale Industrie der Zukunft behindern." Vielleicht hat die Warnung von Angela Merkel etwas bewirkt und die chinesische Führung überlegt sich noch einmal, ob sie bei ihrem Vorhaben bleibt.

Quelle: ntv.de, sgu/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen