Mit hakenförmigem Penis Brutale Befruchtung bei Fächerflüglern
04.05.2016, 07:02 Uhr
(Foto: Wolfgang Rutkies, Osnabrück)
Die Welt der Insekten ist in vielen Teilen noch völlig unbekannt. Die neuesten Erkenntnisse, wie sich eine bestimmte Art von Fächerflüglern fortpflanzt, kann aus menschlicher Sicht verstörend wirken.
Man könnte das Liebesleben der Fächerflügler (Stylops ovinae) als bizarr bezeichnen - und das liegt nicht nur an der Dauer des Befruchtungsaktes von bis zu 30 Minuten, sondern vor allem an der Art und Weise der Befruchtung. Forscher der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel haben das Paarungsgeschehen der Fächerflügler mit moderner Technik untersucht.
Die nur wenige Millimeter großen Weibchen der Stylops ovinae leben als Parasiten im Körper der Weidensandbiene. Fast der gesamte Körper der weiblichen Fächerflügler, die wie Maden aussehen, ist im Wirtstier verborgen. Lediglich der etwa stecknadelkopfgroße Vorderleib schaut aus der Biene heraus. "Um das Weibchen zu begatten, hält sich das Fächerflügler-Männchen am Hinterleib der Biene fest und stößt dem herausschauenden Weibchen seinen hakenförmigen Penis in den Hals", beschreibt Miriam Peinert den brutalen Vorgang. "Das Sperma befruchtet anschließend tausende Eizellen im Körper der Weibchen, die sich zu winzigen Larven entwickeln", so die Biologin weiter.
Fortpflanzung um jeden Preis
Wenige Wochen später kommen die winzigen Larven lebend zur Welt und gelangen bei der Nektaraufnahme ihres Wirtes auf Blüten. Die Mutter, die über den gesamten Zeitraum in der Wildbiene bleibt, überlebt die Geburt nicht. Sie wird von der Investition in ihre Nachkommen praktisch "aufgezehrt". Auch das Leben der Larven scheint nur einem einzigen Zweck zu dienen: möglichst schnell einen geeigneten Wirt zu finden. Die Larven lassen sich von nichtbefallenen Wildbienen in ihren Bau tragen und befallen dort die Eier oder Larven ihres Wirts
Die frei lebenden und sehr aktiven Männchen dagegen müssen ein Weibchen finden und sich paaren. Sie sterben, egal ob es zur Paarung gekommen ist oder nicht, nach wenigen Stunden. Ist der Kontakt erfolgreich aufgenommen, investieren sie jedoch ungewöhnlich viel Zeit in den Paarungsakt. Während andere Insekten sich oft nach wenigen Sekunden wieder trennen, dauert die Paarung bei Stylops ovinae bis zu 30 Minuten, wahrscheinlich um Spermienkonkurrenz mit anderen Männchen zu verringern.
Stylops ovinae pflanzt sich über eine sogenannte traumatische Insemination direkt in die Leibeshöhle fort. Bisher ging man davon aus, dass die Befruchtung ohne Verletzungen über den Geburtskanal erfolgt. Bei ihrer Untersuchung mit hoch aufgelösten rasterelektronenmikroskopischen und computertomografischen Aufnahmen haben die Forscher entdeckt, dass die Weibchen dieser Art eine besondere Begattungstasche zwischen Kopf und Körper im Halsbereich besitzen. In diese führt das Männchen seinen hakenförmigen Penis ein, durchbohrt mit der Spitze des Penis die Körperwand des Weibchens und injiziert die Samenflüssigkeit direkt in die Leibeshöhle des Weibchens. Es wird vermutet, dass die Verletzungen dadurch trotz traumatischer Insemination im Rahmen gehalten werden können. Ob es auch bei anderen Arten diese Art der Befruchtung gibt, muss erst noch untersucht werden.
Die Wildbienen werden durch die Parasiten zwar geschwächt, aber nicht getötet.
Quelle: ntv.de, jaz