Autoreifen der Zukunft Die Reibung ist der Knackpunkt
17.05.2015, 17:06 Uhr
Für unterschiedliches Wetter und unterschiedliche Beläge: Autoreifen ist nicht gleich Autoreifen, wie jeder Fahrer weiß.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die flexible Oberfläche von Gummreifen und ihre Füllung mit Luft macht die Fortbewegung bequem. Doch die hohe Reibekraft des Gummis sorgt für einen erhöhten Energieaufwand und starken Verschleiß. Forscher enträtseln nun das Geheimnis um die Reibung.
Was mit einem Reifen geschieht, wenn er beim Bremsen über den Asphalt schleift, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Denn bei den Berechnungen zur Reibung werden meist nur jene Kräfte berücksichtigt, die sich aus Stauchung und Dehnung des Gummis ergeben. Ein deutsch-südkoreanisches Forscherteam wies nun nach, dass auch andere Verformungskräfte stark zur Reibung von Reifen beitragen. Bo Persson vom Forschungszentrum Jülich und seine Kollegen berichten über ihre Versuche im Fachmagazin "Journal of Chemical Physics".
Persson hat sich jahrelang mit der Reibung von Gummi beschäftigt, er berücksichtigt dabei auch die Scherkräfte. Diese entstehen, wenn die Ober- und die Unterseite eines Blocks unterschiedlich stark verschoben werden und sich das Material dazwischen schräg verformt. Daraus können sich verschiedene Ursachen für die Reibung ergeben: Risse im Gummi und Abrieb, das Schleifen von Silizium- oder Kohlenstoffbestandteilen des Reifens auf dem Asphalt oder das kurzzeitige Anhaften von Gummimolekülen am Untergrund.
Das Forscherteam testete drei Reifensorten: eine Sommerreifenmischung mit viel feinstem Quarzsand (Siliziumdioxid), einen Allwetterreifen mit Ruß und eine Winterreifenmischung mit wenig Quarzsand. Diese Reifen ließen sie bei verschiedenen Umgebungstemperaturen über zwei unterschiedlich raue Asphaltsorten und Sandpapier schleifen. Für eine gleichmäßige Bewegung nutzten Persson und Kollegen ein hängendes Gewicht, das per Seil über einer Rolle mit dem Gummiblock verbunden war. Einen ähnlichen Versuchsaufbau hatte bereits im 15. Jahrhundert der Naturforscher und Künstler Leonardo da Vinci verwendet.
Die Reifenhersteller profitieren von der Forschung
Die Tests ergaben, dass bei geringer Reibungsgeschwindigkeit (weniger als ein Millimeter pro Sekunde) das Haften von Gummimolekülen am Asphalt stark zur Reibung beiträgt. Dabei bleiben die Moleküle kleben, dehnen sich, lösen sich vom Untergrund und ziehen sich zusammen. Anschließend bleiben sie erneut kleben und der Kreislauf beginnt von vorn. Der Energieverlust, der dabei auftritt, macht sich in der Stärke der Reibung bemerkbar, erläutern die Wissenschaftler.
Nach ihren Erkenntnissen verringert sich dieser Effekt, je tiefer die Umgebungstemperatur ist, weil die Moleküle dann langsamer binden. Er nimmt auch bei höherer Geschwindigkeit ab, weil dann die Zeit zu kurz ist, als dass die Moleküle sich an den Untergrund haften könnten. Ein besseres Verständnis der Reibung könne Reifenherstellern bei der Auswahl ihrer Materialien helfen, sagt Bo Persson laut einer Mitteilung des American Institute of Physics.
Quelle: ntv.de, dka/dpa