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Wo die wilden Tiere wohnen Die Wildschwein-Clans von Berlin

Scharfe Eckzähne, raue Borsten und ein gedrungener Körperbau- Wildschweine wirken bedrohlich. Meistens sind sie aber friedlich.

Scharfe Eckzähne, raue Borsten und ein gedrungener Körperbau- Wildschweine wirken bedrohlich. Meistens sind sie aber friedlich.

(Foto: imago stock&people)

Tausende Wildschweine sollen in Berlin bereits heimisch sein. Aber woher kommen die Borstentiere? Berliner Forscher analysierten die Herkunft der Hauptstadtschweine - und entdeckten Erstaunliches.

Berlin ist die Hauptstadt der Wildschweine. Schätzungen zufolge sollen bis zu 6000 der borstigen Sauger in der deutschen Hauptstadt leben. Doch die Allesfresser werden längst nicht mehr nur am Stadtrand gesichtet. Das Wildtiertelefon des Berliner Senats bimmelt Dutzende Male täglich. Verängstigte Bürger melden Wildschwein-Begegnungen - im Garten, in der U-Bahn oder auf dem Friedhof.

Berliner Forscher des Leibniz-Instituts haben nun die Herkunft der Hauptstadtschweine mittels Genanalyse untersucht und Erstaunliches festgestellt: In allen drei Stadtwäldern (Grunewald, Tegeler Forst und Köpenicker Forst) leben weitgehend isolierte Gruppen. Doch neben den meist unter sich bleibenden Stadtwald-Wildschweinen gibt es in Berlin auch noch die durch andere städtische Siedlungsgebiete, Parks und Friedhöfe streunenden Exemplare, die sogenannten Siedlungsschweine. Nur diese haben offenbar einen kontinuierlichen genetischen Austausch mit Wildschweinen aus dem ländlichen Brandenburg, der Gegend um Berlin, wandern also von dort ein.

Die in der Innenstadt lebenden Wildschweine sind demnach wesentlich aberteuerlustiger als ihre im Stadtwald lebenden Verwandten. Man könne natürlich nicht ausschließen, dass nicht ab und an ein Landschwein auch bis in den Grunewald vorstoße, erläutert Doktorandin Milena Stillfried, die die Studie zusammen mit ihren Kollegen vom Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung durchführte. Unterstützt von National Geographic und der Stiftung Naturschutz Berlin analysierten Stillfried und ihre Kollegen Daten von fast 400 Wildschweinen aus Berlin und der Umgebung. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal Journal of Applied Ecology veröffentlicht.

Stadtwildschweine bleiben im Kiez

Die Analyse zeige, dass die Wildschweine die Stadtwälder in zwei Wellen besiedelten – einmal im Grunewald und einmal in Köpenick. Die Grunewalder Stadtschweine eroberten später den benachbarten Tegeler Forst. Auf der einen Seite entstanden isolierte Wildschweingruppen in den Stadtwäldern, auf der anderen wandern die Brandenburger Landpopulationen in die Stadt ein.

Auch wenn die Stadtschweine ihre Scheu vor Menschen verloren haben und Schäden an Grünanlagen aller Art anrichten, müssen die Berliner sie nicht fürchten, betonen die Wissenschaftler. Die Forschungsergebnisse sollen dazu beitragen, Konflikte zwischen den meist friedlichen Tieren und Menschen zu minimieren.

Zwar werden jedes Jahr Hunderte von Wildschweinen erschossen - mit Ausnahmegenehmigung, versteht sich. Doch das scheint die Gesamtzahl an Berliner Wildschweinen nicht ernsthaft zu dezimieren. Die gar nicht mehr so wilden und sehr vermehrungsfreudigen Stadtschweine machen immer wieder Probleme. Vor wenigen Tagen verwüstete eine Rotte nachts auf der Futtersuche Teile eines Friedhofs in Spandau. Wenige Tage davor hatten Wildschweine im Quartier Tegel einen Verkehrsunfall verursacht. Die Bilanz: drei demolierte Autos und zwei menschliche Verletzte.

Es steht zu befürchten, dass auch die Stadtwaldgruppen sich irgendwann aufs ganze Stadtgebiet ausdehnen, wenn es zu viele von ihnen im idyllischen Grün gibt.

Quelle: ntv.de, dsi

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