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Weder Verwitterung noch Erosion Druck von unten bestimmt Gebirgshöhe

Die Höhe der Anden wird, wie die Höhe anderer Gebirgsketten auf der Erde, durch tektonische Kräfte bestimmt.

Die Höhe der Anden wird, wie die Höhe anderer Gebirgsketten auf der Erde, durch tektonische Kräfte bestimmt.

(Foto: NASA; Astronaut photograph ISS059-E-517/dpa)

Einer Hypothese zufolge sind Verwitterungs- und Erosionsprozesse für die Höhe von Gebirgen entscheidend. Deutsche Wissenschaftler liefern nun eine ganz andere Erklärung.

Die Höhe von Gebirgen wird maßgeblich von Kräften bestimmt, die durch die Bewegung der Erdplatten entstehen - nicht von Verwitterung und Erosion. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung von Geologen unter der Leitung von Armin Dielforder vom Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam.

Die Forscher fanden mithilfe von Modellrechnungen heraus, dass zwischen den horizontalen Kräften durch die Plattenbewegung und der vertikal wirkenden Schwerkraft aufgrund der Massen des Gebirges nahezu ein Kräftegleichgewicht besteht. Die Studie ist in der Fachzeitschrift "Nature" erschienen.

In der Geologie ist umstritten, ob die tektonischen Kräfte, die durch den Zusammenstoß von Erdplatten entstehen, oder die Verwitterung und die Erosion durch Wind, Wasser und Eis entscheidend sind für die tatsächliche Höhe von Gebirgen. Nach der Erosionshypothese sind es vor allem die Gletscher, die der Höhe von Gebirgen eine Höhengrenze setzen. Entsprechend wäre die Stärke der Erosion je nach Klimazone unterschiedlich.

An Plattengrenzen entstanden viele Gebirge

Das Diagramm vergleicht die durchschnittliche Höhe von Gebirgsketten mit der Scherkraft (DFs), die entlang tektonischer Plattengrenzen wirkt. Es ist zu erkennen, dass die Berghöhe linear mit dieser Kraft zunimmt.

Das Diagramm vergleicht die durchschnittliche Höhe von Gebirgsketten mit der Scherkraft (DFs), die entlang tektonischer Plattengrenzen wirkt. Es ist zu erkennen, dass die Berghöhe linear mit dieser Kraft zunimmt.

(Foto: Dielforder et al. 2020, Nature: DOI 10.1038/s41586-020-2340-7/dpa)

Viele Gebirge entstehen an Plattengrenzen, an denen eine Platte unter die andere abtaucht (Subduktion) und im zähflüssigen Teil des heißen Erdmantels eingeschmolzen wird. Der Druck der abtauchenden Platte staucht das Gestein auf der oberen Platte und lässt dort Gebirge entstehen, wie etwa die Anden in Südamerika. Die Reibung zwischen den beiden Platten sorgt für Spannungen im Gestein, die sich durch Erdbeben lösen können. Beim Himalaya stoßen die Indische Platte und die Eurasische Platte aufeinander, ohne dass eine Platte abtaucht. Weil das Gestein nicht nach unten ausweichen kann, ist dort das höchste Gebirge der Welt entstanden.

Dielforder und Kollegen untersuchten neben den Anden und dem Himalaya acht weitere Gebirge in ganz verschiedenen Klimazonen. Sie verwendeten vorhandene Daten zu Wärmeflussmengen und Spannungen im Gestein, um sie in ein Computermodell einzuspeisen. Mithilfe der Daten errechneten die Wissenschaftler für jedes Gebirge die tektonisch unterstützte Höhe, die also aus Kräften im Untergrund herrührt. Diese errechnete Höhe stimmt weitgehend mit der maximalen mittleren Höhe der Gebirge überein, ganz unabhängig von Gletschern und anderen Erosionsverursachern.

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Die Forscher zeigen beispielsweise, dass die zentralen Anden auf dem 23. südlichen Breitengrad - also näher am Äquator - einem stärkeren tektonischen Druck ausgesetzt sind als auf dem 36. Breitengrad. Die in den zentralen Anden gemessene Querkraft der absinkenden ozeanischen Platte liegt 80 Prozent über dem Durchschnittswert aller untersuchten Gebirge zusammengenommen. Deshalb, und nicht wegen einer geringeren Erosionsrate, seien die Gipfel in den zentralen Anden höher als nördlich und südlich davon.

In einem Kommentar, ebenfalls in "Nature", schreibt Kelin Wang vom Pacific Geoscience Centre in Sidney (British Columbia, Kanada): "Dielforder et al. liefern ein entscheidendes Argument in der Debatte über die Höhe der Berge, aber ihre Perspektive bringt ein eigenes Dilemma mit sich." Denn nach vielen weitgehend akzeptierten Ideen müsste der horizontale Druck viel größer sein als der vertikale Druck des Gebirges. "Die Debatte über die Höhe der Berge führt somit zu einem Rätsel, wie stark die Erdkruste ist", folgert Wang.

Quelle: ntv.de, Stefan Parsch, dpa

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