Eigenartige Brutpflege Ernährung durch Mutterhaut
05.06.2008, 16:52 UhrDie Jungtiere der südamerikanischen Ringelwühle fressen ihrer Mutter regelrecht die Haut vom Leib. Diese erstaunliche Entdeckung ist dem Jenaer Evolutionsbiologen Alexander Kupfer gemeinsam mit Forschern aus Großbritannien und Brasilien gelungen. Bisher wurde angenommen, dass sich die jungen, wurmförmigen Amphibien nur von bereits abgefallenen Hautresten ihrer Mutter ernähren.
"Über einen Zeitraum von zwei Monaten wird die Haut zwei Mal in der Woche von acht bis 16 Jungtieren abgefressen", berichtete Kupfer. Anschließend hätten die Jungtiere eine Größe von etwa 15 Zentimeter erreicht und verließen die Mutter. Diese sei danach sichtlich ausgemergelt und müsse sich von der seltsamen Brutpflege erholen.
"Eine derart ausgeprägte Mutterfürsorge ist uns neu", erklärte der Wissenschaftler. Das brutale Verhalten der Jungtiere und die Aufopferung des Muttertieres sei unvergleichbar. "Es wäre interessant zu erfahren, was eigentlich die Väter in der Zeit machen, in der die Mütter alles geben", sagte Kupfer.
Erstaunliche Entwicklung des Gebisses
Bereits während der Brutzeit verändert sich demnach die Physiologie der Haut des Muttertiers. Fette und Proteine würden eingelagert und die Hautzellen vergrößerten sich. Dieser enorme Einsatz erkläre, warum sich Ringelwühlen wahrscheinlich nur alle zwei Jahre fortpflanzten, sagte Kupfer.
Bei der Untersuchung von 70 Jungtieren, die in brasilianischen Kakaoplantagen gesammelt worden seien, habe vor allem die Gebissentwicklung erstaunt. Die etwa zehn Zentimeter langen Jungtiere rammten stark ausgeprägte Zähne in die Haut der Mutter. Der Kiefer sei dabei bis zu 90 Grad geöffnet.
"Die Zähne sind vergleichbar mit denen lebendgebärender Blindwühlen. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass es sich bei den Ringelwühlen um eine Vorstufe zu den lebendgebärenden Tieren handelt", vermutete Kupfer, der sich nach eigenen Angaben bereits seit zehn Jahren mit der Amphibiengruppe beschäftigt. Südamerikanische Ringelwühlen werden bis zu zehn Jahre alt.
Quelle: ntv.de