Bizarre Fortpflanzung gefilmt Extrem seltene Schnecke presst Ei aus dem Hals
12.05.2025, 18:10 Uhr Artikel anhören
         			
         		Sie ist groß, karnivor und vom Aussterben bedroht: Die Mount-Augustus-Schnecke gibt es nur in Neuseeland. Doch ihr einziger Lebensraum wurde vor Jahren zerstört. Ein Zuchtprogramm versucht, die seltene Art zu erhalten. Dabei gelingen dem Team einmalige Filmaufnahmen.
Die seltsamen Fortpflanzungsgewohnheiten einer großen, fleischfressenden Schnecke aus Neuseeland waren lange ein Rätsel. Jetzt wurde erstmals ein Video aufgenommen, das zeigt, wie die Mount-Augustus-Schnecke (Powelliphanta augusta) ein Ei aus ihrem Hals legt, wie die Naturschutzbehörde des Landes mitteilt.
Auf den Filmaufnahmen ist zu sehen, wie die Schnecke ein kleines weißes Ei aus einer Öffnung unter ihrem Kopf presst. Gefilmt wurde die Ablage des Eis, das dem von Hühnern bis auf die Größe durchaus ähnelt, von einer Mitarbeiterin der Naturschutzbehörde Department of Conservation (DOC) - und das auch nur zufällig: Lisa Flanagan kümmert sich laut Mitteilung seit zwölf Jahren um die Schnecken. Als sie eines der Tiere vergangene Woche wiegen wollte, drehte sie es um und bemerkte dabei die Eiablage. Schnell zückte sie ihr Telefon und hielt den einmaligen Moment fest. Auch für die erfahrene Pflegerin war es das erste Mal, dass sie Zeugin dieses ungewöhnlichen Aktes wurde.
Die regionale Biodiversitätsbeauftragte der Behörde, Ingrid Gruner, sagte gegenüber dem britischen "Guardian", das Filmmaterial sei "ziemlich bemerkenswert". "In all den Jahren, in denen wir diese Arbeit machen, ist uns so etwas noch nie begegnet", sagte sie weiter. Das Team habe "Glück gehabt", diesen Moment einzufangen. Die Schnecken werden erst mit acht Jahren geschlechtsreif und legen jedes Jahr nur etwa fünf Eier. Es kann über ein Jahr dauern, bis diese schlüpfen.
Hermaphroditen, die Sperma speichern können
Dass die Mount-Augustus-Schnecken noch nicht ausgestorben sind, ist vor allem der neuseeländischen Naturschutzbehörde zu verdanken. Im Jahr 2006 wurde ihr einziger Lebensraum durch eine Bergbaufirma abgebaggert, die vor Ort Kohle abbauen wollte. Das Department of Conservation konnte einige Schnecken vorher retten und in ein Zuchtprogramm überführen.
Die Powelliphanta-Landschnecken gehören zu den größten der Welt. Sie sind etwa so groß wie ein Golfball und kommen nur in Neuseeland vor. Sie wachsen langsam und können Jahrzehnte alt werden: Einige in Gefangenschaft gehaltene Tiere sind schätzungsweise zwischen 25 und 35 Jahre alt. Die fleischfressenden Schnecken ernähren sich hauptsächlich von Regenwürmern - die sie "wie Spaghetti schlürfen", heißt es in der Mitteilung.
Wie viele andere Schneckenarten sind Mount-Augustus-Schnecken Hermaphroditen. Das bedeutet, dass sie sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsmerkmale besitzen. Während der Paarung öffnet sich eine Genitalpore auf der rechten Körperseite, knapp unterhalb des Kopfes, aus der sich bei beiden Partnern jeweils ein Penis in die Pore des Gegenübers schiebt. Dabei wird Sperma ausgetauscht, den beide Tiere speichern können, um später Eier zu befruchten.
Unfall tötet Hunderte Schnecken
Das Aufbewahren des Spermas bot den Schnecken in ihrer ursprünglichen Heimat einen großen Vorteil: Da sie in den kühlen und feuchten Hochlagen in relativ geringer Dichte lebten, konnte sie die Spermien für eine spätere Fortpflanzung aufbewahren, falls mal kein Artgenosse in der Nähe war.
Diese ökologischen Bedingungen simuliert die Naturschutzbehörde in ihrem Zuchtprogramm. Die Schnecken werden in Terrarien unter kühlen Bedingungen gehalten. 2011 passierte jedoch ein Unglück, als die Temperaturen wegen eines technischen Defekts darin auf Werte unter null Grad Celsius fielen: Hunderte Schnecken erfroren. Die Naturschutzorganisation Forest and Bird sprach von einer "Tragödie, die zu vermeiden gewesen wäre". Nach diesem Desaster wurde die Schneckenhaltung von Einzelhaltung auf Gruppen von bis zu sechs Schnecken umgestellt, um Paarungen und Nachwuchs zu fördern.
Inzwischen hat sich ihre Zahl jedoch wieder auf knapp 2000 erhöht. Gleichzeitig hatte das DOC nach Ersatzlebensräumen für die Schnecken gesucht und dort einige Tiere angesiedelt. Diese werden jedoch engmaschig überwacht, um sicherzustellen, dass sie eine nachhaltige Population bilden können.
Quelle: ntv.de