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KI findet Ähnlichkeiten Fingerabdrücke sind gar nicht so einzigartig

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Die Forschenden fanden heraus, dass insbesondere die Ausrichtung der Rillen in der Mitte des Abdrucks bei den Fingern einer Person ähnlich sind.

Die Forschenden fanden heraus, dass insbesondere die Ausrichtung der Rillen in der Mitte des Abdrucks bei den Fingern einer Person ähnlich sind.

(Foto: picture alliance / Shotshop)

Seine Fingerabdrücke machen jeden Menschen einzigartig - dachte man zumindest. Laut einer Studie sind die feinen Linien jedoch womöglich gar nicht so unverwechselbar wie bislang angenommen. Diese Erkenntnis könnte besonders die Arbeit an Tatorten revolutionieren.

Die Fingerabdrücke des Menschen sind offenbar weniger einzigartig als bislang angenommen. Laut einer in der Fachzeitschrift "Science Advances" veröffentlichten Studie gelang es einem Forschungsteam, wesentliche Übereinstimmungen unterschiedlicher Abdrücke ausfinden zu machen. Mithilfe eines besonderen Netzwerks konnten die Forschenden somit die verschiedenen Fingerabdrücke einer einzelnen Person in 77 Prozent der Fälle auch dieser Person zuzuordnen.

Nach einiger Zeit begann die KI, Ähnlichkeiten zwischen den Abdrücken einer bestimmten Person zu erkennen. (Guo et al., Sci. Adv., 2024)

Nach einiger Zeit begann die KI, Ähnlichkeiten zwischen den Abdrücken einer bestimmten Person zu erkennen. (Guo et al., Sci. Adv., 2024)

Bislang ging man davon aus, dass die Linien und Kringel auf der Fingerkuppe eines Menschen so auf keinem anderen Finger zu finden sind. Selbst die Abdrücke der einzelnen Finger eines Menschen sollten sich deutlich voneinander unterscheiden.

Um zu überprüfen, ob es zwischen den einzelnen Abdrücken nicht doch wesentliche Übereinstimmungen gibt, untersuchten die Forscherinnen und Forscher rund 60.000 Fingerabdrücke einer öffentlichen US-Datenbank. Dazu speisten sie die Paare dieser Abdrücke in ein neuronales Netzwerk, einer Art künstlichen Intelligenz, ein.

Das Geheimnis liegt in der Mitte

Der entscheidende Unterschied zu früheren Untersuchungen lag in den Merkmalen der Fingerabdrücke, auf die sich die KI fokussierte. "Die KI verwendete keine 'Minutien', das heißt, Verzweigungen und Endpunkte der Fingerabdruckkämme. Diese Muster wurden bei herkömmlichen Fingerabdruckvergleichen verwendet", erklärte Ingernieur Gabe Guo, Leiter der Studie. Stattdessen konzentriere sich die KI auf den Bereich, der mit den Winkeln und Krümmungen der Wirbel und Schleifen in der Mitte des Fingerabdrucks zusammenhinge.

Mit der Zeit gelang es dem Netzwerk immer besser, zu erkennen, wann zwei verschiedene Abdrücke zu ein und derselben Person gehörten. Obwohl die Fingerabdrücke einer Hand immer noch einzigartig waren, fand die KI genügend Ähnlichkeiten, um sie der entsprechenden Person zuzuordnen. Insbesondere die Ausrichtung der Rillen in der Mitte des Abdrucks sei bei den Fingern einer Person ähnlich, so die Forschenden.

"KI käut nicht nur Wissen wieder"

"Die Ähnlichkeit der Fingerabdrücke einer Person ist nicht nur deshalb von Interesse, weil sie lang gehegte Überzeugungen infrage stellt", sagte Guo. Die gewonnenen Erkenntnisse könnten darüber hinaus dazu beitragen, unschuldige Verdächtige zu entlasten oder Spuren in ungeklärten Fällen zu finden.

Um dies zu gewährleisten, müsse das Netzwerk jedoch noch weiterentwickelt und die Erfolgsquote erhöht werden, gab das Forschungsteam an. "Stellen Sie sich vor, wie gut das Ganze funktioniert, wenn wir die KI mit Millionen statt mit Tausenden von Fingerabdrücken trainieren", sagte Aniv Ray, Informatikstudentin an der Columbia University.

"Viele Leute gehen davon aus, dass eine KI Wissen lediglich wiederkäut und keine wirklich neuen Entdeckungen machen kann", sagte der Ingenieur Hod Lipson. "Aber diese Forschung ist ein Beispiel dafür, wie selbst eine KI mit einem einfachen Datensatz, der in der Forschungsgemeinschaft seit Jahren herumliegt, Erkenntnisse liefern kann, die Experten seit Jahrzehnten entgangen sind."

Quelle: ntv.de

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