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Chemisches Kondom in Arbeit Protein schützt vor HIV-Infektion

Mit einer chemischen Reaktion können Forscher ein körpereigenes Protein so verändern, dass es sich an das HI-Virus bindet und damit die Infektion von Immunzellen verhindert. Auf dieser Grundlage wollen die Wissenschaftler ein Gel entwickeln, das vor allem Frauen schützen soll, die sich prostituieren müssen.

Jedes Jahr stecken sich rund 3000 Menschen in Deutschland mit dem HI-Virus an.

Jedes Jahr stecken sich rund 3000 Menschen in Deutschland mit dem HI-Virus an.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Hamburger Forscher haben ein körpereigenes Protein so verändert, dass es Zellen im Labor vor einer Infektion mit dem Aidsvirus bewahrt. Womöglich ließe sich auf Grundlage dieser Resultate ein Mikrobizid – eine Art chemisches Kondom – produzieren. Das schreibt ein Team um Michael Schreiber vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin im Journal "BMC Research Notes". Zugleich weisen die Resultate auf einen neuen, universellen Abwehrmechanismus gegen Krankheitserreger hin.

Im Mittelpunkt der Studie steht das in großer Menge im Blut des Menschen vorkommende Protein Serum Albumin. Es ist unter anderem am Transport anderer Moleküle durch den Blutstrom beteiligt. Schreiber ließ das Protein mit Hypochloriger Säure (HOCl) reagieren. Dabei verändert das Albumin mehrere seiner Eigenschaften, darunter seine Form. In der Folge, so die Analyse, bindet sich das veränderte Albumin an das Aidsvirus (HIV). Dort blockiert es aller Wahrscheinlichkeit nach jenes Protein (gp120), mit dem sich HIV an Immunzellen anheftet, um sie danach zu infizieren.

Vorbild in der Natur

Diese Attacke der Hamburger Forscher auf HIV hat ein Vorbild in der Natur. Einige Blutzellen besitzen ein Enzym namens Myeoloperoxidase, das ebenfalls Hypochlorige Säure produziert. Diese kann im Körper freigesetzt werden. Die schwach ätzende Substanz kann entweder direkt gegen Krankheitserreger wirken oder eben das weit verbreitete Serum Albumin umformen. Die Virologen wiederholten ihre Experimente mit Mäuse- und Rinder-Serum Albumin – mit ähnlichen Resultaten.

Grafische Darstellung eines HI-Virus.

Grafische Darstellung eines HI-Virus.

In einer anderen Untersuchung hatten Schreiber und Kollegen 2008 im Journal "Virology" gezeigt, dass das veränderte Serum Albumin ebenfalls das West-Nil-Virus neutralisieren kann. Dieser Erreger breitet sich seit rund zehn Jahren auch in den USA aus. Für gewöhnlich befällt das Virus Tiere, kann aber auch tödliche Infektionen beim Menschen auslösen.

Teil des Verteidigungssystems

"Unsere Studie unterstützt die Annahme, dass Hypochlorige Säure ein Teil des Verteidigungssystems des Körpers gegen Krankheitserreger ist. Und abgesehen von seiner direkten toxischen Aktivität könnte sie einen weiteren, wenngleich indirekten Effekt haben und Serum Albumin zu einer antiviralen Waffe machen", notiert Schreiber jetzt.

Womöglich könnte das durch Säure veränderte Serum Albumin eines Tages als Wirkstoff in Mikrobiziden eingesetzt werden. Solche geschmacks- und geruchslosen sowie unsichtbaren Gele könnten Frauen, die sich prostituieren müssen, einen gewissen Schutz verleihen. Nicht nur in Afrika verlangen Männer Sex ohne Kondom, ohne dass sich arme, sozial schwache und damit abhängige Frauen wehren können. Nach wie vor ist ein Präparat wünschenswert, das Hamburger Projekt befindet sich zurzeit im Stadium der Grundlagenforschung.

Quelle: ntv.de, dpa

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