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Streit um Glyphosat Risikoforscher kritisiert Chemie-Ängste

Anti-Glyphosat-Kampagnen würden davon leben, komplexe Sachverhalte unterkomplex darzustellen, meint Hensel.

Anti-Glyphosat-Kampagnen würden davon leben, komplexe Sachverhalte unterkomplex darzustellen, meint Hensel.

(Foto: picture alliance / Patrick Pleul)

Union und SPD wollen die Anwendung des Unkrautvernichters Glyphosat schnellstmöglich beenden. Das kommt beim Bundesinstitut für Risikobewertung nicht gut an. Präsident Hensel spricht von einer "Verklärung der Natur", die Nachteile haben könne.

Vor dem Hintergrund der Debatte um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat hat der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), Andreas Hensel, eine tiefsitzende Angst der deutschen Gesellschaft vor Chemie beklagt. "Wir Deutschen neigen zur Verklärung der Natur", sagte Hensel der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Schlecht ist eben das, was nicht natürlich, sondern menschengemacht ist."

Ein Landwirt bringt Glyphosat auf einem Feld aus.

Ein Landwirt bringt Glyphosat auf einem Feld aus.

(Foto: imago/Sven Simon)

Hensel verwies auf mögliche Konsequenzen des von Union und SPD angestrebten Glyphosat-Ausstiegs. "Andere Wirkstoffe werden angewendet, die möglicherweise giftiger sind als Glyphosat", sagte er. Es werde jedenfalls "nicht automatisch mehr Insekten geben", wenn auf Glyphosat verzichtet werde. "Vielleicht sogar im Gegenteil."

Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf verständigt, die Anwendung des Unkrautvernichters "so schnell wie möglich" grundsätzlich zu beenden. Der Wirkstoff ist umstritten. Kritiker warnen vor einem möglichen Krebsrisiko und Folgen für die Umwelt.

Sie verweisen auf einen Bericht der zur Weltgesundheitsorganisation WHO gehörenden Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC), nach dem Glyphosat "wahrscheinlich krebserregend bei Menschen" ist. Aufsichtsbehörden in Deutschland und der EU kamen hingegen zu dem Schluss, dass von Glyphosat keine Gefahr für die Gesundheit von Menschen ausgeht. Die IARC beschäftigte sich in ihren Studien nicht isoliert mit Glyphosat, sondern mit Stoff-Gemischen, in denen das Unkrautvernichtungsmittel Verwendung findet. Das BfR hingegen betrachtete Glyphosat allein und kam zu dem Ergebnis, dass es bei fachgerechter Anwendung keine Anhaltspunkte für eine krebserzeugende Wirkung gebe.

BfR beklagt Schwarz-Weiß-Malerei

"Der Wirkstoff ist als nicht krebserregend einzustufen", bekräftigte Hensel in der "NOZ" die Einschätzung des BfR. "Es gibt keine Untersuchung, die das Gegenteil belegt", sagte Hensel und kritisierte das Vorgehen von Glyphosat-Gegnern.

"Einige Nichtregierungsorganisation und ihre Kampagnen leben davon, hoch komplexe Sachverhalte unterkomplex zu kommunizieren und auf Schwarz oder Weiß, Gut oder Böse zu reduzieren". Die "ausgeuferte Glyphosat-Debatte" habe zum Ergebnis gehabt, "dass meine Mitarbeiter und ich Morddrohungen erhalten haben", beklagte Hensel.

Quelle: ntv.de, asc/AFP

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