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Nobelpreis-Jury bügelt Fehler aus Steinman erhält Preis posthum

Steinman verstarb im Alter von 68 Jahren.

Steinman verstarb im Alter von 68 Jahren.

(Foto: AP)

Das Nobelpreis-Komitee entscheidet nach stundenlangen Beratungen, den kanadischen Wissenschaftler Ralph Steinman trotz dessen Tod auszuzeichnen. Zwar verbietet die Satzung posthume Auszeichnungen. Steinman war jedoch erst drei Tage vor dem Bekanntwerden der Ehrung verstorben.

Der vor wenigen Tagen gestorbene Forscher Ralph M. Steinman bekommt den Medizin-Nobelpreis posthum. Zwar schließen die Regeln für die Nobelpreise Experten zufolge die Vergabe an einen Toten aus. Allerdings handelte es sich um einen Sonderfall.

Steinmans Witwe und seine Kinder sind sicher: Er wäre zutiefst geehrt.

Steinmans Witwe und seine Kinder sind sicher: Er wäre zutiefst geehrt.

(Foto: AP)

Bei der Bekanntgabe des Preises wussten die Juroren nicht, dass der Wissenschaftler aus Kanada bereits am 30. September im Alter von 68 Jahren an Krebs gestorben war. Die Rockefeller-Universität in New York hatte dies nach der Zuerkennung auf ihrer Internet-Seite mitgeteilt.

In den Statuten steht unter Paragraf 4: "Die Arbeit einer Person, die bereits gestorben ist, soll nicht für eine Auszeichnung berücksichtigt werden. Wenn der Preisträger vor der Übergabe (am 10. Dezember) gestorben ist, darf der Preis übergeben werden (etwa an die Nachkommen)." Experten wie der langjährige Komitee-Sekretär Anders Baranyi hatten eine Vergabe des Preises an Baranyi deswegen ausgeschlossen.

Baranyi verwies auf die letzte posthume Nobelpreisvergabe: Der schwedische UN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld war im September 1961 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen und bekam den Friedensnobelpreis wenige Wochen später zuerkannt. Danach wurden die Statuten für alle Nobelpreise so verändert, dass dies nicht mehr möglich war. In der Erklärung der Stiftung hieß es, das Verbot der posthumen Auszeichnung beziehe sich nur auf eine bewusst in diesem Sinne getroffene Wahl. Die Juroren hätten die Entscheidung am Freitag um 14.30 Uhr getroffen, ohne von Steinmans Tod um 11.30 etwas zu wissen.

Pioniere der Immunologie

Beutler, Hoffmann und Steinman (v.l.) sind die Preisträger 2011.

Beutler, Hoffmann und Steinman (v.l.) sind die Preisträger 2011.

(Foto: dpa)

Der kanadische Wissenschaftler Ralph Steinman starb am Freitag im Alter von 68 Jahren. Er hatte seit vier Jahren an Bauchspeichelkrebs gelitten. Dank einer auf seiner eigenen Forschung basierenden Immuntherapie hatte er seine Lebenszeit verlängern können.

Steinman war wenige Stunden vor dem Bekanntwerden seines Todes gemeinsam mit dem Franzosen Jules A. Hoffmann sowie Bruce A. Beutler (USA) von der Jury des Karolinska-Institutes in Stockholm als Preisträger benannt worden.

Die drei Wissenschaftler hatten sich auf dem Gebiet des menschlichen Immunsystems einen Namen gemacht. "Die diesjährigen Nobelpreisträger haben unser Verständnis des Immunsystems revolutioniert, indem sie zentrale Prinzipien seiner Aktivierung entdeckt haben", erklärte die Jury zur Begründung. Mit ihrer Forschung hätten die drei Wissenschaftler den Weg für die Vorbeugung und neue Therapien bei der Bekämpfung von Infektionen, Krebs und Entzündungskrankheiten bereitet. So hätten auf Grundlage der Arbeit der Forscher bessere Impfstoffe entwickelt werden können. Die Forschung habe aber auch neue Erkenntnisse bei der Frage gebracht, warum das menschliche Immunsystem manchmal den eigenen Körper angreift.

Beutler wurde 1957 in Chicago geboren, seit kurzem arbeitet er an der Universität Texas in Dallas.

Beutler wurde 1957 in Chicago geboren, seit kurzem arbeitet er an der Universität Texas in Dallas.

(Foto: dpa)

Dem 55-jährigen Beutler und dem 70 Jahre alten Hoffmann sollte eine Hälfte des Preisgeldes in Höhe von zehn Millionen Kronen (rund eine Million Euro) zukommen. Sie werden für die Entdeckung von Rezeptor-Proteinen geehrt, die in den Körper gelangte Bakterien, Viren und andere Mikroorganismen wie Pilze oder Parasiten erkennen. Diese aktivieren dann das sogenannte angeborene Immunsystem, was der erste Schritt der Abwehrreaktion des menschlichen Körpers ist. Dabei kann der Angriff der Mikroorganismen etwa durch Entzündungsreaktionen gestoppt werden.

Killerzellen zerstören infizierte Zellen

Als zweiten Strang des Immunsystems hat der Mensch zudem eine sogenannte adaptive, also anpassungsfähige Immunabwehr, die speziell auf bestimmte Krankheitserreger reagiert. Dabei bilden T- und B-Lymphozyten, kurz T- oder B-Zellen genannt, Antikörper und Killerzellen, die wiederum infizierte Zellen zerstören. Außerdem entwickelt der Körper so etwas wie ein Gedächtnis, das es ihm erlaubt, bei einer späteren erneuten Infektion mit dem gleichen Mikroorganismus schneller zu reagieren. Der Kanadier Steinman wurde für seine Forschung auf dem Gebiet dieses adaptiven Immunsystems ausgezeichnet. Er hatte in den 1970er Jahren sogenannte dendritische Zellen entdeckt und ihre Rolle bei der Aktivierung von T-Zellen erforscht.

Hoffmann forschte bereits an der Universität Marburg.

Hoffmann forschte bereits an der Universität Marburg.

(Foto: AP)

Wie die Alexander von Humboldt-Stiftung mitteilte, gehören die drei Forscher dem weltweiten Humboldt-Netzwerk an. Beutler hatte 1993 den Humboldt-Forschungspreis gewonnen und daraufhin an der Universität Regensburg geforscht. Hoffmann erhielt den Preis bereits 1983, als Preisträger forschte er dann an der Universität Marburg. Steinman erhielt 1999 den Max-Planck-Forschungspreis, der gemeinsam von der Humboldt-Stiftung und der Max-Planck-Gesellschaft verliehen wird.

Auftakt zur Nobelpreis-Woche

Die Auszeichnung bildete den Auftakt des Nobelpreis-Reigens in Stockholm und Oslo. Am Dienstag und Mittwoch fallen die Entscheidungen in Physik und Chemie. Am Donnerstag entscheidet sich, wer den Literatur-Nobelpreis erhält und am Freitag schließlich gibt das norwegische Nobelkomitee den Träger des Friedensnobelpreises 2011 bekannt.

Die Nobelpreise sind mit umgerechnet 1,1 Million Euro (zehn Millionen schwedischen Kronen) je Sparte dotiert. Sie werden traditionell am 10. Dezember überreicht, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel. Im vergangenen Jahr wurden elf Preisträger ausgezeichnet - alles Männer. Den Medizinpreis erhielt der Brite für seine Technik der künstlichen Befruchtung.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts

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