
Der Penisknochen eines Makaken - einer der längsten unter den Affen.
(Foto: Wikimedia Commons, )
Die Evolution geht verschlungene Wege, auch beim Penisknochen. Während fast alle Primaten einen haben, ist er beim Menschen verschwunden. Forscher wollen nun eine Erklärung gefunden haben - die manche desillusionieren dürfte.
Ein äußerst merkwürdiger Knochen ist der Penisknochen. Er ist nicht mit dem restlichen Skelett verbunden und schwebt alleine im Körper, am unteren Ende des Penis. Viele Säugetiere haben ihn, nur Menschen haben ihn nicht. Allerdings müsste man eher sagen: nicht mehr. Denn irgendwann in der Geschichte der Evolution ist dem Menschen dieser spezielle Knochen abhandengekommen. Dabei ist er äußerst nützlich: Laut Forschern erlaubt er es männlichen Tieren, sich sehr lange mit einem Weibchen zu paaren.
Zu den glücklichen Besitzern eines Penisknochens gehören neben Hunden, Katzen, Fledermäusen und Walrössern auch die nächsten Verwandten des Menschen: Schimpansen und Gorillas. Doch warum fehlt dem Menschen diese knöchernde Erektionshilfe, während sie bei den meisten Primaten-Arten vorhanden ist? Das wollen die beiden Forscher Kit Opie und Matilda Brindle von der Universität in London herausgefunden haben. Veröffentlicht haben sie ihre Studie in den Proceedings of the Royal Society.
Je größer die Konkurrenz, desto größer der Knochen
Laut dieser soll sich der Penisknochen bei Säugetieren vor mehr als 95 Millionen Jahren gebildet haben, also noch zu Zeiten, als die Dinosaurier die Erde beherrschten. Auch die ersten Primaten, die vor rund 50 Millionen Jahren auftauchten, hatten einen Penisknochen. Sie waren die Vorfahren der heutigen Menschen und Affen. Allerdings variiert die Größe des Penisknochens von Spezies zu Spezies beachtlich. So verfügen etwa Makaken über einen fünf Zentimetern langen Penisknochen, bei Bonobos ist er nur acht Millimeter lang.
Opie und Brindle kamen zu dem Schluss, dass jene Primaten einen besonders langen Penisknochen haben, bei denen auch der Geschlechtsakt vergleichsweise lange andauert - damit meinen sie länger als drei Minuten. Der Grund dafür: Während dieser Zeit soll das Weibchen von männlichen Mitbewerbern ferngehalten werden, damit die Spermien in Ruhe ihre Arbeit verrichten und eine Eizelle befruchten können. Der Penisknochen dient währenddessen zur Stabilisierung des männlichen Genitals.
Gibt es andersherum jedoch keine Not für ein Primatenmännchen, das Weibchen von männlichen Konkurrenten fernzuhalten, fällt auch der Penisknochen kleiner aus, so die Forscher. Bei den Schimpansen etwa ist er nicht länger als ein menschlicher Fingernagel. Bei ihnen paaren sich die Weibchen einfach mit allen Männchen einer Gruppe - möglicherweise eine Strategie, um die älteren Männchen davon abzuhalten, Jungtiere zu töten (schließlich können sie nie wissen, ob sie nicht vielleicht der Vater sind). Es gibt unter Schimpansen also keine Angst vor Nebenbuhlern. Der Geschlechtsakt fällt dementsprechend kurz aus und dauert gerade mal ein paar Sekunden.
Menschlicher Sex ist vergleichsweise kurz
Beim Menschen soll eine Entwicklung im Sozialverhalten dem bereits verkümmerten Penisknochen unserer Primaten-Vorfahren den Rest gegeben haben: der Übergang von der polygamen zur monogamen Lebensweise. Das soll vor knapp zwei Millionen Jahren eingetreten sein, zu Zeiten des Homo erectus. Statt sich mit mehreren Partnern zu paaren, erfand der Ur-Mensch damals die Treue. Damit wurde es laut den Forschern auch sehr viel unwahrscheinlicher, dass eine Frau sich einem anderen Mann hingibt - die Notwendigkeit, ein Weibchen lange zu "belegen" war damit nicht mehr gegeben. Der Penisknochen und seine Garantie für lange Standhaftigkeit wurden damit unbedeutend.
Aber bedeutet das nicht, dass Menschen vergleichsweise kurze Geschlechtsakte haben müssten? Ja, und dem sei auch so, betont Brindle bei The Conversation: "Die durchschnittliche Dauer von der Penetration bis zur Ejakulation beträgt bei Männern weniger als zwei Minuten". Sie bezieht sich dabei auf die wegweisende Veröffentlichung zur menschlichen Sexualität "Das sexuelle Verhalten des Mannes" von Alfred Kinsey und anderen aus dem Jahr 1948. Eine viel zitierte Studie aus dem Jahr 2005 hingegen will herausgefunden haben, dass der Geschlechtsverkehr beim Menschen heutzutage im Schnitt 5,4 Minuten dauert.
Quelle: ntv.de