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Kampf auf dem Dach der Welt Warum hält der Siachen-Krieg an?

Ein Basislager der indischen Armee am Siachen-Gletscher.

Ein Basislager der indischen Armee am Siachen-Gletscher.

(Foto: imago/Indiapicture)

Die Kämpfe zwischen indischen und pakistanischen Militärs am Siachen-Gletscher wirken absurd. Weshalb die Auseinandersetzungen in 6500 Metern Höhe und bei Temperaturen bis minus 40 Grad nun schon Jahrzehnte andauern, können Forscher nun benennen.

Es ist die außerordentliche topografische Lage, die den "kältesten Krieg der Welt" seit 1984 am Leben hält. Das haben Forscher der Universität Heidelberg herausgefunden. Der extreme Hochgebirgsraum am Siachen-Gletscher im Norden Kaschmirs birgt für die Kämpfenden eine Reihe von zusätzlichen Gefahren. Lawinen, Stürze in Gletscherspalten und Erfrierungen sind keine Seltenheit und sollen bisher sogar mehr Soldaten das Leben gekostet haben als kämpferische Auseinandersetzungen. Dazu kommen logistische Herausforderungen bei der Versorgung der Soldaten sowie immense Kosten. Zuletzt wurden 2012 mehr als 100 Menschen in einem pakistanischen Militärcamp durch eine Lawine verschüttet.

Trotz alledem dauern die kriegerischen Auseinandersetzungen an. Die Forscher sind sich einig, dass der Stellungskrieg in diesen extremen Verhältnissen von den Konfliktparteien als eine Art Trainingsgelände für zukünftige Gebirgskriege in der Region genutzt wird. "In dieser spektakulären Hochgebirgsarena am äußersten Rande dauerhafter menschlicher Existenz findet seit nunmehr 31 Jahren ein extrem aufwändiger, kostenintensiver und vielfach als absurd bezeichneter Stellungskrieg statt. Er wird durch geostrategische Erwägungen, nationales Prestigedenken und den Wunsch nach Zugang zu bestimmten Ressourcen motiviert", fasst Marcus Nüsser vom Südasien-Institut zusammen. Dazu gehört beispielsweise die Vergabe von Genehmigungen für Gipfelbesteigungen an internationale Bergsteiger.

Hartes Trainingsgebiet

Anhand von wissenschaftlichen Publikationen und internationalen Medienberichten analysierte Nüsser gemeinsam mit Ravi Baghel, der am Exzellenzcluster "Asien und Europa im globalen Kontext" der Universität Heidelberg forscht, die Zusammenhänge des bewaffneten Konflikts, der Teil des Kaschmir-Konflikts zwischen Indien und Pakistan ist. Dabei stellten die Geografen unerwartet fest, dass es eine Verbindung zwischen der speziellen Topographie des Kriegsschauplatzes und der Fortdauer des Konflikts gibt: "Vor dem Hintergrund, dass hier ein Gebirgskrieg geübt werden kann, sollte man den Siachen-Konflikt weniger als groteskes militärisches Überbleibsel einer vergangenen Ära ansehen, sondern eher als Übungsplatz für kommende Kriege im Hochgebirgsgrenzraum entlang der Südgrenze des tibetischen Plateaus", erläutert Baghel.

Die Wissenschaftler verweisen in diesem Zusammenhang unter anderem auf den Konflikt um den Grenzverlauf zwischen Indien und China im Himalaya. Auch der Einsatz neuer Technologien wie beispielsweise von Drohnen wird nach Einschätzung der Heidelberger Forscher dafür sorgen, dass der Konflikt am Siachen-Gletscher weiter anhält.

Quelle: ntv.de, jaz

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