Seit mehr als 100 Jahren Warum arbeiten die meisten acht Stunden am Tag?
01.02.2025, 12:07 Uhr Artikel anhören
Das deutsche Arbeitszeitgesetz sieht acht Arbeitsstunden pro Tag vor.
(Foto: picture alliance/dpa)
Acht Stunden arbeiten, acht Stunden schlafen, acht Stunden Freizeit: Vor mehr als 100 Jahren führte Deutschland den achtstündigen Arbeitstag ein. Doch warum acht Stunden und nicht mehr oder weniger? Der Ursprung dafür liegt in Großbritannien.
Der Tag hat 24 Stunden, die Minute 60 Sekunden, ein Flug von Berlin nach London dauert knapp 120 Minuten - und der Arbeitstag? Endet nach acht Stunden. Seit mehr als 100 Jahren arbeiten viele Menschen weltweit nach dem "9 to 5"- Prinzip. Doch warum arbeiten wir acht Stunden und nicht sechs, zehn oder zwölf?
Die Antwort findet sich im Großbritannien des 19. Jahrhunderts. Die Industrialisierung war in vollem Gange, in den Fabriken herrschten harte Bedingungen. Angestellte arbeiteten bis zu 16 Stunden am Tag, oft ohne Pause und an den Wochenenden. Die Löhne waren niedrig und häufig unregelmäßig, sodass viele Arbeiter und Familien am Rande des Existenzminimums lebten.
Erschüttert von den Zuständen drängte der britische Unternehmer und Revolutionär Robert Owen auf Veränderung und ging mit dem Vorschlag hausieren, den Tag gleichmäßiger aufzuteilen: "Acht Stunden arbeiten, acht Stunden schlafen und acht Stunden Freizeit und Erholung." Doch Owen blieb mit seiner Forderung lange Zeit ungehört, es dauerte Jahrzehnte, bis Gewerkschaften seine Idee zur Arbeitszeitverkürzung aufgriffen. Gut 30 Jahre später, am 1. Mai 1838, wurde in Großbritannien dann der Zehnstundentag im sogenannten Factory Act festgeschrieben - immerhin: ein Etappensieg.
Langer Kampf um faire Arbeitszeiten
Owens Acht-Stunden-Idee machte nicht vor den Grenzen Großbritanniens Halt, sondern wurde weltweit zum Slogan der internationalen Arbeiterbewegung. So wurde 1918 der Achtstundentag in Deutschland eingeführt - rund 70 Jahre nach seiner Erfindung. Revolutionär-sozialistische Stimmen hatten nach dem Ende des Ersten Weltkriegs an Einfluss gewonnen, hinzu kamen Hunderttausende Kriegsrückkehrer auf der Suche nach Arbeit.
Mehr Arbeitsplätze zu kürzeren Arbeitszeiten - eine Forderung, die in einer Vereinbarung durch den Industriellen Hugo Stinnes und dem Gewerkschafter Carl Legien ihre Erfüllung fand: Das sogenannte Stinnes-Legien-Abkommen führte den Achtstundentag bei vollem Lohnausgleich in allen Unternehmen der Rüstungs- und Schwerindustrie ein. Ein Meilenstein für die Arbeiterbewegung.
Vorübergehend aufgeweicht wurde die Regelung in der Zeit des Nationalsozialismus. Zwar wurde der Achtstundentag formal beibehalten, aber in der Praxis durch Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit oft umgangen. Arbeitszeiten wurden verlängert, insbesondere in der Rüstungsindustrie.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Arbeitnehmerrechte wieder gestärkt: Der Achtstundentag fand Eingang ins Arbeitszeitgesetz. Dieses bildet bis heute die Grundlage für die Arbeitszeitregelung: im Grundsatz acht Stunden pro Tag, unter bestimmten Ausnahmen bis zu zehn.
Übrigens: Der US-amerikanische Automobilhersteller Henry Ford setzte den Achtstundentag 1914 in seiner Ford Motor Company um. Zusätzlich erhöhte er die Löhne seiner Arbeiter drastisch. Dieser Schritt war nicht nur sozial motiviert, sondern auch wirtschaftlich: Ford erkannte, dass seine Mitarbeiter sich die Autos, die sie produzierten, leisten können sollten. Das trug zur Verbreitung des Modells bei.
Quelle: ntv.de