Frage & Antwort, Nr. 63 Haben Schwarze weiße Handflächen?
31.03.2009, 08:15 Uhr
Die Zwillinge Leo und Ryan haben unterschiedliche Hautfarben.
Wie erklärt die Wissenschaft, dass die Fußsohlen und Handinnenflächen bei schwarzen Menschen weiß sind? (fragt Helmut Linse)
Das hat evolutionäre Gründe, erklärt Dr. Eckhard Bergen, Facharzt für Dermatologie in Offenburg. Doch zunächst einmal muss erklärt werden, weshalb es überhaupt verschiedenfarbige Menschen gibt. Die Dunkelfärbung der Haut ist eine evolutionäre Strategie des menschlichen Körpers, um sich vor zu viel Sonneneinstrahlung zu schützen. Anthropologen gehen davon aus, dass die ersten Menschen auf der Erde dunkle Haut hatten und in der Nähe des Äquators lebten. Also dort, wo die Sonneneinstrahlung am intensivsten und die Temperaturen hoch sind.
Die schützende Behaarung der menschlichen Vorfahren verschwand wegen der hohen Temperaturen allmählich, ein neuer Schutz musste her. Dunkle Haut hat viele Pigmente. Diese Farbpigmente heißen im menschlichen Körper Melanin. Es färbt die Haut braun und verhindert so, dass das Sonnenlicht in die Haut eindringen kann. So wird Verbrennungen und letztendlich Hautkrebs vorgebeugt, erläutert Dr. Bergen.
Balance zwischen Sonnenschutz und Vitamin-D-Bildung

Babys von Schwarzen haben kurz nach der Geburt wesentlich hellere Haut als ihre Eltern.
Im Laufe der Menschheitsgeschichte kamen die Menschen auch in sonnenärmere und damit kältere Gebiete, so dass sie sich mit Kleidung vor Kälte schützen mussten. Damit waren nur noch wenige Hautpartien an wenigen Tagen der Sonne ausgesetzt. Der Mensch jedoch braucht ein gewisses Maß an Sonneneinstrahlung, um Vitamin D im Körper zu bilden. Dieses ist wichtig, um Kalzium in den Knochen einzulagern.
Vor allem in den ersten Lebensmonaten ist Vitamin D erforderlich, da es sonst zu Knochenmissbildungen kommen kann. Die dunkle, stark pigmentierte Haut war in den kälteren Regionen nicht mehr notwendig, da die Haut durch Kleidung geschützt und die Sonneneinstrahlung nicht mehr so stark war. Außerdem behinderte sie die Vitamin-D-Bildung. Helle Haut war nun vonnöten, da diese auch das schwächste Sonnenlicht für die Vitamin-D-Produktion nutzen kann. Die Haut scheint mit dem Grad ihrer Färbung über Jahrtausende hinweg eine Balance zwischen dem Schutz vor Sonne und der Bildung von Vitamin D eingegangen zu sein.
Entstehung verschiedener Hautfarben
So hat sich im Laufe der Zeit die menschliche Haut an ihre Umgebung angepasst. Das zeigt sich vor allem in der geografischen Verteilung der Hautfarbe auf der Welt. Je stärker Menschen der Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind, umso dunkler muss ihre Haut sein. Die abgestufte Hautfärbung ist, die Migration ausgeklammert, bis heute sichtbar. Die so genannten mediterranen Hauttypen unterscheiden sich in ihrer Hautfarbe beispielsweise von den skandinavischen Hauttypen, erläutert Dr. Bergen den Zusammenhang.
Aber auch am Körper selbst gibt es verschiedene Grade von Braunfärbung. Die Arminnenseiten und die Handflächen werden weniger braun als die Armaußenseiten. Genauso verhält es sich mit den Fußrücken und den Fußsohlen. Es ist und war nicht nötig, dass der Körper sich an diesen Stellen durch Bräunung schützt, da die Arminnenseiten die meiste Zeit am Körper anliegen. Die Handinnenflächen werden und wurden beispielsweise durch das Festhalten von Dingen beim Arbeiten genauso wenig der Sonne ausgesetzt. Ebenso stehen und standen Menschen am Tag die meiste Zeit auf ihren Füßen.
Unterschiedliche Anzahl von Pigmentzellen

Dr. Eckhard Bergen.
Das bedeutet jedoch nicht, dass es an den Handflächen und Fußsohlen keine färbenden Pigmentzellen gibt. Lediglich die Anzahl der Pigmentzellen ist wesentlich geringer als in anderen Hautpartien. Die Pigmentmenge lässt sich ganz leicht durch eine Hautbiopsie nachweisen, sagt Dr. Bergen. Zudem haben manche Menschen Pigmentflecken an Handflächen oder Fußsohlen. Hier befinden sich Anhäufungen von so genannten Melanozyten, also pigmentbildenden Zellen, die durch Sonneneinstrahlung aktiviert werden. Eigenartigerweise, so Dr. Bergen, bilden sich diese auch an Körperstellen, die nie der direkten Sonne ausgesetzt waren. Er empfiehlt gleichzeitig, sich immer gezielt vor Sonneneinstrahlung zu schützen. Denn je mehr Leber- oder Pigmentflecken der Mensch hat, umso größer wird auch das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken
Rein theoretisch gäbe es also die Möglichkeit, dass Schwarze auch dunkle Handinnenflächen und Fußsohlen bekommen. Allerdings nur, wenn sie diese Körperregionen über Jahrtausende direkter Sonneneinstrahlung aussetzen würden.
Übrigens: Die Haut von Neugeborenen wird erst allmählich dunkler, da die Melanozyten kurz nach der Geburt noch nicht ausgereift sind und demzufolge auch noch keine hautfärbenden Pigmente bilden können. Das Dunkelwerden der Babyhaut ist unabhängig von direkter Sonneneinstrahlung.
Quelle: ntv.de