Frage & Antwort Warum können Papageien sprechen?
18.11.2014, 10:38 Uhr
Graupapageien (hier im Bild) und Amazonen nehmen die menschliche Sprache schneller in ihr Lautrepertoire auf als andere Papageien.
(Foto: DickDaniels/Wikipedia/CC BY-SA 3.0)
Ich habe meinem Enkel neulich eine Geschichte vorgelesen, in der ein sprechender Papagei vorkam. Mein Enkel fand das nicht weiter erstaunlich, aber ich habe mich gefragt: Wie kommt es eigentlich, dass Papageien sprechen können? (will Stefanie P. aus Mainz wissen)
Rein technisch betrachtet, ist diese Frage schnell geklärt: Papageien haben eine viel muskulösere Zunge als die meisten anderen Vögel. Die ermöglicht es ihnen, Worte zu formen - so, wie das auch beim Menschen geschieht. Die Töne selbst bilden Papageien in ihrem gut entwickelten Stimmkopf, der tief im Hals sitzt. Den aber haben andere Vogelarten auch.
Im Unterschied zu diesen jedoch können Papageien - und übrigens auch Krähen - ein Leben lang zu lernen. "Viele Vögel", erklärt uns Biologin und Papageien-Expertin Hildegard Niemann, "haben ein Zeitfenster, in dem sie Töne lernen. Danach schließt sich das Fenster. Bei Papageien und Krähen aber bleibt es ein Leben lang offen." Hinzu kommt, dass Papageien sehr intelligent sind. Und sie können, wie Niemann sagt, "ein unglaublich großes Ton-Repertoire entwickeln. Das erklärt sich aus ihrem Sozialverhalten."
Die Familie muss sich wiederfinden

Papageien-Expertin Hildegard Niemann im Gespräch mit Amazonen: Die gelehrigen Vögel haben schnell raus, dass sie ihre Bezugsperson mit menschlichen Lauten auch manipulieren können.
(Foto: H. Niemann)
Viele Papageien leben nämlich in der freien Natur in großen Gruppen. Hier sind sie auf Kommunikation angewiesen. Eines muss dabei besonders gut klappen: Sie müssen in einem Schwarm von Hunderten von Vögeln ihre eigene Familie immer wiederfinden. "Wer die Kinder oder den Partner sucht", sagt die Papageientrainerin, "hat es einfacher, wenn er sie mit ihrem 'Namen' oder eben ihrem individuellen Ton ruft. Den also gilt es dann jeweils nachzuahmen." Das muss gelernt sein. Doch für Papageien ist es ein Leichtes. Sie imitieren die Laute und die Stimmlage ihrer Partner oder Artgenossen, damit diese schneller auf ihre Rufe reagieren und sich angesprochen fühlen; manchmal auch, damit sie sich beeindruckt zeigen. "Doch ein Papageienleben ist lang", führt die Expertin weiter aus. "Da kann es sein, dass ein Partner einem Raubtier zum Opfer fällt oder stirbt. Dafür ist es wichtig, lernfähig zu bleiben. So kann sich der Papagei auch die Töne eines neuen Partners aneignen und sie nachahmen - und seine Gene somit weiter streuen."
Durch ihre umfangreichen Fähigkeiten zur Imitation gelingt es Papageien also, selbst in einer großen Gruppe den Kontakt zu einzelnen Tieren zu halten oder neue Kontakte zu knüpfen. Und was mit den Artgenossen funktioniert, das klappt ebenso in der Heimvogelhaltung beim Menschen.
Worauf reagiert die Bezugsperson?
"Dass Papageien, die beim Menschen leben, auch menschliche Laute produzieren, liegt eben daran, dass wir dann diejenigen sind, zu denen sie Kontakt haben", erläutert Niemann. Als Haustier suchen sich Papageien, oft sind es Graupapageien, dann eine Bezugsperson. Anders als man vermuten könnte, ist das aber nicht unbedingt der, dessen Stimme sie nachahmen. Und doch muss man zunächst horchen, welche Stimme der Papagei für sich ausgewählt hat. "Oft heißt es dann: 'Ah, der spricht mit der Stimme meines Mannes!'", erzählt Niemann. "Aber Achtung! Jetzt muss man um die Ecke denken, denn Graupapageien sind sehr pfiffig. Sie beobachten bei ihrer Bezugsperson, von wem sie angesprochen wird und worauf sie reagiert. Der Papagei hat sich die Frau aus Bezugsperson ausgesucht und stellt dann fest: Aha, immer wenn der Mann die Frau anspricht, dreht sich die Frau um." Folglich ahmt er beim Sprechen den Mann nach, denn dann reagiert die Frau, und der Papagei kann sich ihrer Aufmerksamkeit sicher sein.
Versteht ein Papagei denn auch, was er sagt? "Ja", sagt Niemann, "er weiß, was er sagt. Er hört einen Laut, und im Lauf der Zeit beginnt er, ihn zu imitieren. Dann schaut er, welche Folgen das hat. Er beobachtet, was passiert. Er achtet also auf die Reaktion seiner Bezugsperson und seiner Umgebung. Und je nachdem, ob er diese Reaktion gut findet oder nicht, nutzt er den Laut weiter - oder lernt lieber andere."
Übrigens: Wenn man Papageien das Sprechen beibringen will, sollte man Töne wählen, die im hinteren Rachenraum gebildet werden. "Das Wort 'Papaya', zum Beispiel", sagt Niemann, "wäre für einen Papageien nicht geeignet. Das kann er lernen, aber da müsste er lange üben." "Racker", "hallo" oder "gut" führen eher zum Erfolg.
Quelle: ntv.de