Frage & Antwort

Frage & Antwort, Nr. 62 Was wird aus Neumayer II?

Was passiert eigentlich mit der Forschungsstation Neumayer II? Rein theoretisch müsste die doch irgendwann aus dem Schelfeis ins Meer gedrückt werden. (fragt Johanna K. aus Brandenburg)

Dr. Saad El Naggar vor der neuen Forschungsstation "Neumayer III".

Dr. Saad El Naggar vor der neuen Forschungsstation "Neumayer III".

Das ist richtig, bestätigt mir Dr. Saad El Naggar, Projektleiter am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung. Doch zunächst zum Stand der Dinge. Die Forschungsstation "Neumayer II" liegt zurzeit rund 15 Meter tief im Eis. Sie ist abgeschaltet und weitestgehend ausgeräumt. Im nächsten Jahr wird mit der Entsorgung und Entkernung der Station begonnen, erklärt der Projektleiter weiter.

Die Neumayer II-Station besteht aus drei Stahlröhren. Zwei davon sind 90 Meter lang, die dritte etwa 130 Meter. Alle Röhren haben einen Durchmesser von acht Meter und sind miteinander verbunden.

Entkernung und Rückbau

Alle Innereien, das heißt, alles was sich nach dem Umzug in die neue Station jetzt noch in den Röhren befindet, wird ausgebaut und sachgerecht entsorgt. Lediglich die Stahlröhren, die die Außenhaut der Station bildeten, werden im Eis bleiben. Aus ökologischer Sicht ist es nicht sinnvoll, die Röhren aus dem Eis zu holen, denn sie sind zum einen stark vereist und zum anderen schon stark deformiert. Der Energieaufwand, der für das Heben der Röhren aus 15 Metern Tiefe nötig würde, stünde in keinem Verhältnis zum Nutzen, betont El Naggar

Stahlröhren im Schelfeis

Die einst runden Röhren sind heute an vielen Stellen nur noch oval. Große Stücke mussten aus Sicherheitsgründen herausgeschnitten werden.

Die einst runden Röhren sind heute an vielen Stellen nur noch oval. Große Stücke mussten aus Sicherheitsgründen herausgeschnitten werden.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die Stahlröhren werden im Laufe der Zeit immer tiefer ins Eis sinken und dabei immer mehr zusammengepresst. Da sich das Schelfeis in ständiger Fließbewegung befindet, werden die Röhren pro Jahr rund 157 Meter in Richtung Norden gedrückt. Das bedeutet, die Röhren werden in rund 150 Jahren die Kante des Schelfeises erreichen. Rund 50 Jahre später werden sie dann zusammen mit einem riesigen Eisblock abbrechen und als Eisberg im Meer schwimmen. Allerdings nur solange, bis dieser taut. Dann wird der völlig deformierte Schrotthaufen auf den Meeresboden sinken und keiner wird wissen, was das mal war.

Die Forschungsstation "Neumayer II" wurde 1992 erbaut und löste bis 2009 die Georg-von-Neumayer-Station ab. Sie musste in diesem Jahr ersetzt werden, weil sie stark deformiert und damit nicht mehr sicher war. Die Stahlröhren sind aus Stahlplatten zusammengeschraubt. Diese verbindenden Schrauben stehen durch die Last des Eises unter hohem Druck und könnten brechen. Tritt dieser Fall ein, so können die Schraubenteile zu gefährlichen Geschossen werden, so El Naggar.

Die Menschen, die die Station entkernen und zurückbauen sind aber nicht gefährdet, denn die Stellen, die gefährlich geworden sind, sind bereits mit Schneidbrennern entfernt worden. "Durch Druckmessungen und Verformungen wissen wir genau, wo die Spannung zu groß wird und schneiden die Stellen vorsorglich aus" erklärt El Naggar die Prozedur. An diesen Stellen lebten Forscher und Techniker direkt unter dem Eis. Hier musste das Eis ständig ausgekratzt werden, damit genug Platz blieb. Ein mühseliges Unterfangen. Glücklicherweise sind diese Zeiten vorbei, denn die Arbeit und das Leben in der neuen Forschungsstation sind ein wahrhafter "Quantensprung" schwärmt El Naggar von der neuen Station. Die neue Neumayer-Station III soll 30 Jahre im Einsatz sein und wird dank ihrer hydraulischen Füße nicht im Eis versinken.

Quelle: ntv.de

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