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Familien-SUV komplett neu VW Tiguan - mehr Auto braucht man nicht

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Das Beste aus zwei Welten: Eine schmale Leiste zwischen den Frontleuchten des VW Tiguan (auf Wunsch HD-Matrix-Scheinwerfer) bekundet eher Elektroauto-Designsprache. Dafür wirkt der massive untere Teil des vorderen Stoßfängers mit den Kühllufteinlässen extrovertiert und sportlich.

Das Beste aus zwei Welten: Eine schmale Leiste zwischen den Frontleuchten des VW Tiguan (auf Wunsch HD-Matrix-Scheinwerfer) bekundet eher Elektroauto-Designsprache. Dafür wirkt der massive untere Teil des vorderen Stoßfängers mit den Kühllufteinlässen extrovertiert und sportlich.

(Foto: Volkswagen)

Eigentlich zählt der Volkswagen Tiguan zur Kompaktklasse. Doch kompakt fühlt sich das gerade lancierte SUV aus Wolfsburg nun wahrlich nicht mehr an. Dafür aber ziemlich komfortabel. Und ziemlich technisch. ntv.de lädt zur ersten Probefahrt ein.

Es fühlt sich irgendwie ein bisschen unwirklich an - Volkswagen präsentiert ein neues Auto und es ist überhaupt kein Stromer. Was ist da los in Wolfsburg? Denn die letzte Modelloffensive der Niedersachsen war rein elektrisch geprägt. Doch jetzt sind mal wieder Verbrenner an der Reihe.

Obwohl der VW Tiguan zur Kompaktklasse gehört, wirkt er ganz schön wuchtig.

Obwohl der VW Tiguan zur Kompaktklasse gehört, wirkt er ganz schön wuchtig.

(Foto: Volkswagen)

Nun stehe ich also vor der großen Tiguan-Testflotte, die Volkswagen nach Südfrankreich gebracht hat. Und ich nehme als erste Option den guten alten Diesel. Also, zackig hineinschwingen in den Hightech-Fahrgastraum (darüber wird später noch zu sprechen sein) und den Startknopf kurz suchen. Der ist nämlich nicht mehr im Bereich der Armaturentafel, sondern in der Mittelkonsole zu finden. Und um ein bisschen ID-Flair in den Klassiker zu bringen, haben die Architekten so manche Anleihen bei den Stromern genommen. Also reckt die Hand in Richtung Lenksäule, um die Fahrstufe per Drehbewegung zu aktivieren. Was fällt noch auf? Klar, am riesigen, berührungsempfindlichen Display (12,9 oder optional sogar 15 Zoll) kann man nicht vorbeiblicken. Und es ist intuitiv genug bedienbar, um noch losrollend eben schnell die störendsten Assistenten auszuschalten.

Markantes Lichtdesign verschafft dem neuesten VW Tiguan Wiedererkennungswert.

Markantes Lichtdesign verschafft dem neuesten VW Tiguan Wiedererkennungswert.

(Foto: Volkswagen)

Dann aber bitte schleunigst den Blick nach vorn richten und Tempo aufnehmen. Und wieder fällt etwas auf. Dieser Tiguan soll noch Kompaktklasse sein? Fühlt sich schwer nach Mittelklasse an, zumal das SUV mit 4,54 Metern Länge sowieso gar nicht klein ist. An Raum mangelt es also nicht, abgehakt. Doch was macht das Familienauto so erwachsen? Eine Rolle mag die überarbeitete Dämpfung spielen. Nicht nur, dass man die Dämpferhärte generell einstellen kann. Der Tiguan verfügt über regelbare Dämpfer, bei denen die Kennlinie der Druck- und Zugstufe getrennt eingestellt werden kann - so ist eine größere Spreizung zwischen sportlicher und komfortabler Abstimmung möglich. Wobei die Ingenieure dem Tiguan generell einen sanftmütigen Einschlag verpasst haben. So kommt er auch mit den groben Dellen auf gestressten Asphaltbahnen wunderbar klar. Genau richtig für dieses Fahrzeugsegment, bei dem übertriebene Sportlichkeit gar nichts zu suchen hat.

Solide motorisiert

Ebensowenig sind hier überbordende Leistungswerte gefragt. Dennoch bringt es der lediglich in Verbindung mit Allradantrieb an den Start rollende Topdiesel auf stattliche 193 PS und 400 Newtonmeter Drehmoment. Und klar ist der 1,8-Tonner damit mehr als souverän motorisiert, schiebt unter Last bullig an und kommt flugs auf 100 km/h (7,7 Sekunden). Lässt man dem starken Selbstzünder freien Lauf, erreicht er 220 km/h.

Der große Touchscreen in der Mittelkonsole fällt ins Auge. Das hintergrundbeleuchtete Dekor vielleicht sogar noch ein wenig mehr.

Der große Touchscreen in der Mittelkonsole fällt ins Auge. Das hintergrundbeleuchtete Dekor vielleicht sogar noch ein wenig mehr.

(Foto: Volkswagen)

Um zu checken, wie viel Power ich brauche, um glücklich zu werden, steige ich in die 150 PS starke Diesel-Version um mit Vorderradantrieb. Irgendwelche Beschwerden? Nicht wirklich. Der etwas schwächere Diesel (360 Newtonmeter) hat zwar ein Quäntchen weniger Biss, aber immer noch genug Punch für den Alltag. Er schleppt mit unter 1,7 Tonnen etwas weniger Gewicht mit sich herum und beschleunigt binnen 9,4 Sekunden auf 100 Sachen (207 km/h Höchstgeschwindigkeit). Attraktiv ist der Kraftstoffverbrauch: Volkswagen nennt 5,3 Liter als kombinierten WLTP-Wert. Beide Varianten setzen übrigens auf das siebenstufige Doppelkupplungsgetriebe.

Ebenfalls einen Doppelkuppler unter dem Blech tragen die beiden Plug-in-Hybrid-Varianten - allerdings mit sechs Stufen. In der Konstellation mit 115 PS starker Elektromaschine (330 Newtonmeter) plus 150 respektive 177 PS seitens des Benzinmotors mit 1,5 Litern Hubraum reicht das allemal. Was nehmen? Diesel oder PHEV? Nun, es kommt auf den Anwendungsbereich an. Volkswagen hat den doppelmotorigen Antriebsstrang inzwischen mit ordentlich bemessener Batterie von knapp 20 kWh Netto-Kapazität ausgerüstet. Damit kann der Tiguan etwa 100 Kilometer rein elektrisch zurücklegen. Und der eine oder andere nutzt sicher die Möglichkeit, den Akku per Gleichstrom mit 50 kW zu laden, falls er den Stromspeicher nicht beim Arbeitgeber oder heimisch aufgefüllt bekommt (geht mit Wechselstrom in schnellstens 165 Minuten). In diesem Fall erreicht der Speicher nach etwas mehr als 20 Minuten wieder 80 Prozent Füllstand. Bleibt die Frage, wie sehr der Antriebsstrang verlockt, nicht doch beide Maschine gemeinsam zu nutzen.

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PHEV als interessante BEV-Alternative

Probieren geht wie immer über studieren: Beim PHEV offeriert das Menü selbst bei vollständig geladenem Akku unter dem entsprechenden Menüpunkt die Möglichkeit, auch hybridisch zu fahren. Und genau das mache ich jetzt auch. Warum? Das rein elektrische Fahren ist ja schön und gut, aber funktioniert mehr oder weniger immer ähnlich. Für wichtig herauszufinden halte ich, wie ansatzlos der Strang den Verbrenner abwerfen und wieder dazuschalten kann. Und: Wie schlägt sich der Automat in diesem Komponenten-Ensemble?

Um eine Frage gleich vorweg zu beantworten, die möglicherweise einigen Hybridinteressenten durch den Kopf schwirrt: Jawohl, die 272-PS-Version beschleunigt deutlich giftiger (7,2 statt 8,2 Sekunden) als die PHEV-Basis (204 PS) und zerrt sogar merklich am Lenkrad unter Einsatz der vollen Leistung. Was aber nicht heißt, dass das schwächere Doppelmotor-Familienmitglied unsouverän unterwegs wäre. Allerdings resultiert aus dieser Erfahrung der Tipp, dass diejenigen Käufer mit hauptsächlichem Interesse an der verbrennerfreien Fortbewegung eher die Basis kaufen sollten. Zumal man auch sagen muss, dass das Topmodell trotz des schwungvollen Naturells irgendwie kaum sportlich anmutet. Dazu plärrt sein Vierzylinder unter Ausnutzung des Drehzahlbands außerdem ein wenig zu unmotiviert. Dennoch schaffen die beiden Varianten mit etwas Anlauf 210 beziehungsweise 215 km/h Topspeed.

Unpraktisch ist der VW Tiguan mitnichten. Ganze 1650 Liter fasst der Kofferraum, wenn die Rücksitzlehnen umgeklappt werden.

Unpraktisch ist der VW Tiguan mitnichten. Ganze 1650 Liter fasst der Kofferraum, wenn die Rücksitzlehnen umgeklappt werden.

(Foto: Volkswagen)

Gedanklich bin ich wieder beim Diesel und gehe im Kopf durch, wie homogen der übrigens kultiviert laufende Selbstzünder sein Moment abgibt. Lärm von der Außenwelt dringt bloß in gedämpfter Manier in den Innenraum, das gilt ebenso für Windgeräusche. Und auch wenn die Tiguan-Pressemappe mit der Aussage übertreibt, dass die ohne Frage umfangreiche Massagefunktion mit zig Programmen quasi ein Oberklasse-Feature sei (Massage bieten auch andere Kompakte und Oberklasse-Volkswagenmodelle haben üppigere Sessel), ist das Ergebnis doch recht solide. Den hinreichend großzügig dimensionierten Sitzgelegenheiten sind definitiv Langstreckenqualitäten zuzutrauen mit ihrer ergonomisch feiner Ausprägung sowie den geschmeidigen Polstern.

Und wie der Tiguan eingesetzt wird, kann der Nutzer vielfältig gestalten. Dafür spricht nicht bloß die verschiebbare Rücksitzbank. Flexibel entscheiden zu können, ob das Gepäck oder die Fondpassagiere mehr Platz eingeräumt bekommen, ist schon mal ein Pfund. Legt man die Rücksitze gleich um, passt Ladegut im Äquivalent von 1650 Litern in das hintere Abteil. Und 2,3 Tonnen Anhängelast sind auch nicht verkehrt - mancher Premiumwettbewerber liegt bei lediglich zwei Tonnen.

Schauen Sie sich diesen Drehregler genau an: In der Mitte steckt ein kleiner Touchscreen. Zwei Ladeflächen darüber erlauben, zwei Mobiltelefone induktiv zu laden. Dank Kühlung und modernster Spulentechnik werden die Geräte ungleich fixer als früher geladen.

Schauen Sie sich diesen Drehregler genau an: In der Mitte steckt ein kleiner Touchscreen. Zwei Ladeflächen darüber erlauben, zwei Mobiltelefone induktiv zu laden. Dank Kühlung und modernster Spulentechnik werden die Geräte ungleich fixer als früher geladen.

(Foto: Volkswagen)

Zum Schluss noch etwas automobiles Seelenfutter gefällig? Falls man das Außendesign langweilig finden sollte, darf man sich wenigstens über den sogenannten "Fahrerlebnisschalter" freuen - zumindest die Digital Natives unter den Kunden. Der Drehregler in der Mittelkonsole beinhaltet obendrein einen kleinen Touchscreen zur flexibleren Bedienung. Zugegeben, ist ein bisschen Spielerei, aber irgendwie cool. Und das hintergrundbeleuchtete Dekor als Ambientebeleuchtung hat etwas Stylishes. Beleuchtet sind jetzt übrigens auch die Slider, um die Innenraumtemperatur einzustellen.

Gehört wohl zu Volkswagens Offensive, die ein ganzes Bündel von Maßnahmen enthält (darunter auch das grundlegend erneuerte Betriebssystem auf dem Screen), um die Bedienung einfacher zu gestalten. Man kann den per ChatGPT unterstützten Sprachassistenten auch bitten, die Einwohnerzahl Deutschlands auszuspucken - macht er. Er greift dabei auf Wikipedia zurück. Außerdem findet der User auf dem Lenkrad erfrischenderweise wieder ganz simple Tasten vor. Komplizierte Dinge gibt es ja im Menü schließlich weiterhin zur Genüge trotz Renovierung. Das sei in Zukunft näher besprochen.

Wollen Sie ihrem Nachbarn vielleicht noch etwas Abgedrehtes vorführen? Ab sofort lässt sich der Tiguan auch per Smartphone von außen rangieren. Ach ja, bezahlt werden müsste er ja auch noch. Ab 36.600 Euro bietet Volkswagen den Familientourer an - dann inklusive mild hybridisiertem 1,5-Liter-Vierzylinder-Benziner mit moderaten 130 PS und 6,1 Litern kombiniertem WLTP-Verbrauch (Super). Mehr Motor braucht man vermutlich nicht. Und mehr Auto sowieso nicht.

Quelle: ntv.de

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