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Kompakt-Stromer mit mehr Kapazität Nissan Leaf wird zum Gipfelstürmer

Die stärkere Batterie soll den Nissan Leaf 250 km weit bringen.

Die stärkere Batterie soll den Nissan Leaf 250 km weit bringen.

(Foto: Wolfgang Groeger-Meier)

Hindernisse für die Anschaffung eines Elektroautos sind für viele Deutsche der hohe Preis und die zu geringe Reichweite. Unterdessen diskutiert die Bundesregierung mögliche Subventionen und Nissan hat seinem Stromer Leaf eine stärkere Batterie spendiert.

Mit dem Erfolg des rein elektrischen Kompaktmodells kann der japanische Hersteller hoch zufrieden sein. Der Verkauf von weltweit rund 200.000 Leafs seit 2010 macht die Firma zum erfolgreichsten Anbieter rein elektrisch betriebener Pkw. Selbst in Deutschland, bekanntlich kein Vorreiter in Sachen E-Mobilität, steigt die Nachfrage nach dem Fünftürer stetig. Immerhin 831 Neuzulassungen registrierte das Kraftfahrtbundesamt 2015. Um den Anreiz für die Kundschaft zu erhöhen und die Reichweiten-Angst zu mindern, wird der Leaf nun mit einem leistungsfähigeren Akku auf den Weg geschickt. Unter günstigsten Umständen sollen Ziele in 250 Kilometer Entfernung mit einer Ladung erreicht werden können.

Der Nissan Leaf kraxelt jetzt mit einer Ladung auf 1607 Meter - und wieder herunter.

Der Nissan Leaf kraxelt jetzt mit einer Ladung auf 1607 Meter - und wieder herunter.

(Foto: Wolfgang Groeger-Meier)

Die günstigen Umstände, die etwa 20 Grad Außentemperatur, steigungsfreies Straßenprofil und nicht mehr als 60 km/h Marschtempo beinhalten sollten, kommen in der Realität aber nur äußerst selten vor. Der Verzicht der Insassen auf Heizung, Kühlung und Unterhaltung ebenfalls. Dennoch hat sich Nissan auf das Wagnis eingelassen, bei der Präsentation der dritten Leaf-Generation Unerhörtes zu fordern: Mit einer Batterieladung soll das Fahrzeug zwei Personen und Gepäck von Meereshöhe auf den 1607 Meter hohen Col de Turini und wieder zurück an den Ausgangspunkt an der Cote d’Azur befördern. Als Etappenziel und Durchfahrtskontrolle der Rallye Monte Carlo hat es die Passhöhe am Col de Turni zu einiger Berühmtheit gebracht. Auch wenn die reine Fahrstrecke mit nur rund 140 Kilometern im Bereich des Machbaren bleiben dürfte, liegen Dutzende von Ortsdurchfahrten, Steigungen und Spitzkehren vor den Testfahrern.

Stromern bis auf 1607 m über NN

Mit kontrolliertem Überholreiz und Zurückhaltung im rechten Fuß schnurrt der Leaf zügig dem Gipfel entgegen. Da die Füllstandsanzeige permanent über Rest-Reichweite und –Ladung informiert, ist es kein Problem, den Fahrstil den technischen Möglichkeiten anzupassen. Im Gegenteil: Der Herausforderung, auf zwischenzeitlichen Gefällepassagen wieder Strom für den nächsten Anstieg einzusammeln, kann man sich kaum entziehen und es gehört zum typischen Fahrspaß eines E-Mobils, durch geschicktes Timing die Ladeanzeige so oft wie möglich ins "Plus" zu manövrieren. Auf der Passhöhe blieben bei dieser Testfahrt knapp 30 Prozent Batterieladung übrig. Den Antritt der Rückfahrt begleitete zwar die Meldung "es kann sein, dass Sie ihr Ziel nicht erreichen", doch die freundliche Stimme aus dem Navigationssystem konnte ja nicht wissen, dass rund 30 Kilometer bergab einen enormen Rückgewinn an Fahrstrom garantierten. Bravourös erreichte der Testwagen das angepeilte Ziel.

Hinter der Frontklappe des Nissan Leaf verbirgt sich die Ladebuchse.

Hinter der Frontklappe des Nissan Leaf verbirgt sich die Ladebuchse.

(Foto: Nissan)

Die bisherige Ausbaustufe des Leaf-Modells basiert auf einer 24-kWh-Batterie, die für knapp 200 Kilometer gut sein soll. Die neue Generation stellt ihre 50 Kilometer Zusatz-Reichweite auf der Grundlage eines 30 kWh-Akkus in Aussicht. Der Stromspeicher hat die gleichen Abmessungen, bringt aber rund 21 Kilogramm mehr Gewicht ins Auto. Insgesamt trägt die Batterie mit einem Anteil von fast 300 Kilogramm zum Gesamtgewicht des Fahrzeugs bei, das in der Acenta-Ausstattung rund 1520 Kilogramm beträgt. Da der Speicher zwischen den Achsen platziert ist, sorgt er für einen niedrigen Fahrzeugschwerpunkt und fördert ein überraschungsfreies Handling.

Seit Nissan eine Kooperation mit dem Elektronik-Konzern NEC eingegangen ist, produziert das daraus entstandene Joint-Venture die Speicher für die Elektroautos der Marke Nissan selbst. Im europäischen Werk in Sunderland (England) werden die aus 48 Modulen bestehenden Akkus gefertigt. Innovative chemische Prozesse erlaubten unter Zuhilfenahme von Kobalt- und Mangan-Komponenten eine höhere Kapazitäts-Ausbeute. Nissan garantiert die Funktionstüchtigkeit der Batterie für acht Jahre oder 160.000 Kilometer und bietet den Interessenten für einen Leaf gleichzeitig an, den Akku als Teil des Fahrzeugs mitkaufen oder gesondert mieten zu können.

Über den Schalthebel-Stummel werden beim Nissan Leaf die Fahrmodi gewählt.

Über den Schalthebel-Stummel werden beim Nissan Leaf die Fahrmodi gewählt.

(Foto: Nissan)

Die Leistung des Wechselstrom-Synchronmotors blieb mit 80 Kilowatt (109 PS) hingegen unverändert. Mit der ihm eigenen Unmittelbarkeit und einer Durchzugskraft von 254 Newtonmetern ab der ersten Umdrehung zieht der Motor die Vorderräder in die Spur. Dies geschieht ebenso druckvoll wie geräuscharm, nur das für E-Mobile typische leichte Pfeifen ist zu hören. Der kräftige Anschub kommt nicht von ungefähr, denn das Drehmoment liegt in etwa auf dem Niveau eines 2,5-Liter-V6-Saugmotors.

Angebot für Privatkundschaft

Besser als das Vorgängermodell mit der 24-kWh-Batterie spricht der neue Leaf auf Schubbetrieb an. Beim Loslassen des Fahrpedals oder auf Gefällstrecken reicht schon ein Tempo von drei Stundenkilometern, um die kinetische Energie in Elektrizität zum Laden umzuwandeln. Ansonsten kommt der Fahrstrom aus der Steckdose. Am häuslichen Netz dauert ein kompletter Ladevorgang sieben bis acht Stunden, während eine "Quick-Charge"-Einrichtung, die 50 Kilowatt Gleichstrom zum Fahrzeug führt, in 30 Minuten 80 Prozent der Kapazität wieder herstellen kann.

Der tiefe Schwerpunkt fördert das problemlose Handling des Nissan Leaf.

Der tiefe Schwerpunkt fördert das problemlose Handling des Nissan Leaf.

(Foto: Wolfgang Groeger-Meier)

Der vergrößerte Aktionsradius ist nicht die einzige Neuerung, die Nissan den Leaf-Kunden anbietet. Das Infotainment-System NissanConnect wurde überarbeitet, mit neuer Bedienoberfläche und neuen Funktionen versehen. Wie es der Nutzer von seinem Smartphone gewohnt ist, kann er auf dem Touchscreen-Monitor tippen, zoomen und scrolen. Was nach wie vor nervt, ist die fehlende Horizontal-Verstellbarkeit der Lenksäule. Das sollte in einem Fahrzeug der Golf-Klasse Standard sein. "Wir sind nicht zufrieden mit der Entwicklung des Elektro-Marktes in Deutschland", sagt Nissan-Geschäftsführer Thomas Hausch. Der vom Sachwalter hubraum- und PS-starker SUV-Interessen zum Propheten der E-Mobilität geläuterte Manager hofft, mit der Verlängerung der Reichweite des neuen Leafs vor allem auf die Privatkundschaft ansprechen zu können.

Diese Kunden schaffen in der Regel ein Auto pro Haushalt an und wünschen sich daher einen großen Aktionsradius. Bisher sind die privaten Halter eher unterrepräsentiert. Mehr als zwei Drittel der in Deutschland zugelassen Leaf-Fahrzeuge laufen in den Flotten gewerblicher Nutzer. Mit der leistungsstärkeren Batterie kostet der Wagen mindestens 28.060 Euro, wobei dieses Rechenbeispiel auf der Variante der Mietbatterie basiert. Bei Batteriekauf in das Fahrzeug für 33.960 Euro zu haben. Die dann erworbene Acenta-Ausstattung umfasst 16-Zoll-Leichtmetallfelgen, Infotainment-System inklusive Digital-Radio, Regensensor, Tempomat und eine Fernsteuerung für die Ladefunktion.

Quelle: ntv.de

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