
Gerät nur selten in Rage, und wenn, dann auf eine äußerst vornehme Art: King Charles III.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Wollen Sie Englisch sprechen wie Charles III.? Dann gilt es einige Regeln zu beachten, die etwa lauten: auf eine vornehme Art fluchen, Gefühle ausdrücken und sich vorbildlich aus der Affäre ziehen. Wem das zu kompliziert ist, der sollte sich am Wortschatz des Königs entlanghangeln.
Wer genau hingehört hat, konnte während der Krönung von King Charles eine Reihe englischer Begriffe mitnehmen, die wenig alltäglich sind. Allen voran solemn - was "festlich" oder "getragen" bedeutet. Oder pageantry (gesprochen pädschn'tri) - der "Prunk". Oder anointment - die "Salbung", die man nicht mit "ointment" verwechseln sollte: die Salbe aus der Apotheke.
Das umstrittenste Wort war Homage (gesprochen hommitsch) - die "Huldigung". Jonathan Dimbleby, ein geschätzter Journalist und langjähriger Freund von Charles, hatte öffentlich erklärt, dass dem König wohl nichts peinlicher sei als die Vorstellung, dass das Volk ihm huldigt. Die von Erzbischof Justin Welby - einem früheren Manager in der Ölindustrie - vorgeschlagene homage of the people war daraufhin sprachlich entschärft worden.
Das Wort, das unterdessen über allem thronte, war "sovereign". Für Republikaner war es wieder eine Gelegenheit, zu erkennen, was sie von Menschen in einer Monarchie unterscheidet: Während die Deutschen gemeinsam "den Souverän" bilden, sind Briten das, was wir seit mehr als 100 Jahren hinter uns haben: Untertanen - subjects! Mögen sie sich auch wie Bürger fühlen - und ohne Zweifel bürgerliche Rechte besitzen - ist ihr "Souverän" einzig der Monarch - the sovereign.
Wie flucht der König?
Womit ich beim Hauptakteur bin, der am Tag seiner Krönung nicht viel gesagt hat. Wer weiß - vielleicht war ihm der mittelalterliche Akt der göttlichen Weihe tatsächlich ein bisschen peinlich. Charles ist zuzutrauen, dass er nicht glaubt, von Gott eingesetzt zu sein - von welchem überhaupt? Sein Gesicht in der Kirche hatte auf jeden Fall zitronige bis schmerzerfüllte Züge.
Doch als King muss sich Charles mehr denn je in Abstand und Würde, Vorsicht und Konformität üben - und nicht zuletzt in Vorbildlichkeit, wenn er spricht. Und flucht! Denken Sie nur an die Panne mit dem Füller - kurz nach dem Tod von Elizabeth II. im September 2022.
Während Untertanen und unsereins als Denglische Patienten gerne mit "fucking" um sich werfen, benutzt Charles einen sehr vornehmen Kraftausdruck: stinking! Ich habe ihn sofort in meinen aktiven Wortschatz übernommen, und ich kann Ihnen nur dasselbe empfehlen. Er funktioniert herrlich und überall, auch gegenüber ungeduldigen Kollegen oder in meinem Fall Redakteurinnen:
You and your stinking deadlines!
Die Sprache eines britischen Monarchen verlangt zwangsläufig butterweiche Formulierungen, die nichts preisgeben, aber gut klingen. Man könnte sagen: To speak like a Royal is to say nothing by using generalities and waffling with grandeur.
Mit Worten aus der Affäre ziehen
Einerseits hat der King formerly known as Prince in den vergangenen Jahrzehnten nicht unbedingt mit Wertungen an sich gehalten. Nicht in der respektlosen Art seines Vaters, aber mit einer spürbaren Lust auf eine eigene Meinung, die insgesamt eine britische Eigenart ist. Immer wieder fällt mir auf, dass im Vereinigten Königreich flapsige Kommentare und persönliche Einschätzungen möglich sind, die bei uns undenkbar wären. Das erklärt, warum dort Karrieren beginnen, wenn sie bei uns ein für alle Mal zu Ende wären. Denken Sie nur an Boris Johnson.
Andererseits war es auch Charles, der sich schon legendär mit Worten aus der Affäre geschlichen hat - und das sogar sprichwörtlich, nämlich als er 1981 vor laufender Kamera gefragt wurde, ob er seine Frau Diana liebe - if he was in love with her. Seine Antwort "Whatever 'in love' means" verlieh Dianas Gesicht einen Ausdruck, der erahnen ließ, dass die Ehe nicht überleben würde.
Charles' Universalwaffe
Für alle, die Englisch ein bisschen mehr wie Charles sprechen möchte, habe ich nach seinen ersten öffentlichen Reden die folgende Liste mit Begriffen zusammengestellt:
- profound/profoundly Ohne Zweifel ein Lieblingswort von Charles. Er benutzt es ziemlich häufig, zum Beispiel: We mourn profoundly - was sinngemäß bedeutet: "Wir trauern wirklich, echt jetzt!" Sie merken schon, ich bin etwas kritisch, was den Einsatz betrifft, weil man schon deutlich über allen anderen stehen muss, um nicht wie ein Klugscheißer zu wirken - ganz einfach, weil die Tiefe dieses Begriffs voraussetzt, dass man selbst profunde Kenntnisse besitzt. Bevor Sie also anderen profound knowledge oder Ähnliches attestieren, sorgen Sie für ausreichend Glaubwürdigkeit.
- deep/deeply Charles' Universalwaffe, die die er gerne als Bewertungsverstärker einsetzt, a la deep concerns, deep feeling oder deep regrets. Wenn nicht wirklich große Gefühle oder große Krisen ausgebrochen sind, wirkt es schnell übertrieben und wichtigtuerisch.
- unique Mit Vorsicht zu gebrauchen, weil es überflüssig und banal ist, andere Menschen als unique zu beschreiben - the King is unique. Schließlich ist jeder Mensch von Natur aus einzigartig. Im direkten Vergleich von Leistungen und Eigenschaften hingegen ein schlagendes Argument: the valet's humour is unique and so is his service to the King - diesen Kammerdiener gibt es nur einmal!
Wo Laber-Alarm droht
- heartfelt Ein großes Wort - a bit of a mouthful -, das geeignet ist, um ein ehrliches Empfinden zu unterstreichen: a heartfelt wish - ein Herzenswunsch oder heartfelt sympathy - tiefes Mitgefühl. Vorsicht ist in der Kombination mit abstrakten Dingen geboten - etwa a heartfelt project. Dasselbe gilt für die Steigerung, die Charles in seiner TV-Ansprache gewählt hat: most heartfelt - sinngemäß: zu allertiefst. Sie war dem Anlass entsprechend, aber würde im Alltag übertrieben und anbiedernd klingen.
- beloved Wenn Sie jemanden lieben, sollten Sie es auch sagen: my beloved Peter. Sonst nicht.
- inspiring Ein Kandidat fürs Bullshit Bingo - an inspiring project - genauso wie ein sinnvoller und ehrlicher Hinweis auf die Ursprünge ihrer Ideen und Taten - an inspiring experience abroad. Es kommt also darauf an.
- unequaled Für beispiellos Gutes wie Schlechtes jederzeit einsatzbereit - vor allem, weil man schön offen lassen kann, was gemeint ist und dadurch Spannung erzeugt: Peter's unequaled column …
- overwhelming Großer Laber-Alarm! Weil man wirklich Überwältigendes eher auf einer Bühne als im Büro findet. Aber sollte Sie der Boss demnächst mit einer Gehaltserhöhung überraschen, wäre das wahrlich overwhelming.
darling wife, darling mama, darling papa
- steadfast Ein seltenes, aber schönes Wort, um wahre Standhaftigkeit auszudrücken. Doch wer kann das schon von sich oder anderen behaupten? Dasselbe gilt für unswerving - unerschütterlich. Charles liebt solche Wörter.
- fearless Seit Roman Polanskis herrlicher Komödie "The fearless Vampire killers" - auf Deutsch: "Tanz der Vampire" - ist dieses Wort in meinem Kopf. Es eignet sich für ernsthafte wie total ironische Bemerkungen, ist also ziemlich britisch.
- darling Ein Hauptwort, das auch als Adjektiv genutzt werden kann. Charles hat es in seiner ersten Ansprache im September gleich drei Male verwendet: darling wife, darling mama, darling papa. Es wurde zum sprachlichen Meme seiner Königwerdung. Wenn Sie behutsam damit umgehen, also Ihre Zuneigung nicht zu oft und weitläufig verschenken, können Sie es daheim oder im Büroalltag vielseitig einsetzen: a darling colleague oder a darling project.
Quelle: ntv.de