Ex-US-Präsident wird 75 Bill Clinton kennt keine Langeweile
19.08.2021, 11:21 Uhr
Ihm ist im Ruhestand nicht langweilig: Bill Clinton
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Acht Jahre lang ist Bill Clinton Präsident der USA. Heute beschäftigt sich der Demokrat vor allem mit dem Schreiben von Büchern und spielt Saxofon. Demnach hat er auch im Ruhestand gut zu tun. Nun feiert der Ehemann von Hillary Clinton seinen 75. Geburtstag.
Das leicht gebräunte Gesicht von Bill Clinton wirkt zwar gealtert, doch es ist kantig und steht in einem attraktiven Kontrast zum kurz geschnittenen eisgrauen Haar, das er straff nach hinten frisiert hat und damit den dynamischen Eindruck noch verstärkt. Ein Mann in den besten Jahren, sagte man wohl früher zu einem wie ihm. Aber das mit den besten Jahren ist ja so eine Sache. Rein biologisch betrachtet hat Bill Clinton die längst hinter sich. Auch in der Karriere dürften keine weiteren Höhepunkte mehr anstehen, schließlich war er von 1993 bis 2001 Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Mehr geht wohl nicht.
Am heutigen Donnerstag wird Bill Clinton nun 75 Jahre alt, und er sieht aus, als genieße er seinen Ruhestand, der für die Privatperson Clinton tatsächlich die besten Jahre sein dürften, zumal sich sein einst brennender Ehrgeiz nun aufs Schreiben von Büchern, Saxofonspielen und all die anderen angenehmen Dinge des Lebens beschränkt.
Das war früher anders. Da hatte William Jefferson "Bill" Blythe III - sein leiblicher Vater William Jefferson Blythe Jr. starb 1946 bei einem Autounfall, den Nachnamen Clinton gab ihm erst Jahre später sein Stiefvater Roger Clinton - den Drang, ganz vorne mitzuspielen. Mit 22 machte er seinen Bachelor an der renommierten Georgetown-Universität in Washington als Wirtschaftswissenschaftler. Schon damals arbeitete er nebenbei als Assistent für den demokratischen Senator J. William.
Bewundert und gefürchtet als Paar
1968 erhielt Bill Clinton ein Stipendium für die Universität Oxford in England, 1973 schloss er ein dreijähriges Jura-Studium an der Elite-Uni Yale ab. Dort hatte er auch seine spätere Frau Hillary kennengelernt, eine ebenfalls brillante Juristin, deren Ehrgeiz noch den ihres Mannes übertreffen sollte. Zusammen waren (und sind) sie ein faszinierendes Power-Couple, von dem Amerika nicht so recht weiß, ob man es bewundern oder fürchten soll.
Nach seiner Lehrtätigkeit als Assistenzprofessor für Rechtswissenschaft an der Universität von Fayetteville (US-Bundesstaat Arkansas) wurde das "Boy Wonder", wie die Presse den jungen Bill Clinton titulierte, mit 30 Generalstaatsanwalt von Arkansas und mit 32 zum jüngsten Gouverneur des Landes.
Die Wiederwahl 1980 hatte er zwar verloren, aber bei den Wahlen zwei Jahre später holte er sich das Amt zurück. Nun war Bill Clinton auch für die demokratische Partei ein großer Hoffnungsträger. Und tatsächlich gewann 1992 der jugendliche Gouverneur von Arkansas die Präsidentschaftswahl. Da war er gerade mal 46.
Zwei Amtszeiten regierte Bill Clinton im Weißen Haus. War er ein großer Präsident? "Die Amtszeit des 42. Präsidenten war nach dem Bankrott des Ostblocks von einem unvergleichlichen Wirtschaftsboom geprägt - die goldenen 1990er-Jahre", schreibt das "Manager Magazin". "Ihm gelang sogar das Kunststück, Etatüberschüsse zu erzielen - heute klingt das wie Schlaraffenland. Politisch gesehen war Clinton, der geborene Rhetoriker mit Verführungsqualitäten, schlichtweg ein Sonntagskind."
Und der "Deutschlandfunk" urteilt: "Frieden, Wohlstand und Skandale: So sehen viele Amerikaner heute die Ära von Bill Clinton. Als er das Amt verließ, machte man zwar schmutzige Witze über ihn, trotzdem genoss er die höchste Zustimmung, die ein scheidender amerikanischer Präsident je erfahren hat."
"Slick Willie" (aalglatter Willie), auch so nannten ihn die Journalisten. Denn er soll bereits als Generalstaatsanwalt von Arkansas eine langjährige außereheliche Beziehung gepflegt haben. "Slick Willie" bestätigte das nicht direkt, sondern gab später in Anwesenheit seiner Frau Hillary lediglich zu, es hätten seinerzeit "Probleme in der Ehe" bestanden.
Die Affäre mit Lewinsky
Das ist eine ausgesprochene Spezialität von Bill Clinton: etwas zugeben - und gleichzeitig dementieren. Beispiel: Als man ihm im Präsidentschaftswahlkampf Drogenkonsum vorwarf, gab er zu, als junger Mann Marihuana geraucht - aber nicht inhaliert - zu haben.
Auch im größten Skandal seiner Karriere, der Lewinsky-Affäre, die zu einem (gescheiterten) Amtsenthebungsverfahren führte, leugnete er hartnäckig, als Präsident mit der damaligen Praktikantin Monica Lewinsky "eine sexuelle Beziehung" unterhalten zu haben. Später räumte er ein, dass er im Weißen Haus "nur" Oralsex mit Lewinsky hatte.
Im Laufe dieses Verfahrens, das eigentlich Clinton- statt Lewinsky-Skandal heißen müsste und heutzutage unweigerlich mit dem Rücktritt des Präsidenten geendet hätte, wurden auch die Vorwürfe anderer Frauen laut. Geschichten, die nun mal - bei allen politischen Verdiensten - untrennbar zur Vita sowie zum Ruf von Bill Clinton gehören, der im Ruhestand mit großer Überzeugungskraft den Elder Statesman gibt. Nach zwei Herz-OPs demonstriert er die souveräne Gelassenheit eines Mannes, der alles im Leben erreicht hat.
Später Redner und Schriftsteller
Bill Clinton kämpft mit seiner Clinton-Stiftung für preiswertere Aids-Medikamente und engagiert sich für behinderte Menschen. Und er macht eine zweite Karriere als Redner und Schriftsteller: Für seine Memoiren "My Life" kassierte er einen zweistelligen Millionenbetrag. Soeben hat er mit dem Schriftsteller James Patterson den Polit-Thriller "Die Tochter des Präsidenten" veröffentlicht. Bereits 2018 hatte das Autoren-Duo mit dem Roman "The President is missing" einen Bestseller-Erfolg.
Eigentlich lief nur eine Planung im Haushalt Clinton gründlich schief: Ehefrau Hillary Clinton, zuvor Senatorin von New York und Außenministerin der USA, wollte die erste US-Präsidentin werden. Sie unterlag 2016 einem gewissen Donald Trump. Da wurde es nichts mit Bill Clintons Lieblingstitel "First Dude" - erster Kumpel der Nation. Stattdessen geistert immer noch ein Bonmot über ihn von Präsident George W. Bush, einst politischer Gegner, heute ein Freund, durch Washington: "Wäre Clinton die 'Titanic', der Eisberg wäre gesunken".
Quelle: ntv.de, nan/spot