Olli Schulz macht das Schaf "Jan Böhmermann wäre gern wie ich"
09.12.2016, 12:26 Uhr
Wird in "Sing" zum Synchronsprecher: Olli Schulz.
(Foto: Universal Pictures)
Mit "Mach den Bibo" trat Olli Schulz einst beim Bundesvision Song Contest an. Im Kino macht er nun ein Schaf - als Synchronsprecher im Film "Sing". Doch im n-tv.de Interview geht es auch um Alkohol, Sarah, Pietro, Klaas, Bunga-Bunga und natürlich Jan Böhmermann.
n-tv.de: In "Sing" geht es ja um eine Castingshow. Wäre die Teilnahme an einer solchen Show für dich als Musiker je eine Option gewesen?
Olli Schulz: Nein. Dafür bin ich vor 15 Jahren nicht angetreten. Ich bin als Musiker auch nicht angetreten, weil ich so eine tolle Stimme habe, sondern weil ich mit dem Leben unglücklich war, gehadert habe, Liebeskummer hatte, mir viele Fragen gestellt habe und vielleicht einen kleinen schwarzen Fleck auf der Seele hatte. Das ist ein großer Unterschied zu so einem Casting-Ding.
Du scheinst von Castingshows also nicht viel zu halten …
Nein, ich bin aber auch kein großer Gegner davon oder so. Es gibt ja einen Markt dafür. Und es gibt eine Berechtigung, dass Leute das machen dürfen. Aber die Leute dort sollen nicht denken, sie wären Musiker. Sie sind in erster Linie Fans, die ein Lied nachsingen. Dafür werden sie eine Zeit lang im Fernsehen abgefeiert.
Wie war es dann, als du das das Angebot für die Synchronrolle in "Sing" bekommen hast?

Zwischen Olli Schulz und Eddie gibt es durchaus ein paar Gemeinsamkeiten.
(Foto: Universal Pictures)
Als mir angeboten wurde, Eddie, das Schaf zu sprechen, fand ich es zunächst schön, überhaupt mal eine Rolle für so einen Animationsfilm zu kriegen. Aber stimmt schon, als mir zugetragen wurde, dass es um eine Castingshow geht, habe ich erst einmal gezweifelt: "Ich unterstütze keine Castingshows." Dann habe ich mir aber den Film angucken dürfen. Und ich fand ihn gar nicht so Castingshow-mäßig. Eigentlich geht es in dem Film um einen Talentwettbewerb - wie es ja früher auch einfach hieß - von Leuten, die alle eine Leidenschaft haben und das Theater und die Musik lieben.
Entdeckst du Gemeinsamkeiten zwischen dir und Eddie, dem Schaf?
Leider bin ich nicht mit so einem goldenen Löffel im Mund geboren worden. Aber in mancher Hinsicht ist mir Eddie nicht ganz unähnlich. Er liegt gern auf der faulen Haut, hat den Sinn seines Lebens noch nicht so richtig gefunden und hat einen Life-Coach, den ihm seine Familie gestellt hat. Er gammelt so im Pool-Haus rum, sitzt auf dem Sofa und spielt Computer. Ich kenne diese großen Phasen des Nichtstuns und Abschaltens: Zack, eine Staffel "True Detective" an einem Tag - Handy aus, Termine absagen, Chips kaufen, Nachos im Ofen überbacken und ein bisschen verwahrlosen. Drei Tage später wird das Bett neu bezogen und man fängt wieder an, sich aufzubauen.
"Sing" ist nicht deine erste Filmrolle, aber deine erste Synchronrolle. Wie leicht oder schwer ist dir das gefallen?
Ich versuche gerne, so zu tun, als würde ich alles so nebenbei machen. Aber das war am Anfang schon ein bisschen Arbeit. Man muss einen bestimmten Duktus und eine eigene Sprache finden, die man auch über den ganzen Film beibehält. Die ersten zwei Stunden waren hart. Da hatte ich echt ein wenig Schiss, dass es nichts wird. Aber die Synchro-Regisseurin hat mich gelenkt und wirklich sehr geschliffen.
Auch Klaas Heufer-Umlauf, den du durch die Zusammenarbeit im Fernsehen ja bestens kennst, hat mit der Maus Mike eine Sprechrolle in dem Film. Habt ihr mal über die Rollenverteilung diskutiert?
Nein, Klaas wurde seine Rolle angeboten und mir meine. Dass wir da beide zusammen mitgemacht haben, war ein freudiger Zufall.
Wir kennen dich im Fernsehen ja nicht nur an der Seite von Klaas und Joko Winterscheidt, sondern auch von Jan Böhmermann. Mit wem arbeitest du eigentlich lieber zusammen?
Das kann ich so nicht sagen. Ich habe mit Joko und Klaas angefangen. Und vor allem Klaas ist auch privat ein sehr guter Freund von mir.
Joko nicht so?
Joko auch - er ist vor allem auch jemand, mit dem man sehr gut trinken und eine Abendkultur bestreiten kann. Aber Klaas kenne ich schon länger. Ich hatte schon mal eine Fernsehzeit mit einer Talksendung beim NDR, die fürchterlich in die Hose gegangen ist. Da hätte ich nicht gedacht, dass ich nochmal was fürs Fernsehen machen würde. Dann kam Klaas mit einer Anfrage für "Neo Paradise". Irgendwie sind wir zusammengewachsen, bis "Circus HalliGalli" entstanden ist. Ich habe Klaas freundschaftlich einiges zu verdanken. Jan wiederum habe ich ein bisschen später kennengelernt - 2009. Aber ich kann da keine Bewertung abgeben. Ich mag beide auf ihre Art und Weise sehr gern.
Wenn man manchmal erlebt, wie du dich mit Jan herzt, könnte man sich aber schon fragen, wann bei euch die Hochzeitsglocken läuten …
(lacht) Ja, das gibt es alles. Jan und ich gaukeln den Leuten auch nichts vor. Aber es gibt zum Beispiel in unserem Podcast auch Momente, in denen wir uns mal nicht so gut verstehen. Da fährt er mir über den Mund oder ich beschuldige ihn für irgendetwas, das mich nervt. Dann gibt es wieder die Momente der großen Freude, wenn wir etwas zusammen machen und merken, dass wir uns blind verstehen. Darauf kommen wir immer wieder zurück.
Gibt es manchmal Konkurrenzgedanken?
Nein, wir stehen uns ja auch nicht im Weg. Ich mache meine Musik und er ist halt der Fernsehtrottel - er kann ja nichts anderes. Ich bin dagegen nur manchmal der Fernsehtrottel. Ich kann mich auch in der Hochkultur austoben. Neulich habe ich beispielsweise was für eine Sendung mit Alexander Kluge gemacht. Ich bin ein auf allen Saiten bespielbares Instrument der öffentlichen Medienkultur, während Jan natürlich wahnsinnig limitiert ist. Da ist er auch sehr neidisch. Tief im Herzen wäre er gerne so wie ich.
Wenn man sich manche Sachen von dir anguckt, wie du etwa als "Schulzkowski" betrunken Leute belästigst oder für Joko eine Bunga-Bunga-Party schmeißt, schämt man sich als Zuschauer schon ein bisschen fremd. Hast du keine Schamgrenzen?
Nun ja, ich weiß schon genau, was ich da mache. Ich will ja in dem Augenblick etwas auslösen. Ich mache das alles in dem Bewusstsein, dass jetzt gleich ein paar Leute zusammenzucken werden. Das finde ich super! Die Momente des Unangenehmen finde ich oft gut. Es ist nur nicht gut, wenn es immer nur auf Kosten anderer Leute geht. Aber ich habe mich ja sehr oft auch selbst zum Affen gemacht. Ich finde, wenn man das macht, darf man auch mal Til Schweiger verarschen.
Wie betrunken warst du als "Schulzkowski" wirklich?
Ich kann das jetzt mal entmystifizieren: Ich war schon sehr betrunken. Aber nie so betrunken, dass ich die Kontrolle verloren hätte. Ich bin kein großer Alkoholtrinker. Doch wenn ich trinke, habe ich immer noch meine Kontrolle. Ich bin ein absoluter Kontrollmensch, der sich allerdings gern in einen Zustand des Infantilen fallen lässt. Dann kann ich sofort loslegen und zum Beispiel auch auf Knopfdruck cholerisch werden.
Mit Blick auf Böhmermann hast du in einem Interview gesagt, du hättest den türkischen Präsidenten Erdogan nicht so angegriffen, wie er es getan hat …
Ja, weil es nicht mein Aufgabenbereich ist. Ich darf meine eigene Meinung haben, aber ich muss nicht auf Teufel komm raus damit hausieren gehen. Ich finde es wichtig, eine Haltung zu haben. Ich finde aber auch, dass man die auf andere Art und Weise umsetzen kann, als es in dem Fall passiert ist. Ich fand das Gedicht nicht gut. Ich fand die ganze Aktion nicht gut. Aber ich bin auch kein Satiriker. Was ich aber vor allem auch nicht gut fand, war der Umgang mit Jan danach. Das war ein Riesenfehler - von den Medien, von der Kanzlerin und von vielen anderen Leuten.
Wieso denkst du das?
Jan ist so talentiert und hat über die letzten Jahre hinweg so tolle Sachen gemacht, über die die Jugend genauso redet wie ältere Leute. Er hat wirklich neue Maßstäbe gesetzt. Die kann man teilweise ja grenzwertig finden, aber teils sind sie auch echt genial. Dass man mit so einem jungen Künstler, der mal frischen Wind reinbringt, so umgeht, war völlig daneben und desaströs.
Grundsätzlich hat man bei euch den Eindruck, dass Böhmermann eher der Zyniker ist, während du der beschwichtigende Part bist. Stimmt das?

Im Fernsehen gibt es 2017 eine weitere Staffel "Schulz und Böhmermann".
(Foto: picture alliance / dpa)
Vielleicht. Ich bin gerne derbe. Ich bin gerne laut. Aber ich habe trotzdem das Gefühl, ein Taktgefühl in mir zu haben und zu wissen, wann es mal nicht angebracht ist. Vielleicht ist das aber auch vermessen. Ich habe mich bestimmt auch schon mal daneben benommen oder was Falsches gesagt. Das passiert jedem, der sich so weit hinaus wagt. Und Jan provoziert auch gerne mal und legt es drauf an. Ich lege es auch gern drauf an, will mich danach aber am liebsten sofort entschuldigen und wieder mit allen vertragen.
Wen würdest du denn eher ins humoristische Visier nehmen - Sarah und Pietro oder Donald Trump?
Natürlich Donald Trump - weil ich die anderen gar nicht kenne. Ich weiß, Jan befasst sich mit denen. Und ich frage mich: Warum macht er das? Das sind irgendwelche Arschproleten, die durch so eine Castingshow mal kurz bekannt geworden sind und denen man bestimmt nichts Gutes tut, weil sie das mit ihren Erbsenhirnen sowieso alles nicht begreifen können. Sich dann noch über sie lustig zu machen, ist für den Arsch. Lasst die beiden doch. Dass das nicht die hellsten Kerzen auf der Torte sind, sieht man doch von weitem.
Inzwischen hat man den Eindruck, dass du eigentlich fast alles machen kannst, was du willst: Musik, Fernsehen, Radio oder jetzt eben eine Synchronrolle wie in "Sing". Du müsstest ein sehr glücklicher Mensch sein …
Ich bin gerade auch relativ glücklich. Oder sagen wir mal so: Ich habe mein Glück oder Unglück nie an meinem Erfolg festgemacht. Ich glaube, eine gewisse Melancholie, Schwermütigkeit und das Hadern mit sich selbst ist bei vielen Künstlern vorhanden. Von daher bin ich glücklich im Unglücklichsein. Ich war auf jeden Fall nie jemand, der alles für selbstverständlich genommen hätte. Und ich werde jetzt auch nicht anfangen, mich als den Geilsten abzufeiern.
Aber zumindest Geldprobleme dürftest du doch derzeit nicht haben, oder?
Geldprobleme hatte ich immer mal wieder in meinem Leben. Die werden vielleicht auch mal wieder kommen, weil ich mit Geld einfach nicht gut umgehe und es mir auch nicht so wichtig ist. Deswegen mache ich das alles nicht. Ich möchte mich nur bis zur Zielgeraden des Lebens einigermaßen gut beschäftigen können und ein paar halbwegs gescheite Sachen machen. Das reicht schon.
Mit Olli Schulz sprach Volker Probst
"Sing" läuft derzeit in den deutschen Kinos
Quelle: ntv.de