Der "Tatort" im Schnellcheck Auch Pathologen haben dunkle Geheimnisse
18.11.2023, 15:04 Uhr Artikel anhören
Kennen sich jahrelang, ohne sich wirklich zu kennen: Dr. Vogt (Jürgen Hartmann, l.) und die Ermittler Bootz (Felix Klare, M.) und Lannert (Richy Müller).
(Foto: SWR / Patricia Neligan)
Rechtsmediziner haben im "Tatort" meist eine klar definierte Nebenrolle: Etwas merkwürdig müssen sie sein, um die miese Stimmung in der Pathologie mit Sprüchen aufzulockern. "Vergebung" macht den Sidekick zur Hauptfigur.
Rechtsmediziner haben im "Tatort" meist eine klar definierte Nebenrolle: Etwas merkwürdig müssen sie sein, um die miese Stimmung in der Pathologie mit Sprüchen aufzulockern. "Vergebung" macht den Sidekick zur Hauptfigur.
Was passiert?
Im Neckar wird die Leiche eines mittelalten Mannes angeschwemmt. Weil das immer wieder vorkommt, hält sich die Aufregung bei den Stuttgarter Kommissaren Bootz (Felix Klare) und Lannert (Richy Müller) zunächst in Grenzen. Nur Dr. Vogt (Jürgen Hartmann) ist sichtlich erschüttert: Der Rechtsmediziner kannte den Toten, in den 80ern waren die beiden eng befreundet.
Im Alleingang stellt der Pathologe Nachforschungen an und stößt dabei auch immer tiefer in Bereiche vor, die er jahrzehntelang verdrängt hatte. Dass Dr. Vogt ein dunkles Geheimnis mit sich herumträgt, fällt bald auch Bootz und Lannert auf, die die Welt nicht mehr verstehen: Was verbirgt ihr langjähriger Kollege vor ihnen? Und was hat Sandra, die Frau des Verstorbenen (Ulrike C. Tscharre), mit der ganzen Sache zu tun?
Worum geht es wirklich?

Was hat Dr. Vogts Jugendfreundin Sandra (Ulrike C. Tscharre) mit dem Fall zu tun?
(Foto: SWR / Benoît Linder)
Pathologen sind in "Tatort" und "Polizeiruf" traditionell eher drollige und meist etwas schräge Stichwortgeber. In "Vergebung" wird der Sidekick zum Hauptdarsteller und Hauptverdächtigen: "Plötzlich gerate ich in die Zange, in der normalerweise die Verdächtigen stecken", sagt der Vogt-Darsteller über seine Rolle im Film. Und die steht Hartmann ausgesprochen gut.
Wegzapp-Moment?
Es gibt Dinge, die funktionieren im "Tatort" einfach nicht, Lyrik zum Beispiel. Dass ein Gedicht des Schweizers Conrad Ferdinand Meyer aus dem 19. Jahrhundert gleich mehrfach auftaucht, macht es auch nicht besser: "Jüngst im Traume sah ich auf den Fluten / Einen Nachen ohne Ruder zieh'n (...) Herz, ich trinke dir Vergessen zu". Genau, vergessen wir das Ganze.
Wow-Faktor?
Die Szene, in der Dr. Vogt seinem Jugendfreund den Schädel aufsägt, hin- und hergerissen zwischen Professionalität, Verlustgefühlen und Schuldbewusstsein.
Wie ist es?
8 von 10 Punkten. "Vergebung" ist ein ungewöhnlicher Fall mit einem stark aufspielenden Jürgen Hartmann. Der Film schafft trotz prächtigster Sommerbilder eine faszinierend melancholische Grundstimmung. Allein im Abgang schwächelt er ein bisschen.
Quelle: ntv.de