Reminiszenztherapie im "Tatort" Ein Königreich für eine Erinnerung


Peter Franke spielt den demenzkranken Dr. Prinz mit großer Eindringlichkeit.
(Foto: BR / Tellux Film GmbH / Hendrik Heid)
Im aktuellen "Tatort" wird ein demenzkranker Therapeut zum heimlichen Hauptdarsteller und richtet die Aufmerksamkeit auf ein neuropsychologisches Schreckgespenst: Demenz. Was tun wir, wenn die Erinnerungen plötzlich verschwinden?
Tag für Tag nimmt jeder Mensch so viele Informationen auf, dass es unmöglich ist, sie alle bewusst im Gedächtnis zu behalten. Was am Ende hängenbleibt, bezeichnen wir als Erinnerungen. Ihre Gesamtheit ist das, was uns als Menschen ausmacht, ohne sie sind wir dagegen nur ein blankes Blatt Papier. Auch deswegen ist die Angst vor ihrem Verlust eine, die wahrscheinlich jeder nachvollziehen kann. Der aktuelle Münchner "Tatort" greift das Thema auf und macht einen dementen Psychotherapeuten zum heimlichen Hauptdarsteller.

Ermittler unter sich: Die Münchner Kommissare und die Reminiszenztherapeuten.
(Foto: BR/Tellux Film GmbH/Hendrik Heid)
In "Flash" ermitteln die Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) in einem 35 Jahre alten Mordfall, der einzige noch lebende Zeuge ist ebenjener demente Dr. Prinz (Peter Franke). Um dem Mann die vermeintlich essenziellen Infos zur Überführung des Täters zu entlocken, bitten sie Professor Vonderheiden (Andrè Jung) um Hilfe, der als Spezialist für Reminiszenztherapie gilt. Mit ihrer Hilfe versetzt der Neuropsychologe die Bewohner seines Instituts physisch und psychisch in ihr altes Leben: In aufwendig gezimmerten Kulissen und zusammen mit verkleideten Protagonisten können die Demenzkranken noch einmal die Tanztees ihrer Jugend nacherleben - oder, wie im Fall von Dr. Prinz, in einem Nachbau der alten Therapie-Praxis bei der Aufklärung eines lange zurückliegenden Falles mithelfen.
Ernüchternde Studienergebnisse
Tatsächlich erfährt man im Laufe des Films, dass es weniger um die Informationen des dementen Therapeuten geht als vielmehr darum, seinen früheren Schüler aus der Reserve zu locken, aber das ist ob des eindringlichen Spiels von Peter Franke ohnehin eher Beiwerk. Stattdessen ging es den Produzenten Martin Choroba und Ferdinand Freising darum, einen historischen "Tatort" zu drehen, ohne auf jüngere Versionen der Ermittler ausweichen zu müssen oder die originalen Kommissare direkt in einem 80er-Jahre-Setting auftreten zu lassen.
"Wir hatten von der sogenannten 'Reminiszenztherapie' gelesen, die sich an Demenzkranke richtet", erklären Choroba und Freising. "Hierbei werden Räumlichkeiten wieder aufgebaut, die dem dementen Patienten aus früheren Jahrzehnten sehr vertraut sind: das damalige Wohnzimmer, das Büro und so weiter. Sobald der demente Patient sich in diesen altvertrauten Settings bewegt, kann dies dazu führen, dass Langzeiterinnerungen reaktiviert werden, was dem Patienten wiederum hilft, sich in seiner Wahrnehmungswelt zurechtzufinden."
Ganz so aufwendig wie im "Tatort" läuft es in der Realität dann allerdings doch eher selten ab: Üblicherweise sollen sich die Patienten mithilfe von alten Fotos, Briefen oder persönlichen Gegenständen an frühere Erlebnisse und Erfahrungen erinnern. Ob und wie gut genau die Lebensqualität und das Erinnerungsvermögen der Behandelten dadurch tatsächlich steigen, ist zwar noch nicht abschließend geklärt, aktuelle Studien legen aber ein eher ernüchterndes Ergebnis nahe.
Quelle: ntv.de