Neues RTL/ntv Politiker-RankingBas verliert dramatisch an Ansehen, Reichinnek ist Star des Ostens
Viel Bewegung im Politiker-Ranking des RTL/ntv Trendbarometers: Während die ewig selben Herren Pistorius und Wüst weiter die Spitzenpositionen besetzen, gibt es dahinter reichlich Gewinner und Verlierer. Vor allem Politiker der Mitte müssen Minuspunkte hinnehmen.
Die geringen Zuspruchswerte für Bundeskanzler Friedrich Merz und seine schwarz-rote Regierungskoalition spiegeln sich auch im neuen Politiker-Ranking, das Forsa für das RTL/ntv Trendbarometer ermittelt hat. Während Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst zwar das Ranking weiter anführen, verlieren fast alle Vertreter von Union und SPD an Ansehen oder stagnieren zumindest. Zulegen können dagegen die politischen Ränder, sowohl Politiker der Linken als auch der AfD legen zu. Ein Hoffnungszeichen enthält das Politiker-Ranking für die Grünen.
Im Forsa-Politiker-Ranking wird regelmäßig ermittelt, bei welchen Politikern die Bürger das Land "in guten Händen" sehen. Ihre Einschätzung können die Befragten mit Werten von 0 ("ist überhaupt nicht in guten Händen") bis 100 ("ist voll und ganz in guten Händen") abgeben. Seit nun bald drei Jahren ist Pistorius der nach diesem Ranking beliebteste Politiker im Land. Im Vergleich zum Oktober fällt er zwar um einen Punkt, liegt mit 58 Punkten aber weiter unangefochten vorn und auch noch immer fünf Punkte über dem Februar 2023. Damals war er kurz nach Amtsübernahme direkt auf Platz eins des Rankings eingestiegen.
Mit 53 Punkten genießt nur Hendrik Wüst ein ähnlich hohes Ansehen. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen ist trotz des Verlusts eines Punktes weiter beliebtester Unionspolitiker, CSU-Chef Markus Söder liegt mit unverändert 36 Punkten auf Platz fünf, Bundeskanzler Merz rangiert mit 32 Punkten auf Rang neun. Das sind 3 Punkte weniger als im Oktober und sechs weniger als noch im Mai.
Der Ansehensverlust passt zu den miesen Zufriedenheitswerten des Bundeskanzlers im RTL/ntv Trendbarometer: Dort liegt Merz die zweite Woche in Folge bei einem Negativrekordwert von 22 Prozent zufriedenen Befragten und 76 Prozent, die mit seiner Arbeit unzufrieden sind. So schlechte Werte hatte Forsa für Amtsvorgänger Olaf Scholz nie gemessen, schon gar nicht nach nur sechs Monaten Amtszeit. In einer Runde mit Bürgern zeigte sich Merz am Montagabend selbstkritisch: "Ich bin noch nicht zufrieden mit dem, was wir erreicht haben", sagt er in der ARD über die ersten Monate seiner Kanzlerschaft.
Beliebter als Merz sind auch die CDU-Politiker Johann Wadephul und Thorsten Frei. Außenminister Wadephul verliert aber mit 4 Punkten ordentlich, ebenso Kanzleramtsminister Frei mit einem Verlust von 3 Punkten. Wadephuls Ansehenseinbruch rührt vor allem von den eigenen Anhängern: Bei Wählern von CDU und CSU fällt Wadephuls Beliebtheit im Vergleich zu Oktober von 66 auf 57 Prozent. Der Außenminister war innerhalb seiner Parteienfamilie in die Kritik geraten, nachdem er in Syrien angesichts der Zerstörungen Zweifel geäußert hatte an der baldigen Rückkehr zahlreicher Flüchtlinge aus Deutschland.
Ähnliches Bild bei der SPD: Die Bundesarbeitsministerin und Co-Parteivorsitzende fällt bei den SPD-Anhängern im Oktober-Vergleich um 7 Punkte auf 58 Punkte. Unter allen Befragten beträgt der Ansehensverlust 5 Punkte, was sie zur größten Verliererin im neuen Politiker-Ranking macht. Über den Zeitraum Mai bis Dezember hat Bas sogar 12 Punkte an Vertrauen verloren. Mit diesem Negativwert kann nur Wirtschaftsministerin Katherina Reiche mithalten, die auf ein Minus von 11 Punkten kommt.
Allerdings spielt Reiche in ihrer CDU eine ungleich weniger wichtige Rolle als die frühere Bundestagspräsidentin Bas in der und für die SPD. Als Bundesministerin für Arbeit und Soziales steht sie seit Wochen im Fokus, weil die Reformen der Rente und des Bürgergelds in ihr Ressort fallen. Sie muss sich gleichzeitig Kritik von links wie von rechts erwehren: Die SPD-Linke fordert unsoziale Einschnitte abzuwehren, konservativere Sozialdemokraten sowie der große Koalitionspartner Union fordern angesichts hoher Kosten drastische Reformen. Zuletzt hatte sich Bas zudem offen mit Teilen der Arbeitgeber gestritten.
Der nach dem schlechten Bundestagswahlergebnis und den Koalitionsverhandlungen mit der Union in der SPD umstrittene Parteichef Lars Klingbeil dagegen ist einer der wenigen Koalitionsvertreter ohne Vertrauensverluste in der Bevölkerung. Mit 36 Punkten und Platz sieben ist der Vize-Kanzler und Finanzminister zweitbeliebtester Sozialdemokrat, vor SPD-Fraktionschef Matthias Miersch mit unverändert 33 Punkten.
Özdemir ist einsamer Star der Grünen
Nicht abgefragt im Oktober und Mai wurde der Grünen-Politiker Cem Özdemir. Der frühere Agrar- und Verbraucherschutzminister hatte nach dem Aus der Ampelkoalition die Bundespolitik Anfang Frühjahr verlassen. Seither bringt sich Özdemir als Spitzenkandidat seiner Partei für die Nachfolge von Winfried Kretschmann in Stellung, dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und ersten und einzigen grünen Regierungschef. Im neuen Politiker-Ranking liegt Özdemir mit 40 Punkten auf Anhieb auf Platz drei, weit vor der einzigen anderen Grünen-Politikerin in den Top-20, die Bundesparteivorsitzende Franziska Brantner mit 27 Punkten und Platz 16.
Wenn am 8. März im Ländle gewählt wird, setzt Özdemir ganz auf seinen überragenden persönlichen Zuspruch. In der letzten Umfrage im Auftrag von SWR und "Stuttgarter Zeitung" ermittelte Infratest dimap 20 Prozent für die Grünen in Baden-Württemberg und 29 Prozent für die CDU. Deren Spitzenkandidat Manuel Hagel ist aber vergleichsweise profillos und erhält kaum Rückenwind durch die CDU-geführte Bundesregierung, weshalb das Rennen von Beobachtern als offen betrachtet wird.
Reichinnek ist der Star des Ostens
An Vertrauen zulegen können nur die Linke und AfD. Linksfraktionschefin Heidi Reichinnek macht gar zwei Punkte gut und führt mit 32 Punkten und Platz elf die zweite Tabellenhälfte an. Linksparteichef Jan van Aken legt um einen Punkt auf 30 zu. Jeweils einen Punkt mehr als noch im Oktober haben auch die AfD-Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla. Mit 18 und 17 Punkten liegen sie nun vor Sahra Wagenknecht, die die Führung des BSW abgibt und mit nunmehr 15 Punkten den geringsten Zuspruch in den Top 20 genießt.
Wie auch bei früheren Rankings gehen die Meinungen zwischen Ost und West teils weit auseinander. Hendrik Wüst ist im - von Düsseldorf aus betrachtet - fernen Osten mit 49 Punkten beliebtester Politiker und Pistorius mit 43 Punkten nur zweiter. Bundeskanzler Merz kommt mit 21 Punkten nur auf Platz 18 von 20, einzig der Unionsfraktionschef Jens Spahn und die Grünen-Vorsitzende Brantner finden weniger Zuspruch.
Die AfD-Größen Weidel und Chrupalla sind dagegen mit 32 und 30 Prozent im Osten fast doppelt so hoch angesehen wie im Westen. Linksfraktionschefin Reichinnek liegt mit 36 Punkten gar auf Platz drei, gefolgt von Söder auf Platz vier und Weidel auf Platz fünf.
Weil sich viele Bundespolitiker fragen, wie sie AfD-Wähler für sich gewinnen können, lohnt der Blick auf das eigens abgefragte Politiker-Ranking der AfD-Anhänger. Wenig überraschend liegt Weidel mit 80 Punkten vorne, gefolgt von Chrupalla mit 68 Punkten. Wagenknecht kommt auf immerhin 42 Punkte, CDU-Chef Söder auf 31 Punkte. Pistorius und Wüst mit 29 Punkten sowie Innenminister Alexander Dobrindt mit 26 Punkten kommen noch auf ordentliche Werte. Vertreter von Linke und Grünen erzielen dagegen unter AfD-Anhängern einstellige Werte.
