Anleihen, Gold und Öl Die Anlage-Favoriten für 2021
26.12.2020, 06:27 Uhr
Die Angst um das Ersparte geht um. Doch Sparer können sich vor Wertverlusten schützen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Anleihen haben auch in diesem Jahr kaum oder gar keine Zinsen abgeworfen. Aber auch Gold hat zuletzt etwas geschwächelt. Lässt sich außer an den Aktienmärkten nirgendwo mehr Geld verdienen? ntv.de hat drei Experten gefragt. ntv.de hat mit den Finanzmarkt-Experten Michal Wittek, Marco Herrmann und Reinhard Pfingsten die Aussichten für das kommende Jahr diskutiert.
n-tv.de: So richtig Freude haben Anleihen auch dieses Jahr nicht gemacht. Wie hoch ist ihr Anteil in Ihren Kundendepots?

Reinhard Pfingsten arbeitet bei der Bethmann Bank als Chief Investment Officer und ist Mitglied im Management Team des globalen Investment Centers der ABN Amro Gruppe.
Reinhard Pfingsten: Mit Anleihen konnte man schon Geld verdienen, schließlich bedeuten Renditerückgänge im Umkehrschluss Kursgewinne. Aber es stimmt schon, jetzt muss man sich genau überlegen, wo man noch einsteigen möchte. Der Anteil in den Kundendepots hängt von dem jeweiligen Risikoprofil ab.
Marco Herrmann: Bei Stiftungen und kirchlichen Gemeinschaften zum Beispiel machen Anleihen in der Regel mehr als 65 Prozent aus. Bei dem klassischen vermögenden Kunden liegt der Anteil eher bei 30 Prozent und darunter. Unabhängig davon ist der Anteil in den letzten Jahren stetig gesunken.

Michael Wittek ist Portfoliomanager bei Albrecht, Kitta & Co. Vermögensverwaltung und ist für die Anlagestrategie der Vermögensverwaltung verantwortlich.
Michael Wittek: Da sind wir weniger defensiv aufgestellt. In einer klassischen Strategie bewegt sich die Anleihenquote bei circa 20 Prozent.
ntv.de: Und wie verteilt sich das auf Anleihen von Industriestaaten, Schwellenländern und Unternehmen? Investieren Sie auch in High Yields?
Wittek: In Staatsanleihen aus den Industriestaaten investieren wir quasi gar nicht mehr. Wir haben jüngst in chinesische Staatsanleihen investiert. Hierdurch erreichen wir sowohl eine Währungsdiversifikation als auch eine vergleichsweise attraktive laufende Verzinsung. Zudem haben wir in die Lokalwährungen der Schwellenländer investiert, was vom Chance-Risiko-Profil einem High Yield-Investment gleichkommt.

Marco Herrmann ist seit 1992 für renommierte Banken und Fondsgesellschaften tätig. Seit 2010 verantwortet er als Geschäftsführer die Anlagestrategie der FIDUKA.
(Foto: Thomas Niedermueller / niedermueller.de)
Herrmann: Unternehmensanleihen stellen klar den Großteil dar. Selektiv gehören natürlich auch High Yields dazu. So lässt sich zumindest eine noch akzeptable Rendite mit Anleihen erwirtschaften.
Pfingsten: Generell versuchen wir dort zu investieren, wo es noch positive Renditen gibt. Bei Anleihen aus dem Investment-Grade-Bereich wird das immer schwieriger, zumal man ja trotzdem Risiken miteinkauft. Wo es das Risikoprofil zulässt, greifen wir lieber zu Schwellenländeranleihen. High Yields muss man sich genau anschauen. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass es in diesem Bereich noch zu einigen Insolvenzen und Zahlungsausfällen kommen kann.
ntv.de: Nach wie vor kaufen vor allem Notenbaken im großen Stil Staatsanleihen. Können vor diesem Hintergrund die Kurse überhaupt fallen und die Zinsen steigen?
Herrmann: Selbstverständlich wird es trotz der Notenbankkäufe immer wieder Schwankungen geben. In der Summe sind die Anleger immer noch größer als die Notenbanken - und wenn alle zur gleichen Zeit aussteigen wollen, gibt es kurzfristig nicht genügend Liquidität am Markt. Liquidität ist generell ein Problem am Rentenmarkt. Ein Großteil der Papiere ist im Prinzip nicht gut handelbar.
Wittek: Das sehen wir ähnlich. Es wird sehr interessant, ob die Anleger im nächsten Jahr die Notenbanken "testen" werden. Denn ohne die Käufe der Notenbanken in den langen Laufzeiten würden die Zinsen wohl steigen.
ntv.de: Ab was für einer Höhe der Zinsen würden diese für die Verschuldung der Staaten und für die Immobilienmärkte gefährlich werden?
Pfingsten: Eine Regel besagt, dass die Schuldentragfähigkeit solange gegeben ist, wie das Wirtschaftswachstum größer als die Zinsbelastung ist. Das ist natürlich nur eine sehr einfache Daumenregel, die aber verdeutlicht, wie wichtig Wirtschaftswachstum ist.
Wittek: Wenn man ehrlich ist, ist die absolute Zahl für die Staaten in Europa nicht entscheidend. Die Anleihen liegen zu einem Großteil bei der EZB und sind faktisch zinsfrei. Denn die Zinseinnahmen stellen einen Gewinn der EZB dar und fließen so an die Staaten wieder zurück.
ntv.de: Eigentlich ist doch alles wunderbar. Die Staaten verschulden sich massiv durch die Ausgabe von Anleihen. Die Notenbanken kaufen diese und drücken gleichzeitig die Zinsen nach unten. Die Staatsverschuldung ist damit weitgehend kostenlos. Wo ist der Denkfehler?
Herrmann: Solange die Bevölkerung und die Investoren ihr Vertrauen in unser Finanzsystem nicht verlieren, kann man das Spiel über Jahrzehnte fortsetzen. Japan ist das beste Beispiel dafür. Bei einer Vertrauenskrise könnte die Inflation aus dem Ruder laufen und zu wirtschaftlichen Verwerfungen führen.
Wittek: Ja genau. Sollte das Vertrauen weichen, fällt das Kartenhaus zusammen. Danach sieht es die nächsten Jahre jedoch nicht aus.
ntv.de: Die Angst vor Corona hat in diesem Jahr den Goldpreis auf einen neuen Rekord getrieben. Doch gute Testergebnisse bei Impfstoffen und positive Konjunkturerwartungen haben das Edelmetall ab dem Herbst unter Druck gesetzt. War`s das schon mit der Rally?
Wittek: Diese Korrektur sehen wir nur als temporär an. Die lockere Geldpolitik mit niedrigen oder sogar negativen Zinsen, die ausgabenfreudige Fiskalpolitik der Staaten sowie die erwartete anhaltende Schwäche des US-Dollars - sie alle dürften auch 2021 Gold unterstützen.
Pfingsten: Ja, aber nicht unbedingt sofort. Der anhaltende Konjunkturoptimismus sollte den Goldpreis noch einige Zeit belasten. Wir erwarten erst ab Mitte nächsten Jahres wieder eine Belebung. Allerdings dürften wir die 2000 US-Dollar pro Unze nicht vor Jahresende 2021 wiedersehen.
Herrmann: Auch wir sind prinzipiell positiv für das Edelmetall. Vor dem Hintergrund einer rasant steigenden Verschuldung bei gleichzeitig tiefen Zinsen gehen wir in der Tendenz von einem weiter steigenden Goldpreis aus, wenngleich eine ähnlich starke Performance wie im abgelaufenen Jahr nicht mehr zu erwarten ist.
ntv.de: Wir erleben gerade eine zweite Corona-Welle. Und die erneuten Lockdowns machen weitere Konjunkturprogramme wahrscheinlich. Ist das Umfeld für Gold doch gar nicht so schlecht?
Pfingsten: Auch wenn derzeit die Infektionszahlen wieder zunehmen und es zu neuen Lockdowns kommt, schauen viele Investoren schon in die Zukunft und positionieren sich für den Aufschwung. Gold hat es da momentan einfach schwer. Es fehlen auch die weiteren Treiber, die Zinsen zum Beispiel können kaum noch fallen.
Herrmann: Ja genau. Die Impfstoffhoffnung lässt viele Anleger über den Tellerrand schauen, so dass Gold kurzfristig nur bedingt im Fokus steht. Mittel- bis langfristig sieht es - wie eben erwähnt - besser aus.
ntv.de: Beim Öl ist es zuletzt fast umgekehrt gelaufen. Hier hat der Preis aufgrund von positiven Konjunkturerwartungen angezogen. Erleben wir 2021 möglicherweise eine Ölpreis-Rally?
Herrmann: Den größten Teil der Rally dürften wir bereits gesehen haben. Öl der Sorte Brent kostete, bevor die Pandemie die Welt zum Stillstand brachte, zwischen 50 und 70 US-Dollar pro Barrel. Die Läger sind voll und die Nachfrage bei weitem noch nicht auf dem vorherigen Niveau.
Pfingsten: Ja und nein. Fundamental sieht es erstmal nicht so schlecht aus für Öl. Die Konjunktur belebt sich, und die Ölnachfrage zieht an. Dann dürften es unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden die Schieferölproduzenten nicht mehr so leicht haben wie unter Donald Trump, was die Angebotsseite belasten kann. Wir sind daher positiv für den Ölpreis. Problematisch dürfte aber die schwierige Haushaltslage vieler Ölförderländer sein. Die OPEC+ hat sich zwar darauf verständigt, die Fördermengen nur langsam zu erhöhen, viele Länder sind aber dringend auf höhere Einnahmen aus der Ölförderung angewiesen. Letztlich hängt der Ölpreis dann von der Disziplin der OPEC+-Länder ab.
Wittek: Wir rechnen tatsächlich mit festen Notierungen. Der Ölpreis dürfte seine seit April 2020 laufende Aufwärtsbewegung weiter fortsetzen. Die Impfstoffe treten hier als echter Gamechanger in der Angebots-Nachfrage-Situation auf. Denn die in der Krise stillgelegten Bohrlöcher sind bis Ende 2020 nur moderat wiederbelebt worden. Eine starke Nachfrage im zweiten Halbjahr wird den Ölpreis weiter antreiben.
ntv.de: Dennoch wenden sich immer mehr Investoren von fossilen Rohstoffen aus Klimagründen ab. Die Nachfrage nach entsprechenden Investment-Vehikeln müsste also tendenziell sinken?
Pfingsten: Die Nachfrage nach Investmentvehikeln dürfte in der Tat sinken. Es ist so, dass immer mehr Investoren Wert auf nachhaltige Anlagen legen. Da passt Öl natürlich nicht dazu.
Wittek: Das denkt man schnell. Jedoch ist der Ölverbrauch auch in den nächsten Jahren hoch. Mit dem Wachstum von Wirtschaft und Bevölkerung wird es noch dauern, ehe der Verbrauch fossiler Brennstoffe spürbar sinkt.
ntv.de: Wo meinen Sie denn 2021 außerhalb der Aktienmärkte für Ihre Kunden Geld verdienen zu können?
Wittek: Wir favorisieren hier Gold als Gegenpart der massiven Ausweitung der Geldmengen sowie Öl als Ausdruck konjunktureller Stärke.
Pfingsten: Es ist schon richtig, dass Aktien der wesentliche Renditebringer sein werden. Darüber hinaus gibt es aber nach wie vor interessante Anleihensegmente, Schwellenländer zum Beispiel. Diese profitieren von dem niedrigen US-Zinsniveau und dem schwachen US-Dollar. Über Industriemetalle kann man auch nachdenken. Aber dies sind höchstens Beimischungen.
Herrmann: Wir sehen attraktive Möglichkeiten bei High Yield Anleihen und Nachranganleihen von Unternehmen mit guter Bonität (Investment Grade). Gold dürfte auch weiteres Potenzial besitzen.
Disclaimer
Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken und zur Nutzung durch den Empfänger. Sie stellt weder ein Angebot noch eine Aufforderung seitens oder im Auftrag der Albrecht, Kitta & Co. Vermögensverwaltung GmbH, der FIDUKA Depotverwaltung und der Bethmann Bank zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Investmentfonds dar. Die in der vorliegenden Publikation enthaltenen Informationen wurden aus Quellen zusammengetragen, die als zuverlässig gelten. Die Albrecht, Kitta & Co. Vermögensverwaltung GmbH, die der FIDUKA Depotverwaltung und die Bethmann Bank geben jedoch keine Gewähr hinsichtlich deren Zuverlässigkeit und Vollständigkeit und lehnen jede Haftung für Verluste ab, die sich aus der Verwendung dieser Information ergeben.
Quelle: ntv.de