Ratgeber

Opfer von Zwangsprostitution Kasse muss Tattoo-Entfernung zahlen

Um ein Tattoo zu entfernen, werden heute in der Regel Laser benutzt. Lichtsignale zerkleinern die Farbpigmente in der Haut. Diese können dann über die Lymphe abtransportiert werden.

Um ein Tattoo zu entfernen, werden heute in der Regel Laser benutzt. Lichtsignale zerkleinern die Farbpigmente in der Haut. Diese können dann über die Lymphe abtransportiert werden.

(Foto: dpa-tmn)

Längst nicht jedem gefällt, was er sich vor Jahren unter die Haut hat stechen lassen. Doch den Fehlgriff wieder zu entfernen, kostet viel Geld und die Krankenkasse zahlt die Behandlung nicht. Es sei denn, sie wird von einem Gericht dazu verdonnert.

Eine ehemalige Zwangsprostituierte darf sich eine Tätowierung am Hals, die als Zeichen ihrer Zuhälter galt, auf Kosten ihrer gesetzlichen Krankenkasse entfernen lassen. Die Tätowierung mit den Initialen der Vornamen der beiden Täter und dem Kürzel "DH2" wirke entstellend und es drohe der Frau die Gefahr eines Rückzugs aus dem sozialen Leben, begründete das Sozialgericht (SG) Düsseldorf seine Entscheidung. (AZ.: S 27 KR 717/16)

Die 30-jährige Düsseldorferin war Opfer eines als "Die heiligen Zwei" bekannten Täterduos und wurde von diesem zur Prostitution gezwungen. Während dieser Zeit wurde der Frau laut Gericht am Hals unter dem Vorwand der Verbundenheit zu den Tätern die große und auffallende Tätowierung gestochen. Nach der Befreiung von der Zwangsprostitution durch die Polizei verweigerte die Kasse aber die Kostenübernahme für dessen Entfernung, weil das keine "Krankenbehandlung" sei.

Dem Urteil zufolge muss die Kasse nun doch zahlen. Es handle sich ausnahmsweise um eine Krankenbehandlung, entschied das Gericht. Die Frau könne ansonsten als Opfer der Zwangsprostitution erkannt werden, zumal über den Fall in der Presse berichtet worden sei. Ohne die Entfernung der Tätowierung sei die Heilungsprognose für die bei der Klägerin bestehende posttraumatische Belastungsstörung erheblich schlechter.

Grundsätzlich haben Versicherte vier Wochen Zeit, gegen eine negative Entscheidung zur Kostenübernahme durch die Krankenkasse schriftlich Widerspruch einzulegen. Etwa jeder dritte Widerspruch gegen Kranken- und Pflegekassen ist erfolgreich, wie die Stiftung Warentest berichtet.

Per Telefon oder E-Mail ist dieser allerdings nicht gültig. Auf etwaige mündliche Zusagen sollten sich Versicherte grundsätzlich nicht verlassen und sich keinesfalls zum Zurückziehen ihres Widerspruchs überreden lassen.

Wird auch der Widerspruch von der Kasse abgelehnt, bleibt Betroffenen nur noch der Gang vor das Sozialgericht. Um die entsprechende Klage zu erheben, haben Versicherte wiederum vier Wochen Zeit. Dies sollte aufgrund der Komplexität des Sozialrechtes aber am besten mit Hilfe eines Rechtsbeistandes geschehen, wie die Stiftung Warentest rät.   

Quelle: ntv.de, awi/AFP

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