So die Renditen erhöhen Steigen die Tagesgeldzinsen weiter?
13.10.2023, 06:25 Uhr Artikel anhören
Der Höhenflug der Zinsen dürfte erst einmal unterbrochen sein.
(Foto: Christin Klose/dpa-tmn)
Die historischen Niedrigzinsen sind Geschichte. Im vergangenen Jahr hat die EZB - in ebenfalls historischem Tempo - eine Zinserhöhung nach der anderen veranlasst. Doch wohin geht die Reise in Zukunft? Und was bedeutet die aktuelle Entwicklung für Tagesgeldkunden?
Die Frage, die uns, bei der FMH-Finanzberatung in den vergangenen Wochen am häufigsten gestellt wird, lautet: "Wird die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen weiter erhöhen und wenn ja, wie weit?"

Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.
Dass uns viele Finanzjournalisten und Verbraucher eine Antwort darauf zutrauen, ehrt uns natürlich sehr. Eine verbindliche Auskunft können wir aber vermutlich genauso wenig abgeben wie die EZB selbst. Um die Märkte nicht unnötig zu beeinflussen, hält man sich in Frankfurt derzeit auffällig zurück. Denn schon die kleinste Andeutung einer Zinsentscheidung kann Investoren zu Spekulationen verleiten. Und die braucht im Moment wirklich niemand.
Was sich aus Erfahrungswerten ableiten lässt
Ausgehend von den Andeutungen der EZB, dass man Ende Oktober erstmal ein Zinserhöhungspause einlegen wolle, gehen allerdings auch wir bei der FMH davon aus, dass der Höhenflug der Zinsen (erst einmal) unterbrochen wird. So können die Zentralbanker auch belegen, dass sie nicht nur die Inflation bekämpfen wollen, sondern die Wirtschaft nicht ganz vergessen haben.
Bleibt die Frage, was all diese Entwicklungen für Sparer bedeuten.
Grundsätzlich gilt, dass die EZB-Entscheidungen einen direkten Einfluss auf die Höhe der Zinsen für Tages- und Festgeld haben. In der aktuellen Situation gibt es allerdings eine auffallende Diskrepanz, wie unsere Grafik belegt. Ihr liegen die Tagesgeld-Daten von 114 Banken zugrunde, die der FMH ihre Daten übermitteln.
Wie der Grafik zu entnehmen ist, besteht ein großer Unterschied zwischen den Angeboten für Bestands- und für Neukunden. Während sich die Mittelwerte der Neukunden-Angebote nahe am EZB-Anlagenzins bewegen, erreichen Bestandskunden nur halb so viel Rendite. Spitzenangebote der Neukunden sind regelmäßig in der Höhe des EZB-Anlagenzinses und manche Banken sogar leicht darüber.
Warum das so ist?
Hierzu muss man wissen, dass die Banken einen Großteil der Tagesgelder bei der EZB zum Anlagenzins parken können. Wenn eine Bank ihren Neukunden also 3,5 Prozent garantiert, macht sie immer noch ein Geschäft von 0,5 Prozent. Bei einer Million Euro sind das 416 Euro pro Monat; bei einer Milliarde Euro kommen 416.000 Euro Zinsgutschriften für die Bank zusammen.
Noch lukrativer ist das Geschäft mit dem Tagesgeld der Bestandskunden. Dort beträgt die Differenz nicht ein halbes, sondern zwei Prozent. Bei einer Million sind dies 1666 Euro, bei einer Milliarde schon fast 1,66 Millionen Euro pro Monat. Diese Zahlen sind keineswegs zu hoch gegriffen. Laut Bundesbank beträgt das Volumen bei täglich fälligen Anlagen (Tagesgeld und Giroguthaben) derzeit 1,782 Billionen Euro.
Der Banken Freud, der Kunden Leid
Aus Sicht der Geldhäuser ist diese Situation natürlich sehr erfreulich. Mittlerweile mehren sich jedoch kritische Stimmen, die monieren, dass die Banken im Durchschnitt noch nicht einmal die Hälfte der EZB-Zinsgutschriften an die Kunden weitergeben. Selbst der Chef des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Helmut Schleweis, äußerte kürzlich seinen Unmut darüber, dass die Sparkassen ihren Kunden zu wenig Zinsen zahlten.
Diese Kritik ist durchaus berechtigt. Aber nicht nur die Sparkassen sind mit Zinsen für ihre Bestandskunden sehr zurückhaltend (im Bundesdurchschnitt offerieren sie gerade einmal 0,76 Prozent). Auch die Volks- und Raiffeisenbanken schaffen im Mittel nur 0,77 Prozent.
Die Geschäftsbanken bieten im Durchschnitt zwar etwas mehr, weil einige davon den Neu- und Bestandskunden 2,5 bis 3 Prozent verzinsen. Am Ende aber lässt sich festhalten, dass die Zinserhöhungen nur sehr zögerlich an die Kunden weitergegeben werden.
Selbst ist der Kunde: Zinserhöhung Marke Eigenbau
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass man es den Instituten schwerlich vorwerfen kann, wenn sie möglichst viel verdienen wollen. Auch muss die Frage erlaubt sein, warum Banken bessere Zinsen bieten sollten, wenn ihre Kunden ihnen trotz miserabler Konditionen die Treue halten.
Denn auch das zeigt die Datenbank der FMH: Es gibt durchaus lukrative Angebote. Kunden, die mit dem Zinssatz ihrer Hausbank unzufrieden sind, könnten also problemlos wechseln und erst dann zurückkommen, wenn es auch dort wieder gute Konditionen gibt.
Ein solches Bankenhopping ist zwar mit einem gewissen Aufwand verbunden. Die Zeit ist aber gut investiert. Wer 10.000 Euro vom schlechtesten zum besten Anbieter transferiert, erwirtschaftet bereits einen Zinsgewinn von 33,5 Euro beziehungsweise 201 Euro innerhalb von sechs Monaten und damit innerhalb der gängigen Garantiezins-Zeit für Neukunden.
Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.
Quelle: ntv.de