Minijobber aufgepasst Wenn die Energiepreispauschale später kommt
15.09.2022, 09:56 Uhr
Wenn's mal wieder länger dauert ...
(Foto: IMAGO/Steinach)
Eigentlich wird diesen Monat die 300 Euro Energiepreispauschale fällig. Auch für viele Minijobber und kurzfristig Beschäftigte. Die können aber nicht immer automatisch mit einer Auszahlung durch ihren Chef rechnen. Denn es gilt verschiedene Beschäftigungsvarianten zu unterscheiden.
Diesen Monat sollen Arbeitgeber die Energiepreispauschale an ihre Mitarbeiter auszahlen. Anspruch auf das Geld haben auch Minijobber und kurzfristig Beschäftigte. Wobei es Unterschiede gibt, wie solche Arbeitnehmer die 300 Euro erhalten, wie der Bund der Steuerzahler (BdSt) Rheinland-Pfalz erklärt.
Minijob:
Üben Arbeitnehmer nur einen Minijob aus und erzielen ansonsten keine weiteren Einkünfte aus Arbeitslohn, so haben sie Anspruch auf die Energiepreispauschale. Denn es liegen hier Einkünfte aus Arbeitslohn nach dem Sozialversicherungsrecht vor. Dies gilt auch für Rentner, die sich noch via Minijob Geld dazu verdienen. Wird der Minijob am 01.09.2022 ausgeübt, erfolge die Auszahlung über den Arbeitgeber. Dies ist aber nur möglich, wenn der Minijobber eine Bestätigung vorlegt, in der das erste Dienstverhältnis für den Minijob bestätigt wird. Die Bestätigung ist formlos möglich und muss dem Arbeitgeber ausgehändigt werden. Ohne diese dürfen Arbeitgeber keine Auszahlung vornehmen, so der BdSt.
Dabei sollen aber nur die Arbeitgeber die 300 Euro auszahlen, die monatlich oder vierteljährlich eine Lohnsteueranmeldung abgeben. Die Auszahlung soll grundsätzlich mit dem September-Gehalt erfolgen. Arbeitgeber, die quartalsweise die Lohnsteueranmeldung abgeben, könne auch mit dem Oktober-Gehalt zahlen. Arbeitgeber, die nur jährlich eine Lohnsteueranmeldung abgeben, könnten selbst entscheiden, ob sie die Pauschale an ihre Arbeitnehmer zahlen. Sie müssen dies aber nicht tun. In diesem Fall können die Minijobber die Pauschale über die Einkommensteuererklärung 2022 erhalten.
Arbeitgeber, die ausschließlich Minijobber beschäftigen, die nur pauschal versteuert werden, dürfen laut BdSt hingegen keine Pauschale an die Arbeitnehmer auszahlen. Hintergrund ist, dass hierfür kein Weg vorgesehen ist, wie die Arbeitgeber die gezahlte Energiepreispauschale vom Finanzamt rückerstattet bekommen, da keine Lohnsteueranmeldung abgegeben wird. Betroffene Minijobber können die Pauschale im Rahmen der Steuererklärung geltend machen, wenn sie keine weitere Haupttätigkeit haben, in der sie das Geld bereits erhalten haben.
Kurzfristig Beschäftigte
Auch bei kurzfristig Beschäftigten gilt es zu unterscheiden. Grundsätzlich zählen auch kurzfristig Beschäftigte zum Kreis der Berechtigten. Wird die Tätigkeit nach Lohnsteuerklassen versteuert, wird die Pauschale ausgezahlt. Wer hingegen pauschal besteuert wird, muss den Umweg über die Steuererklärung nehmen.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Energiepreispauschale:
Zunächst einmal, wer bekommt die Energiepreispauschale?
Allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen (Steuerklassen 1-5) wird einmalig eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro gezahlt. Nach dem Regierungsentwurf profitieren laut Bundesarbeitsministerium (BMAS) auch "alle in diesem Jahr geringfügig Beschäftigten von der Energiepreispauschale - sowohl die 450 -Euro-Minijobber als auch kurzfristig (geringfügig) Beschäftigte - unabhängig von der genauen Art der Besteuerung."
Wie lange muss die Tätigkeit ausgeübt werden?
Steuerpflichtige müssen im Jahr 2022 anspruchsberechtigende Einkünfte erzielen. Die Tätigkeit muss weder zu einem bestimmten Zeitpunkt noch für eine Mindestdauer ausgeübt werden.
Wer muss nun dennoch um das Geld bangen?
Laut der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung (BAG-SB) könnte die EPP bei verschuldeten Menschen gepfändet werden. Denn laut BAG-SB wurde es versäumt, die Unpfändbarkeit der Leistung klar im Gesetz zu regeln. Denn sobald es eine Lohn- oder Kontopfändung gibt oder jemand in der Insolvenz ist, ist es mit viel Aufwand verbunden, die Pauschale ausgezahlt zu bekommen. "Uns scheint, als sei die Lebensrealität der fast sieben Millionen überschuldeten Menschen im Gesetzgebungsverfahren wieder einmal komplett vergessen worden", heißt es in der Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft. Laut dem Verband gelten in Deutschland fast sieben Millionen Menschen als überschuldet.
Gegenüber der "Bild-Zeitung" bestätigte das Bundesfinanzministerium (BMF): "Über die Pfändbarkeit der Energiepreispauschale entscheiden letztlich die Gerichte." Was etwas verwirrt, denn auf der Seite des BMF heißt es: "Die EPP ist von einer Lohnpfändung nicht umfasst, da es sich arbeits- und sozialversicherungsrechtlich nicht um 'Arbeitslohn' oder 'Arbeitsentgelt' handelt. Die steuerrechtliche Einordnung der EPP als Arbeitslohn ist insoweit unbeachtlich."
Unklar ist laut BAG-SB, ob die Lohnprogramme nach dieser Klarstellung arbeiten oder auf eine gesetzliche Regelung bestehen. Und wird nicht der Lohn, sondern das Konto gepfändet, reicht die Klarstellung des Bundesfinanzministerium aber wohl auf keinen Fall aus.
Der Verband stellt entsprechende Musterbriefe und eine Beratungsstellensuche auf seiner Webseite www.meine-schulden.de zur Verfügung, um den Menschen den Weg zum Erhalt der Pauschale möglichst leicht zu machen. Inwieweit die Gerichte den Freigabeanträgen stattgeben, bleibt aber abzuwarten.
Wer bekommt die Unterstützung sowieso nicht?
Nichterwerbstätige. Darunter fallen auch die meisten Rentner. Ebenso bekommen Azubis ohne Vergütung und Studierende kein Geld.
Muss die EPP beantragt werden?
Nein. Die Energiepreispauschale wird mit der Gehaltsabrechnung vom Arbeitgeber ausgezahlt. Selbständige erhalten einen Vorschuss über eine einmalige Senkung ihrer Einkommensteuer-Vorauszahlung.
Wann wird das Geld überwiesen?
Gesetzlich geregelt ist, dass der Anspruch auf die EPP am 1. September 2022 entsteht. Das Datum markiert aber keinen Stichtag für die Anspruchsvoraussetzungen. Anspruch auf die Zahlung hat jede Person, die irgendwann im Jahr 2022 die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt hat. Arbeitgeber müssen allen Beschäftigten, welche am 1. September bei ihnen angestellt sind, die 300 Euro ausbezahlen. Doppelzahlungen in den Fällen eines Arbeitgeberwechsels kann es somit nicht geben.
Unterliegt das Geld der Einkommensteuer?
Ja.
Werden auch Sozialabgaben fällig?
Nein, laut BMAS fallen auf die Energiepreispauschale keine Sozialversicherungsbeiträge an, da es sich dabei nicht um Arbeitsentgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne handelt.
Was bleibt übrig?
Laut Berechnungen des Steuerzahlerbunds bekäme ein verheirateter Arbeitnehmer mit Kind, Steuerklasse 4 und Jahresgehalt von 45.000 Euro 216,33 Euro Energiepreispauschale. Bei einem Jahresgehalt von 15.000 Euro erhielte derselbe Arbeitnehmer 248,83 Euro. Ist er in Steuerklasse 3 eingetragen, bleibt er unter dem Grundfreibetrag, muss also keine Steuern zahlen und bekommt die volle Pauschale ausgezahlt.
Für Besserverdiener bleibt netto weniger übrig. Den Berechnungen des Verbands zufolge bekommt ein Single mit Steuerklasse 1 und 72.000 Euro Jahresgehalt am Ende 181,80 Euro Zuschuss netto. Bei ihm greift der Spitzensteuersatz, außerdem fällt durch die Pauschale auch wieder Solidaritätszuschlag an. Ein verheirateter Arbeitnehmer mit einem Kind, Steuerklasse 4 und Jahresgehalt von 72.000 Euro bekäme 184,34 Euro Pauschale.
Was kostet der Zuschuss den Staat?
Das Finanzministerium rechnet insgesamt mit einem Betrag von rund 13,8 Milliarden Euro. Da die Einmalzahlung steuerpflichtig ist, verbleiben unter dem Strich Kosten von rund 10,4 Milliarden Euro.
Gibt es Kritik?
Natürlich. Zum Beispiel vom Bund der Steuerzahler. Der moniert, dass es sich nur dann um eine wirkliche Entlastung handeln würde, wenn die Energiepreis-Pauschale steuerfrei wäre. Auch Rentner und Selbstständige erhielten keinen wirklichen Zuschuss.
Quelle: awi