Fußball

Die Lehren des 9. Spieltags Besteht der FC Bayern nun den Stresstest?

Was kommt da auf uns zu?

Was kommt da auf uns zu?

(Foto: imago/Oliver Ruhnke)

Freiburg, Celtic und der HSV? Geschenkt. Nun warten Leipzig und der BVB auf den FC Bayern. Dann wird sich zeigen, was der Hype um den Heynckes-Effekt wert ist. RB heizt die Stimmung an, reizt die Münchner und verspricht ein Feuerwerk.

1. Heynckes' Bayern haben was vor der Brust

Es ist ja nicht so, dass sie beim FC Bayern die Zeichen der Zeit nicht erkannt hätten. Nach dem wenig glanzvollen 1:0 beim mutig verteidigenden Hamburger SV an diesem neunten Spieltag der Fußball-Bundesliga bekräftigte Innenverteidiger Mats Hummels im ZDF das, was offensichtlich ist: "Nach den nächsten vier Spielen kann man ziemlich genau sagen, wo wir aktuell stehen. Es sind jetzt ganz ordentliche Aufgaben." Das kann man ohne großen Widerspruch so stehen lassen. Am Mittwoch (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) geht's in der zweiten Runde des DFB-Pokals zu den Rasenballsportlern und am Samstag drauf kommen die Leipziger zur Ligapartie nach München. Weiter geht's am Dienstag, 31. Oktober, in der Champions League bei Celtic Glasgow, was zumindest stimmungsvoll werden dürfte; und am Samstag, 4. November, steht schließlich die Partie in Dortmund an.

"Viel anspruchsvoller wird's nicht mehr in Deutschland", konstatierte Hummels. "Da haben wir auf jeden Fall sehr viel vor der Brust. Aber wir haben genug Selbstbewusstsein, in jedes Spiel so reinzugehen, dass wir es auch gewinnen können." Zur Partie im Volkspark hingegen gibt's nicht mehr viel zu sagen, außer vielleicht, dass es nach dem 5:0 gegen Freiburg und dem 3:0 gegen Celtic der dritte Sieg unter Trainerrückkehrer Jupp Heynckes war. Und der war mit der Leistung seiner Mannschaft eher nicht einverstanden. "Behäbig, unpräzise, ohne Spielrhythmus oder Harmonie" habe sie zeitweise gespielt. "Ich bin natürlich ein gewisses Risiko eingegangen." Wie sein Vorgänger Carlo Ancelotti hatte er das Personal ausgetauscht, Jérôme Boateng, Joshua Kimmich, Thiago Alcántara und Thomas Müller erst einmal auf der Bank gelassen. Auch er weiß: Der Stresstest für den FC Bayern steht erst noch an. Und in zwei Wochen wissen wir dann, wie es um den viel zitierten Heynckes-Effekt bestellt ist.

2. Die Leipziger können's auch dreckig

So richtig gefiel Ralph Hasenhüttl die Formulierung nicht. Da hatten seine Leipziger just den Aufsteiger VfB Stuttgart mit 1:0 niedergerungen, als Torschütze Marcel Sabitzer sagte: "Ein dreckiger Sieg bei dreckigem Wetter." Der Trainer aber wollte lieber von einem Arbeitssieg sprechen, von einem "Sieg, den man sich verdienen muss". Das sei ihm auch gegönnt, zumal es inhaltlich kaum einen Unterschied macht. Und dass die Veranstaltung im Zentralstadion eine zähe Angelegenheit war, räumte auch Hasenhüttl ein: "Aber das muss man den Jungs zugestehen. Wir können nicht im Drei-Tages-Rhythmus Spektakel bieten. Es war heute wichtig, dass wir diesen knappen Vorsprung über die Zeit bringen. Zu glänzen, war in einem solchen Spiel nicht gefragt. Am Mittwoch können wir dann zeigen, wie weit wir schon sind."

Ein Mann steht im Regen.

Ein Mann steht im Regen.

(Foto: imago/Picture Point LE)

Womit wir wieder beim Stresstest für den FC Bayern sind, der ja auch einer für die Leipziger wird, die in der Liga nun bis auf einen Punkt an das Spitzenduo BVB & FCB herangerückt sind. Da überrascht es wenig, dass die Rasenballsportler sich ambitioniert wie stets geben. " Wir wollen am Mittwoch ein Feuerwerk abbrennen. Im Pokal will jeder weiterkommen, man will ja nicht früher in den Urlaub gehen. Von daher hauen wir alles raus", kündigte Sabitzer an. Und Abwehrchef Willi Orban versprach: "Das wird ein Fußball-Fest für die Fans und ein Offensiv-Spektakel." Das dürfte dem Herrn Hasenhüttl wiederum gefallen haben.

3. Die Dortmunder enttäuschen sich selbst

Im Sinne der anti-hysterischen Berichterstattung wollen wir hier nicht von Krise reden. Der BVB führt ja immer noch die Liga an, auch wenn der Vorsprung auf die Bayern von fünf Punkten auf null geschmolzen ist und nur noch die bessere Tordifferenz für die Dortmunder spricht. Doch dass sie beim vogelwilden 2:2 im Frankfurter Waldstadion ihren schönen Zweitorevorsprung vergeigten, das hat ihnen gar nicht gefallen. Zumal die Bilanz der jüngsten Partien eher mau ist: In der Champions League können sie sich das Achtelfinale nach dem 1:1 bei Apoel Nikosia abschminken, und in der Liga hatte es am achten Spieltag ein 2:3 gegen besagte Leipziger gesetzt. Offensiv scheint ja alles so weit in Ordnung, auch wenn im Angriff sehr viel, vielleicht zu viel an Pierre-Emerick Aubameyang hängt, dem mit zehn Treffern besten Torschützen der Liga.

Liebling des Publikums: Neven Subotic.

Liebling des Publikums: Neven Subotic.

(Foto: imago/Jan Huebner)

Aber die Lücken in der Defensive wirken bisweilen eklatant. Allerdings, das soll nicht unerwähnt bleiben, fehlten Trainer Peter Bosz sechs Abwehrspieler: Sokratis (gesperrt), Ömer Toprak, Marcel Schmelzer, Lukasz Piszczek, Raphael Guerreiro und Erik Durm. So stellte er Mittelfeldspieler Julian Weigl in die Innenverteidigung - und zudem Neven Subotic, der erstmals seit dem 17. März 2015 in der Startelf stand. Dennoch: "Das darf uns nicht passieren", sagte Angreifer Maximilian Philipp in Frankfurt. "Unsere Enttäuschung ist groß. Wir wollten hier viel mehr mitnehmen." Sagen wir es so: Wenn der BVB am Dienstag (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) in der zweiten Pokalrunde beim Drittligazweiten 1. FC Magdeburg verliert, sollten wir doch über eine Krise reden. Schließlich kommt demnächst der FC Bayern vorbei. Auch für den BVB steht also ein Stresstest an.

4. Oh, wie schlimm ist Abstiegskampf

Für den neutralen Beobachter hatte das bisweilen arg verkrampfte Kellerduell zwischen dem 1. FC Köln und dem SV Werder trotz notorischer Torlosigkeit durchaus einen gewissen Unterhaltungswert. Wer sich allerdings daran delektiert, wie Kölns Ersatzstürmer Sehrou Guirassy vier Minuten vor dem Ende der Partie vergeblich versuchte, den Ball freistehend im Bremer Fünfmeterraum einfach mal hineinzuschießen, der gerät schnell - und völlig zu Recht - in den Verdacht des Katastrophentourismus. Vorerst bliebt es dabei: Beide Mannschaften haben in dieser Saison noch kein Bundesligaspiel gewonnen. Was soll man dazu noch sagen? Bremens Alexander Nouri versuchte es damit: "Irgendwann müssen wir das Erfolgserlebnis erzwingen." Und sein Kölner Trainerkollege Peter Stöger schlug vor: "Weitermachen, weitermachen - bis dieses Erfolgserlebnis dann kommt." Das gelte auch für ihn: "Ich kann und werde nie von mir aus den Platz räumen." Schließlich sei es so: "Die Jungs sind total willig, total giftig." Nouri goutierte das mit einem Klaps auf Stögers Hinterkopf und riet seinem Team: "Dranbleiben, füreinander einstehen, das Herz auf den Platz bringen." Oh, wie schlimm ist Abstiegskampf.

5. Leverkusener kantern sich ins Glück

Er kam, sah - und dann lief es.

Er kam, sah - und dann lief es.

(Foto: imago/Jan Huebner)

Und nun zum TSV Bayer 04 Leverkusen. Nach einer famosen ersten Halbzeit der Borussia - der besten in dieser Saison, wie Gladbachs Trainer Dieter Hecking sagte - feierte das Team seines Kollegen Heiko Herrlich in Mönchengladbach nach einem Rückstand noch einem Sieg. Der fiel mit 5:1 ungewöhnlich hoch aus und war zudem der erste auf fremdem Rasen in dieser Saison. Wie konnte das passieren? Was ist in der Halbzeit nach den wohl schlechtesten 45 Minuten der Leverkusener in dieser Spielzeit passiert? Das ist nicht überliefert, nur, dass der Trainer den deutschen Nationalspieler Julian Brandt für den Argentinier Lucas Alario einwechselte. Und dass nach dem Ausgleich von Sven Bender plötzlich alles klappte. "Auf die zweite Halbzeit können wir stolz sein, über die erste müssen wir nochmal reden", sagte Brandt, der das 3:1 erzielte und das 5:1 vorbereitete. Das war mental ein wichtiger Schritt für uns. Die Leichtigkeit war heute definitiv gegeben." Sein DFB-Kollege Jonathan Tah befand: "Wenn wir wie in der zweiten Halbzeit spielen, dann ist es schwer, uns aufzuhalten." Und auch Herrlich konnte es kaum fassen: "Da hat sich die Mannschaft in einen Rausch gespielt und jede Chance genutzt, die sich ihr geboten hat." Erklären kann man das eher nicht.

6. Die Liga spektakelt - nur auf welchem Niveau?

Was waren das für aufregende Partien an diesem Spieltag, allen voran das Offensivspektakel in Frankfurt. In Augsburg sah es nach einem Sieg der Gastgeber aus, bis Hannover dann in der Schlussviertelstunde doch noch zuschlug. In Mönchengladbach überraschte der Nachbar aus Leverkusen wie oben erwähnt sich und alle anderen. Und die Hamburger hielten entgegen aller Prognosen bei der knappsten aller Niederlagen gegen den FC Bayern recht ordentlich mit. Kurzum: Die Liga funktioniert, auch wenn wir das vielzitierte "Jeder kann jeden schlagen" nicht strapazieren wollen. Das Problem ist nur, dass sie kein in sich geschlossenes System ist.

Da gibt es ja noch diesen Europapokal. Dort zeigt sich, dass es um die Wettbewerbsreife deutscher Teams eher nicht allzu gut bestellt ist. Daher stellt sich bei der oft gepriesenen Leistungsdichte der nationalen Liga die Frage, auf welchem Niveau sich das Ganze abspielt. Und es besteht der Verdacht, dass viele Teams eher gleich mittelmäßig sind als gleich gut. Ein schönes Beispiel ist der FC Schalke 04. Die Mannschaft hat mit Domenico Tedesco einen neuen, jungen und schlauen Trainer, der offenbar gut arbeitet. Das 2:0 gegen den FSV Mainz war eher solide als berauschend, bewirkte aber, dass die Gelsenkirchener nun auf Platz fünf der Tabelle stehen und somit hoffen dürfen, im nächsten Jahr wieder am Europapokal teilnehmen zu dürfen.

Gleiches könnte auch die Frankfurter Eintracht mit Niko Kovac und gar Aufsteiger Hannover 96 mit André Breitenreiter schaffen. In der vergangen Saison belegten der 1. FC Köln, Hertha BSC und Freiburg die Plätze fünf bis sieben, was den Schluss zulässt, dass die vermeintliche eigene Stärke eher der Schwäche der anderen geschuldet ist. Kurzum: Mit der Dortmunder Borussia, dem FC Bayern, den Leipzigern und den Hoffenheimern, die beim 1:1 in Wolfsburg am Sonntagabend zwei Punkte verschenkten, gibt es hierzulande dreieinhalb Mannschaften, die etwas besser sind als die anderen. Der Rest ist eher Mittelmaß - was systemimmanent aber gut funktioniert. Man darf halt nur nicht vergleichen.

Quelle: ntv.de

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