Raketen-Recycling Airbus stellt Geheimkonzept vor
06.06.2015, 21:20 Uhr
So sehen die beiden Konzepte von Airbus aus.
(Foto: picture alliance / dpa)
Raumfahrt ist eine teure und materialintensive Angelegenheit. Damit sich das in Zukunft ändert, forschen mehrere Institutionen an kostengünstigeren Varianten. Airbus stellt nun sein Adeline-Konzept vor, von dessen Existenz nicht einmal alle Mitarbeiter wussten.
Die Halle liegt jenseits des eigentlichen Airbus-Geländes, etwas abseits in Les Mureaux. In dem kleinen Vorort nordwestlich von Paris hütet die Raumfahrtsparte Defense and Space ein seit fünf Jahren strenges Geheimnis. "Selbst innerhalb der Airbus Group wussten viele führende Mitarbeiter bis vor Kurzem nicht, was wir hier entwickeln", sagt Benoit Isaac.
Der 32-Jährige ist für das Konzept für wiederverwertbare Raketenteile verantwortlich, dessen erste Flugmodelle hinter dem riesigen grauen Rolltor versteckt sind. Mit 25 Mitarbeitern arbeitet Isaac an Adeline, wie Airbus Space das Programm nennt. Bis 2025 könnten teure Raketenteile - etwa Haupttriebwerk und Steuerungseinheit - als Drohnen zur Erde zurückkehren und wie ein Flugzeug landen, erläuterte François Auque, Chef von Airbus Space.
Knapp ein Drittel einsparen

Ein aufgeblasenes Modell des Konzepts Adeline liegt zum Größenvergleich in einer Entwicklungshalle von Airbus in Les Mureaux bei Paris - im Hintergrund schauen sich Gäste die zwei Testmodelle an.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Einsparungen bei einer - je nach Art und Größe - bis zu 150 Millionen Euro teuren Rakete soll nach den Berechnungen etwa 30 Prozent betragen. Während potenzielle Ersparnisse schon kalkuliert sind, hält sich das Unternehmen bei Angaben zu Entwicklungskosten zurück. "Das haben wir noch nicht berechnet", heißt es in Les Mureaux. Die entscheidende Phase von Adeline wird sich laut Isaac zwischen 80 und 100 Kilometer über dem Erdboden abspielen. Dann sind bereits die für den Startschub wichtigen Booster abgetrennt, die wie der Treibstoffhaupttank nicht wiederverwendet werden.
Von dort tritt das eigentliche Raumfahrzeug mit seiner Fracht den Weg zu seinem Bestimmungsort im Weltall an. Die verbleibende Adeline-Einheit verfügt über ein Flügelsystem und den notwendigen Schutzschild. Mit Hilfe eines zuvor bei Start und Flug verdeckten Propellersystems kann die Einheit dann landen.
Zwei Modelle waren schon in der Luft
Für die Erprobung haben Isaac und sein Team bereits zwei unterschiedliche Modelle, die seit 2011 insgesamt mehr als ein Dutzend Mal zu Probeflügen in der Luft waren. Das Konzept zielt auf die neue Ariane-6-Rakete, die im Auftrag der europäischen Raumfahrtminister für acht Milliarden Euro bis 2020 einsatzreif sein soll.
Ein weiteres Konzept könnte bis 2035 zusätzlich Kosten sparen helfen. Dann will Airbus Space per Space Tugs Satelliten im Pendelverkehr auf höhere Umlaufbahnen bringen. Die Space Tugs sollen in etwa 1000 Kilometer Höhe geparkt sein und dort die Satelliten von der letzten Raketenstufe übernehmen.
Damit bräuchten Satelliten keinen eigenen Antrieb und Raketen könnten insgesamt kleiner ausfallen. Für die Betreiber soll es dann leichter, billiger und weniger komplex werden. Auch andere Anbieter arbeiten an Konzepten für Wiederverwertung oder Rückkehr meist der obersten Raumeinheit. Airbus-Konkurrent Boeing etwa setzt auf sein "CST-100"-Raumschiff. Die europäischen Weltraumorganisation Esa forscht am zurückkehrenden Raumgleiter IXV. Amazon-Gründer Jeff Bezos hat gerade "New Shepard" erfolgreich gestartet.
Der Raumtransporter Dragon der privaten US-Firma SpaceX bringt seit 2012 Ladung zur Raumstation ISS. Die Kapsel wassert nach dem Abkoppeln im Atlantik und kann wiederverwertet werden. Die Airbus-Leute sehen sich im Kostenvorteil, etwa weil Adeline für die Rückkehr nur zwei - statt 40 Tonnen - Treibstoff brauche. Ein Blick in die USA zeigt, dass der Traum von der günstigeren Rückkehr kein Selbstläufer ist. Das Konzept der zwischen 1981 und 2011 eingesetzten Space Shuttles war zur Kostenersparnis erdacht worden. Die Flüge wurden aber auch wegen zu hoher Kosten eingestellt.
Quelle: ntv.de, Gerd Roth, dpa