"Sargnagel" für Frosch und Co Asiatischer Pilz löscht Amphibien aus
10.05.2018, 21:08 Uhr
Laut dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung sind alle Amphibien auf diesem Bild in den französischen Pyrenäen von dem Pilz getötet worden.
(Foto: picture alliance / Dirk Schmelle)
Forscher kennen weltweit knapp 8000 unterschiedliche Amphibien-Arten. Doch ein Pilz aus Asien gefährdet Frösche und ihre Verwandten. Ein großes internationales Forscherteam sieht ein rigoroses Handelsverbot für die Tiere als einzigen Ausweg.
Ein extrem aggressiver und tödlicher Pilz bedroht die Bestände von Fröschen und weiteren Amphibien weltweit. Der Pilz stamme ursprünglich von der koreanischen Halbinsel und habe sich vor allem über den Amphibienhandel weltweit verbreitet, schreibt ein großes, internationales Forscherteam im Fachmagazin "Science". Es fordert aufgrund der neuen Erkenntnisse ein Ende des weltweiten Handels mit Amphibien.
"Von den knapp 8000 bekannten Amphibienarten sind bereits mindestens 120 durch den Pilz ausgelöscht worden. Er ist der Sargnagel für die Amphibien", sagt Dirk Schmeller, der als Biologe am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig arbeitet und an der Studie beteiligt war.
Den Forschern zufolge nistet sich der Pilz Batrachochytrium dendrobatidis (Bd) in der Haut von Amphibien ein, stört die Hautatmung seiner Opfer und bringt ihren Stoffwechsel durcheinander. In kürzester Zeit kann er so ganze Bestände vernichten.
Ausweg: Handelsverbot
Da der Handel mit Amphibien der wichtigste Verbreitungsweg sei, ist ein Verbot der einzige Ausweg für die Forscher. "Sonst werden immer neue Bd-Linien geschaffen", warnt Biologe Schmeller. Neue Erreger könnten Resistenzen umgehen, die einige Arten gegen Bd zu entwickeln scheinen. So hatten Wissenschaftler entdeckt, dass in Panama einige Amphibien eine gewisse Immunität gegen den Pilz entwickelt hatten. "Diese erfreuliche Entwicklung könnte eine neue Pilzvariante aber sehr rasch wieder zunichtemachen", betont der Biologe.
Nicht nur in Übersee richtet der Pilz enormen Schaden an. Seit den frühen 2000er Jahren verbreitet sich Bd auch in Europa - etwa Spanien, Frankreich und Deutschland - und tötet auch hier Amphibien. Einige Arten infizieren sich aber laut Schmeller in Europa weniger leicht mit dem Pilz als in Südamerika.
Der Biologe befürchtet jedoch, dass der Feuersalamander in einigen Jahren in Deutschland ausgestorben sein könnte. Er lebt hierzulande vor allem in Nordrhein-Westfalen und wird hauptsächlich von dem Pilz Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal) bedroht. Dieser stammt ebenfalls aus Asien, ist mit Bd verwandt und wird auch über den Handel verbreitet.
Wichtig für die Natur
Die Forscher haben auch die weltweite Privathaltung von Amphibien im Blick. "Die Tiere werden privat nicht immer richtig gehalten und können fliehen. Und ist der Erreger erst einmal in der Natur, ist er nur sehr, sehr schwer zu bekämpfen", erklärt Schmeller.
Amphibien leisten in der Natur einen sehr wichtigen Beitrag. "Nicht zuletzt halten sie die Population von Insekten und vor allem von krankheitsübertragenden Moskitos in Schach", betont der Biologe. Gemeinsam mit Forschern aus rund 40 Instituten hat er per Genanalyse festgestellt, dass der Ahne des Pilzes vor 50 bis 120 Jahren auf der koreanischen Halbinsel entstanden ist. Mehr als 500 Amphibien-Arten habe allein diese Variante bisher infiziert, sagt Schmeller. In Versuchen habe sie sich nicht nur als besonders ansteckend, sondern auch als besonders tödlich erwiesen.
Quelle: ntv.de, chr/dpa