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Erinnerung in den Genen Auch Muskeln haben ein Gedächtnis

Für alle, die schon mal intensiv trainiert haben: Muskeln erinnern sich.

Für alle, die schon mal intensiv trainiert haben: Muskeln erinnern sich.

(Foto: imago/Westend61)

Der menschliche Körper ist ein wahres Wunderwerk, von dem gesagt wird, dass er ein Gedächtnis hat. Ob das auch speziell für Muskeln gilt, finden Forscher heraus. Die Ergebnisse machen Mut, sprechen aber für eine Neubewertung von Doping-Sündern im Leistungssport.

Stark und muskulös zu sein ist ein weitverbreitetes Ideal. Doch Muskeln wachsen nicht von allein. Sie müssen trainiert werden. Wie sich das Training, eine Trainingspause und wieder begonnenes Training auf die sogenannte große Skelettmuskulatur auswirken, haben Forscher der Kelle University in Newcastle, Großbritannien untersucht.

Dafür ließ das Team um Robert Seaborne insgesamt acht junge Männer sieben Wochen lang intensiv trainieren. Dann mussten die Probanden ebenfalls sieben Wochen lang körperlich pausieren, um dann weitere sieben Wochen lang wieder hart zu trainieren. Während der gesamten Zeit maßen die Forscher Muskelmasse und Kraft der Männer und entnahmen Gewebeproben.

Doppelte Kraft

Wie zu erwarten war, zeigte das Training Wirkung: Die Beinmuskulatur der Männer hatte nach den ersten sieben Wochen 6,5 Prozent mehr Masse, die Kraft der Probanden stieg um 9,3 Prozent. Nach der Trainingspause von sieben Wochen hatten die Muskeln wieder an Masse verloren und die Kraft nahm ab. Die Werte sanken jedoch nicht ganz bis zu denen, die die Forscher zu Beginn der Untersuchung ermittelt hatten. Die Werte nach der dritten Phase dagegen stellten sich als außergewöhnlich dar. Die Studienteilnehmer bauten nicht nur viel mehr Muskelmasse durch intensives Training auf, nämlich ganze 12 Prozent, sie verdoppelten sogar ihre Kraft und erreichten einen Wert von 18 Prozent.

Diese Ergebnisse zeigen, dass die Effekte eines früheren Trainings offenbar in Muskeln gespeichert werden. Um herauszufinden, wie genau diese Erinnerung in Muskeln abläuft, untersuchten die Forscher die entnommenen Gewebeproben. Sie prüften die Genaktivität und die sogenannte epigenetische DNA-Ablagerungen. Dabei können Genaktivitäten durch Enzyme oder eine Methylgruppe, die sich an eine DNA-Base bindet, quasi abgeschaltet werden.

Die Forscher, die sich mehr als 850.000 Bindungsstellen an der DNA  ansahen, stellten fest, dass sich beim ersten Training viele Teile der Muskelzell-DNA von solchen epigenetischen Anlagerungen befreiten und dadurch die Aktivität der Gene insgesamt anstieg. Durch die Trainingspause blieb diese Genaktivität weitestgehend erhalten. In der zweiten Trainingsphase hingegen wurde sie verstärkt. Die Gene, die zum Muskelwachstum beitragen, bleiben den Forschern zufolge dauerhaft aktiver. So erklärt sich auch der größere Effekt nach der zweiten Trainingsphase.

Muskelgedächtnis sitzt in den Genen

Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass Muskelzellen Trainingserfahrungen abspeichern - und zwar direkt am Erbgut. Die Erkenntnis der Forscher könnte helfen, Betroffenen nach Krankheiten oder Verletzungen durch ein gezieltes Ansteuern des Muskelgedächtnisses schneller wieder in den Zustand vor dem Ereignis zu bringen. Sie werfen aber auch ein neues Licht auf die Effekte von Doping. Gedopte Sportler könnten wesentlich länger, als ihre Sperre dauert, vom Muskelgedächtnis profitieren und hätten dementsprechend gegenüber den Sportlern, die ohne Doping trainieren, einen Vorteil. Ob das aber tatsächlich so ist, müssen weitere Untersuchungen zeigen.

Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachmagazin Scientific Reports.

Quelle: ntv.de, jaz

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