Krankhaft selbstverliebte Kinder Forscher warnen vor zu viel Lob
11.03.2015, 11:35 Uhr
Eltern sollten ihre Kinder nicht in den Himmel loben.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wer seinem Kind übertriebene Zuwendung schenkt, könnte sich einen kleinen Narzissten heranziehen. Das belegen Forscher aus Amsterdam. Deren Ergebnisse widersprechen gängigen psychologischen Ansätzen.
Sie fühlen sich anderen überlegen und erwarten eine Sonderbehandlung: Immer mehr Kinder in westlichen Ländern sind krankhaft selbstverliebt, schreiben Wissenschaftler um Eddie Brummelman von der Universität Amsterdam. In einer Studie untersuchten sie die Ursache von Narzissmus und fanden sie bei den Eltern. Mütter und Väter, die ihre Kinder für etwas Besseres halten, fördern die Entwicklung dieser Persönlichkeitsstörung. Das berichtet das internationale Forscherteam in den "Proceedings" der US-nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS").
Die Psychologen und Erziehungswissenschaftler befragten 565 niederländische Kinder zwischen sieben und elf Jahren sowie deren Eltern zwei Jahre lang alle sechs Monate. Jene Heranwachsende, deren Eltern angaben, ihr Nachwuchs sei "besonderer als andere Kinder" oder "verdiene im Leben etwas Außergewöhnliches", hatten später narzisstischere Charaktere: Sie besaßen wenig Einfühlungsvermögen und reagierten überempfindlich auf Kritik. Demnach ist es dem Wohl eines Kindes nicht förderlich, wenn Väter oder Mütter es für "Gottes Geschenk an die Menschheit" halten.
Resultat übertriebener Zuwendung
"Kinder glauben ihren Eltern, wenn die ihnen sagen, sie seien besser als andere", wird Koautor Brad Bushman von der Ohio State University in Columbus in einer Mitteilung der Universität zitiert. "Für sie selbst und auch für die Gesellschaft kann das nicht gut sein." Narzissmus ist nach Ansicht der Forscher ein Resultat übertriebener und nicht unterlassener elterlicher Zuwendung. Dies stütze die soziale Lerntheorie und widerspreche dem psychoanalytischen Ansatz, schreiben sie.
Der Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff aus Bonn sieht die Ursache auch in immer stärker gestressten Eltern: "Eltern fühlen sich heute mehr unter Druck", sagt Winterhoff. "Sie wollen aber unbedingt, dass es ihrem Kind besser geht. Deshalb bekommen Kinder immer mehr." Das mache sie aber nicht lern- und leistungsbereit. "Wir müssen uns klar sein, dass diese Menschen nicht lebenstüchtig sind", meint der Experte. "Sie sind zum Beispiel nicht in der Lage, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen." In der Schule würden sie sich häufig verweigern. Glückliche Kinder seien das nicht, meint der Jugendpsychiater.
Narzissmus sei allerdings nicht mit einem hohen Selbstwertgefühl zu verwechseln, warnen die Forscher. Auch das hatten sie abgefragt. Eltern, die ihre Kinder mit viel emotionaler Wärme behandelten, stärkten das Selbstwertgefühl. "Menschen mit hohem Selbstwertgefühl sehen sich auf Augenhöhe mit anderen, während Narzissten denken, sie stünden darüber", erklärt Bushman.
Quelle: ntv.de, kbe/dpa