Hilfe gegen Giftschlangen Großer Schritt zum Universalgegengift gelungen


Vorsicht, giftig!
(Foto: picture alliance / imageBROKER)
Bisse von Giftschlangen enden jedes Jahr für Zehntausende Menschen tödlich. Ein Problem ist auch die Verfügbarkeit von passenden Gegenmitteln. Immerhin produziert jede Art ein eigenes Gift. Ein Forschungsteam kommt nun einem Universalgegengift ein großes Stück näher.
Jedes Jahr erkranken laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2,7 Millionen Menschen an den Folgen eines Schlangenbisses, bei 138.000 führt die Vergiftung zum Tod. Vor allem in asiatischen und afrikanischen Ländern mit hohen Giftschlangen-Populationen und schlechter Gesundheitsversorgung ist das ein Problem. Ebenso schwierig: Passende Gegengifte lassen sich nur schwer herstellen, sind darüber hinaus häufig nicht verfügbar.
Eine Forschungsgruppe vom Scripps Research Institute in Kalifornien liefert nun einen ersten Ansatz zur Lösung des Problems. Sie konnte einen Antikörper herstellen, der gleich mehrere Schlangentoxine unwirksam macht. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift "Science Translational Medicine".
Die Wissenschaftler verglichen dafür Nervengifte zahlreicher Schlagen, etwa von Kobras und Schwarzen Mambas. Bei der Analyse der Gifte fiel auf, dass sie alle Proteine mit einer bestimmten gemeinsamen Struktur haben. Dabei handelte es sich um sogenannte langkettige Dreifinger-α-Neurotoxine. 16 dieser Toxine stellten die Forscher im Labor her. Mittels einer Screening-Plattform testeten sie wiederum 60 Milliarden synthetischer Antikörper, ob sie an den Giftstoffen binden. Die Antikörper basieren auf dem Design menschlicher Antikörper.
Bei knapp 4000 Antikörpern kam es zu einem Treffer, 16 davon passten zu fünf Toxinen im Giftcocktail. "Wir konnten den sehr kleinen Prozentsatz der Antikörper identifizieren, die mit all diesen verschiedenen Toxinen reagierten", sagt die Biomedizinerin und federführende Autorin Irene Khalek. Einer davon (95Mat5) konnte sich besonders stark an die Giftsubstanzen binden. Diesen gaben sie Mäusen in Kombination mit tödlichen Dosen der entsprechenden Toxine. Es stellte sich heraus: In allen Mäusen war der Antikörper in der Lage, die Nervengifte zu neutralisieren. Die Tiere starben nicht, zeigten nicht einmal Lähmungserscheinungen, berichteten die Wissenschaftler.
Noch ist viel zu tun
"Die Entdeckung und Entwicklung von 95Mat5 ist ein wichtiger erster Schritt in der Entwicklung eines universellen Gegengifts auf monoklonaler Basis, da es einen der gängigsten und giftigsten Bestandteile des Schlangengifts wirksam neutralisiert", sagte Khalek. Einen Haken gibt es aber: Der Antikörper blockiert nicht die Gifte von Vipern. Sie zählen zur zweitwichtigsten Gruppe der Giftschlangen. Um ein "universelles" Antidot gegen alle Schlangengifte herzustellen, bräuchte es, so die Forschungsgruppe, eine Kombination aus vier bis fünf Antikörpern. Sie wollen nun nach demselben Prinzip weitere Antikörper gegen Vipern-Gifte herstellen.
Das Prozedere der Forschungsgruppe bietet den Vorteil, dass es deutlich leichter umzusetzen ist als die reguläre Synthese von Gegengiften. Dabei werden geringe Dosen der Gifte Tieren verabreicht, sodass ihr Immunsystem Antikörper dagegen bildet. Die werden anschließend aus dem Blut herausgefiltert, um sie im Anschluss Menschen zu geben. Jedoch muss dafür bekannt sein, um welche Schlange es sich handelt. Mit einem universellen Gegengift, worauf Khalek und ihr Team hinarbeiten, wäre dieser Umweg hinfällig.
Quelle: ntv.de