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Ins körperliche Ich integriert "Gummihand-Illusion" auch bei Smartphones

Je nachdem, wie oft man das Smartphone benutzt, kann es ein Teil des eigenen Ichs werden.

Je nachdem, wie oft man das Smartphone benutzt, kann es ein Teil des eigenen Ichs werden.

(Foto: imago/Bildbyran)

Eine Hand aus Gummi kann mit dem richtigen Versuchsaufbau zum eigenen Körper gezählt werden. Das bekannte Experiment der Psychologie erzielt selbst mit Smartphones dasselbe Ergebnis. Forscher erklären, warum.

Ob Surfen, Chatten oder E-Mails checken: Es scheint keine Minute zu vergehen, in der Smartphone-Fans nichts mit ihrem geliebten Gerät machen. Forscher haben nun entdeckt, dass sich die  sogenannte Gummihand-Illusion auch mit Smartphones erzeugen lässt. Die Integration ins körperliche Ich hängt also nicht nur davon ab, ob eine ähnliche Form zum Körperteil, wie beispielsweise eine menschliche Hand, besteht, sondern auch vom Ausmaß des Gebrauchs.

"Dahinter steht die Frage, wie flexibel das Gehirn ist und ob der tägliche Umgang mit modernen technischen Geräten langfristig zur Eingliederung solcher Geräte in das eigene Körperschema führt", erklärt Roman Liepelt vom Institut für Psychologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU). Die Forscher aus Münster, Regensburg und Leiden (Niederlande) adaptierten den Versuchsaufbau der "Gummihand-Illusion". Die Versuchspersonen sollten die linke Hand auf einen Tisch legen. Die eigene Hand wird so abgeschirmt, sodass die Person sie nicht sieht. Neben der verborgenen eigenen Hand platzierten die Forscher eine Gummihand, das Smartphone der Versuchsperson, eine Computermaus oder einen Smartphone-förmigen Holzklotz.

Wenn man fühlt, wie das Smartphone gestreichelt wird

Die eigene, nicht sichtbare Hand und das sichtbare künstliche Objekt wurden dann für einige Minuten synchron oder asynchron (als Kontrollbedingung) mit einem Pinsel gestreichelt. Dass die Versuchsperson zeitgleich fühlt, wie die eigene Hand gestreichelt wird und sieht, wie das Objekt synchron berührt wird, erzeugt bei ihr das Gefühl, das Objekt gehöre zum eigenen Körper – beide Informationen verschmelzen dabei zu einer Wahrnehmung.

Die Studienteilnehmer wurden zu ihren Empfindungen mit einem Fragebogen befragt. Bei synchroner Stimulation empfanden sie alle Objekte stärker als dem eigenen Körper zugehörig. Mit anderen Worten: Der subjektiv gefühlte "Gummihand-Effekt" ließ sich auch mit einem Smartphone, einer Computermaus und einem Smartphone-förmigen Holzklotz erzeugen. Die scheinbare räumliche Verschiebung der eigenen nicht sichtbaren Hand hin zum sichtbaren Objekt trat jedoch nur bei der Gummi-Hand und beim Smartphone auf, nicht aber bei der Computer-Maus und beim Holzblock. Nur das eigene Smartphone erzeugte also eine ähnlich vollständige Illusion wie die Gummihand.

"Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass unser körperliches Selbst viel flexibler und plastischer ist, als früher angenommen wurde", erklärt Liepelt. "Denn ein Smartphone, das einer menschlichen Hand ganz und gar nicht ähnlich sieht, erzeugte in unserem Versuch eine ähnlich starke Illusion wie eine künstliche Hand. Vermutlich spielt dabei eine zentrale Rolle, dass die Versuchspersonen in der Vergangenheit ausgiebige Erfahrungen damit hatten, das Smartphone zu kontrollieren." Entscheidend sei die sogenannte multisensorische Integration. "Wir schauen täglich auf unser Smartphone und fühlen gleichzeitig, wie wir es bedienen", sagt Bernhard Hommel von der Universität Leiden. "Eine Kombination aus Fühlen, Sehen und vergangener Erfahrung sorgt wahrscheinlich dafür, dass wir bestimmte Objekte in unser Körperschema integrieren." Wie weit die Flexibilität des körperlichen Ichs geht, müsse in weiteren Studien überprüft werden, so die Forscher.

Quelle: ntv.de, jaz

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