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Früher Tod trotz Fürsorge Prähistorische Trisomie-Kinder geben Rätsel auf

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Rekonstruktion der früheisenzeitlichen Siedlung von Las Eretas, Navarra.

Rekonstruktion der früheisenzeitlichen Siedlung von Las Eretas, Navarra.

(Foto: Iñaki Diéguez/Javier Armendáriz/dpa)

Auch in prähistorischer Zeit lebten bereits Kinder mit dem Geburtsdefekt einer Trisomie wie etwa dem Down-Syndrom. Sie wurden umsorgt und als besonders betrachtet - dennoch starben sie meist kurz nach der Geburt. Das zeigt eine Analyse von Gräbern und von Tausenden Proben.

Bei der Analyse von knapp 10.000 Proben von überwiegend prähistorischen Menschen ist ein internationales Forschungsteam auf sieben Babys mit Trisomien gestoßen. Sechs von ihnen hatten die auch als Down-Syndrom bekannte Trisomie 21, ein weiteres die wesentlich seltenere Trisomie 18, auch Edwards-Syndrom genannt.

Luftaufnahme der früheisenzeitlichen Siedlung Alto de la Cruz, Navarra, während der Ausgrabungsarbeiten von 1989.

Luftaufnahme der früheisenzeitlichen Siedlung Alto de la Cruz, Navarra, während der Ausgrabungsarbeiten von 1989.

(Foto: Government of Navarre and J.L. Larrion/dpa)

Die Kinder mit diesen Geburtsdefekten lebten zwar nicht lange, waren aber allem Anschein nach als Mitglieder ihrer jeweiligen Gemeinschaft respektiert. Das folgert das Team um Adam Rohrlach und Kay Prüfer vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie im Fachblatt "Nature Communications" aus den Umständen ihrer Beisetzungen.

Bei den sieben Babys handelt es sich um drei Jungen und vier Mädchen, keines von ihnen wurde viel älter als ein Jahr. Sechs der Kinder lebten in prähistorischer Zeit - vor 5000 bis vor 2500 Jahren - auf dem Gebiet der heutigen Länder Spanien, Griechenland und Bulgarien. Ein weiterer Junge, dessen Überreste von einem Kirchenfriedhof in Finnland stammen, lebte im 17. oder 18. Jahrhundert.

"Umsorgt und geschätzt"

Sterbliche Überreste von "CRU001", einem Jungen, der bei oder kurz vor der Geburt starb und in Alto de la Cruz bestattet wurde.

Sterbliche Überreste von "CRU001", einem Jungen, der bei oder kurz vor der Geburt starb und in Alto de la Cruz bestattet wurde.

(Foto: Government of Navarre and J.L. Larrion/dpa)

Fünf prähistorische Gräber von Kindern mit Down-Syndrom lagen innerhalb von Siedlungen und enthielten teilweise besondere Grabbeigaben wie bunte Perlenketten, Bronzeringe oder Muscheln. "Diese Art der Bestattung zeigt, dass die Kinder als Teil ihrer damaligen Gemeinschaften umsorgt und geschätzt wurden", wird Erstautor Rohrlach in einer Mitteilung seines Instituts zitiert.

Bei Trisomien tragen die Betroffenen drei - statt zwei - Kopien eines Chromosoms oder eines Teils davon. Beim Down-Syndrom, das bei etwa 1 von 1000 Geburten auftritt, ist es das Chromosom 21. Beim Edwards-Syndrom, das mit einer Häufigkeit unter 1 von 3000 Geburten noch wesentlich seltener ist, ist das Chromosom 18 betroffen.

"Als ganz besondere Babys betrachtet"

Grabstätte eines pränatalen Säuglings mit Down-Syndrom aus der eisenzeitlichen Stätte Las Eretas. Er wurde in einem der Häuser der Siedlung begraben.

Grabstätte eines pränatalen Säuglings mit Down-Syndrom aus der eisenzeitlichen Stätte Las Eretas. Er wurde in einem der Häuser der Siedlung begraben.

(Foto: Government of Navarre and J.L. Larrion/dpa)

Drei Kinder mit Trisomie 21 und das Mädchen mit Trisomie 18 stammen aus der nordspanischen Region Navarra. "Momentan ist noch unklar, warum wir an diesen Stätten vergleichsweise viele solcher Fälle mit Erkrankungen finden", sagt Co-Autor Roberto Risch von der Universitat Autònoma de Barcelona. "Wir wissen aber, dass diese zu den wenigen Kindern gehörten, denen das Privileg zuteilwurde, innerhalb ihrer Siedlungen bestattet zu werden - ein Hinweis darauf, dass sie als ganz besondere Babys betrachtet wurden."

Der bislang früheste Nachweis von Trisomie 21 ist 5500 Jahre alt. Er stammt von einem Jungen aus dem Megalith-Grab Poulnabrone im Westen von Irland.

Quelle: ntv.de, Walter Willems, dpa

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