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Gründer-Kurse in Gefängnissen Straftäter bekommen Zukunftsaussicht

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Der Gang in die Selbstständigkeit - kann er entlassenen Strafgefangenen helfen?

(Foto: picture alliance / dpa)

Als entlassener Häftling einen Job zu finden ist schwer. Straftätern kann ein Gründer-Kurs helfen, positiv in die Zukunft zu blicken - allerdings nur unter einer bestimmten Voraussetzung.

Sie haben getötet, mit Drogen gehandelt oder Brände gelegt. Trotzdem sollten Straftäter nach dem Verbüßen ihrer Schuld eine Zukunft haben. Doch das Finden einer Arbeitsstelle nach der Haftentlassung ist oftmals aussichtslos. Aus diesem Grund wurden in US-amerikanischen und europäischen Haftanstalten Existenzgründer-Kurse angeboten. Die Idee: Wer sich selbstständig macht, wird unabhängig von Vorurteilen der Arbeitgeber. Zudem hofften die Organisatoren, dass sich eine unternehmerische Geisteshaltung positiv auf die Lebensführung der Straftäter auswirken könnte.

Ob Existenzgründer-Kurse bei Gefängnisinsassen tatsächlich so wirken, haben Wirtschaftswissenschaftler der Technischen Universität München und der Indiana University (USA) untersucht. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass Programme dieser Art nur unter einer Bedingung positive Effekte zeigen. Für ihre Untersuchung trafen die Wissenschaftler 12 männliche Studienteilnehmer, die einen 20-wöchigen Kurs in einem deutschen Gefängnis antraten. Alle Straftäter hatten unterschiedliche Bildungs- und Berufsbiografien. Fünf von ihnen brachen das Programm vorzeitig ab.

Die Kurs-Teilnehmer wurden drei Mal von den Forschern interviewt, am Anfang, in der Mitte und am Ende des Kurses. Die Fragen bezogen sich auch auf die Biografie und Zukunftspläne, den Gefängnisalltag und ihre Motivation für die Teilnahme am Kurs, später dann auch zu ihren Unternehmensideen und den Kurserfahrungen. Außerdem zogen die Forscher weitere Quellen heran, unter anderem Gespräche mit den beiden Kursleitern, die Bewerbungen der Teilnehmer und die im Kurs erstellten Businesspläne.

Erlernte Hilflosigkeit oder Eigenverantwortung

Die Auswertung der Informationen zeigte: Die Haltung derjenigen, die den Kurs vorzeitig abbrachen, war von sogenannter erlernter Hilflosigkeit geprägt: Sie machten andere für ihre Inhaftierung verantwortlich - etwa die Richter oder ihre Familie - und glaubten nicht daran, nach der Entlassung Kontrolle über ihr Leben ausüben zu können.

Diejenigen, die das Programm bis zum Schluss absolvierten, übernahmen dagegen Verantwortung für ihre Straftaten. Sie zeigten einen gewissen Grundoptimismus und waren überzeugt, ihr künftiges Leben in Freiheit prinzipiell selbst in der Hand zu haben. "Ich bin verantwortlich für meine Situation - aber es kann ein Leben danach geben! Wer nicht solche Grundeinstellungen und die Fähigkeit zur Selbstregulation mitbringt, fühlt sich fremdbestimmt. Er ist deshalb auch nicht fähig, in einer Unternehmensgründung einen Sinn zu sehen", kommentiert Prof. Holger Patzelt vom TUM-Lehrstuhl für Entrepreneurship die Untersuchungsergebnisse.

Häftlinge, die ihre Situation kritisch reflektiert hatten, konnten eine Chance darin erkennen, sich nach Haftentlassung selbständig zu machen. Sie entwickelten nicht nur eine positivere Haltung ihrer Inhaftierung und ihren Mitmenschen, sondern auch ihrem gesellschaftlichem Umfeld gegenüber. Während der Ausbildung entstanden Businesspläne für ein Kunst-Café und einen Essensbringdienst für alte Menschen.

Quelle: ntv.de, jaz

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