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Lieber zu dick als zu dünn? Untergewicht ist laut Studie tödlicher als Übergewicht

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Untergewicht kann mit Mangelernährung, schwachem Immunsystem und Nährstoffmängeln einhergehen - Faktoren, die die Lebenserwartung negativ beeinflussen.

Untergewicht kann mit Mangelernährung, schwachem Immunsystem und Nährstoffmängeln einhergehen - Faktoren, die die Lebenserwartung negativ beeinflussen.

(Foto: IMAGO/YAY Images)

Dünn zu sein, bedeutet für viele Menschen auch, gesund zu sein. Doch eine neue Studie zeigt: Zu wenig Gewicht kann sogar gesundheitsschädlicher sein als zu viel. Warum ist das so?

Eine neue dänische Studie stellt einen weit verbreiteten Glauben infrage: Nicht nur Übergewicht, sondern auch ein niedriges Körpergewicht können das Sterberisiko deutlich erhöhen. In vielen Fällen ist es demnach sogar gefährlicher als moderates Übergewicht oder leichte Fettleibigkeit. Die Forschungsergebnisse präsentierte das Team um Sigrid Bjerge Gribsholt vom Universitätsklinikum Aarhus beim Jahrestreffen der European Association for the Study of Diabetes.

Die Studie umfasste rund 85.700 Erwachsene in Dänemark mit einem Medianalter von etwa 66 Jahren. Über einen Zeitraum von fünf Jahren verglichen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die erfassten Todesfälle mit dem zuvor festgestellten Body-Mass-Index (BMI).

BMI-Kategorien nach WHO

Der Body-Mass-Index (BMI) ist eine einfache Formel, um das Verhältnis von Körpergewicht zu -größe zu bestimmen. Er wird berechnet, indem das Körpergewicht in Kilogramm durch das Quadrat der Körpergröße in Metern geteilt wird (kg/m²) und dient als grober Richtwert zur Einordnung des Gewichts.

Untergewicht: unter 18,5
Normalgewicht: 18,5 - 24,9
Übergewicht: 25 - 29,9
Adipositas Grad I: 30 - 34,9
Adipositas Grad II: 35 - 39,9
Adipositas Grad III: ab 40

Das Ergebnis: Menschen mit Untergewicht (BMI unter 18,5) hatten ein fast dreifach höheres Risiko, in den folgenden fünf Jahren zu sterben, als Menschen im oberen Bereich des Normalgewichts (BMI 22,5 bis 25). Doch auch Menschen im unteren Bereich des sogenannten "gesunden" BMI (18,5 bis 20) wiesen ein doppelt so hohes Sterberisiko auf. Im mittleren Bereich (20 bis 22,5) lag das Risiko immerhin noch 27 Prozent höher als bei Menschen mit einem BMI zwischen 22,5 und 25.

Überraschend ist vor allem, dass Übergewichtige und mäßig adipöse Personen bis zu einem BMI von etwa 35 dagegen kein signifikant erhöhtes Risiko aufwiesen. Erst ab einem BMI von 35 bis 40 stieg das Sterberisiko wieder, schreiben die Forschenden.

"Große globale Gesundheitsprobleme"

"Sowohl Untergewicht als auch Fettleibigkeit sind große globale Gesundheitsprobleme", sagt Studienautorin Gribsholt. Die Gefahren von Fettleibigkeit scheinen der Öffentlichkeit allerdings deutlich bewusster zu sein: Stoffwechselstörungen, Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ein erhöhtes Krebsrisiko. Doch auch Untergewicht schadet massiv der Gesundheit: "Es kann mit Mangelernährung, schwachem Immunsystem und Nährstoffmängeln einhergehen - alles Faktoren, die die Lebenserwartung negativ beeinflussen", so Gribsholt.

Möglicherweise seien auch versteckte Krankheiten für das niedrige Gewicht verantwortlich, etwa Krebs oder chronische Erkrankungen, die erst später erkannt werden. In solchen Fällen erhöhe nicht das niedrigere Gewicht selbst das Risiko an sich, sondern die zugrunde liegende Erkrankung.

Es kommt auf die Fettverteilung an

Gribsholt und ihr Team fordern, BMI-Werte nicht als alleinigen Indikator dafür zu betrachten, ob eine Person einen ungesunden Fettanteil hat. Es komme auch auf Muskelmasse, Ernährungsstatus, Begleiterkrankungen und Fettverteilung an. Vor allem viszerales Fett, das tief im Bauchraum gespeichert ist und die Organe umgibt, wirke sich negativ auf die Gesundheit aus. Im Gegensatz dazu sei ein bisschen zu viel Fett an Oberschenkeln und Hüfte in der Regel kein Problem.

Laut Studie scheint etwas mehr Körpergewicht nicht automatisch gesundheitsschädlich zu sein. Die Forschenden sprechen von einem "metabolisch gesunden Übergewicht". Sie fordern daher, dass Präventionsprogramme und Richtlinien, die auf Gewichtsreduktion abzielen, differenzierter sein sollten. Statt das Gewicht allein zu fokussieren, sei es wichtig, Unter- und Mangelernährung ebenso ernst zu nehmen wie Adipositas. Wer sehr schlank ist oder stark Gewicht verloren hat, sollte zudem unbedingt ärztlich abklären lassen, ob dafür gesundheitliche Gründe vorliegen.

Quelle: ntv.de, hny

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